Der Eingang zum ehemaligen Konzentrationslager in Dautmergen. Foto: Privatarchiv Immo Opfermann

Über archäologische Untersuchungen und deren Ergebnisse im Eckerwald sowie im Bereich der ehemaligen Konzentrationslager Schörzingen und Schömberg/Dautmergen hat Christian Bollacher vom Landesdenkmalamt Stuttgart in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats berichtet.

Schömberg - Die untersuchten Bereiche, in denen Funde gemacht worden sind und wo im Boden auch noch Relikte der ehemaligen Konzentrationslager und der NS-"Wüste"-Werke vermutet werden, würden als Kulturdenkmale ausgewiesen. Das bedeutet, dass etwa bei Baumaßnahmen das Denkmalamt mit einbezogen werden muss.

Bollacher ging kurz auf das NS-Projekt "Unternehmen Wüste" ein. In den verschiedenen Werken sollte aus Ölschiefer Treibstoff gewonnen werden. An dem groß angelegten Projekt waren mehrere miteinander konkurrierende Organisationen, Ministerien, eigens gegründete Forschungsinstitute und Firmen beteiligt. Eingesetzt in den Werken waren "unter menschenunwürdigen Bedingungen" Häftlinge des KZs Natzweiler-Struthof. In Baden-Württemberg habe es 35 KZ-Außenlager gegeben, zehn allein im Vorland der Zollernalb. "Insgesamt sind durch das Unternehmen Wüste 330 Hektar Land ›verwüstet‹ worden", sagte der Archäologe.

Er berichtete, dass vom Wüste-Werk 9 in Schömberg noch Spuren vorhanden seien, ebenso vom Werk 10 im Eckerwald, das bereits in die Denkmalliste aufgenommen worden sei.

Auch beim KZ Schömberg gebe es noch einen Baubestand aus der NS-Zeit. Anders sehe es bei den Versuchsanlagen der Deutschen Ölschieferforschungs-Gesellschaft (DÖLF) und beim Bahnhofs-KZ aus. Auch das ehemalige KZ in Schörzingen sei so weit überbaut worden, "dass wir dort nichts mehr finden". Vorhanden seien aber noch Reste des unterirdischen Bergwerke der Versuchsanlage der Kohle-Öl-Union, die "schützenswert" seien.

Zwei Estrichauflagen gefunden

"Auch Relikte vom KZ Dautmergen sind bei einer Notgrabung im September und Oktober 2019 gefunden worden, so Reste der Fundamente", informierte Bollacher.

Bei der ehemaligen Waschbaracke seien zwei Estrichauflagen gefunden worden. Als Grund nannte Bollacher, das während der französischen Besatzungszeit im ehemaligen KZ frühere NS-Größen untergebracht worden seien. Auf dem Standort der Waschbaracke sei nun ein moderner Hühnerstall errichtet worden. Entdeckt haben die Archäologen bei ihren Ausgrabungen aber auch Kleinfunde wie Reste von Stacheldraht aber auch Löffel und Schnallen, die teilweise wohl das Eigentum der Häftlinge gewesen seien. "Diese Funde können die Verbrechen der NS-Zeit evident machen und sind von historischer und heimatgeschichtlicher Bedeutung."

Ziel der Grabungen und Untersuchungen des Landesdenkmalamts sei gewesen, Relikte aus jener Zeit aufzuspüren und das Wesentliche davon in die Denkmalliste aufzunehmen. "Erreichen wollen wir damit, dass ein allzu sorgloser Umgang mit diesen Relikten vermieden wird."

"Was wirken sich diese Funde auf die künftige Nutzung dieser Flächen aus?", wollte Stadtrat Frank Polich wissen. "Wird damit eventuell auch der Bau der B 27-Umfahrung scheitern?" Christian Bollacher beruhigte: "Scheitern wird die Straße daran wohl nicht. Aber Belange des Denkmalschutzes müssen in das Planungsverfahren eingebracht werden, sodass archäologische Untersuchungen vor Baubeginn möglich sind und entsprechende aufgefundene Relikte dokumentiert beziehungsweise geborgen werden können."