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Bei den fieberhaften Rettungsversuchen für die Karstadt-Mutter Arcandor zeichnet sich immer mehr ein Zusammengehen mit den Kaufhof-Warenhäusern des Metro-Konzerns ab.

Essen/Düsseldorf - Bei den fieberhaften Rettungsversuchen für die Karstadt-Mutter Arcandor zeichnet sich immer mehr ein Zusammengehen mit den Kaufhof-Warenhäusern des Metro-Konzerns ab. Arcandor schloss eine solche Lösung vor einem möglicherweise entscheidenden Krisengipfel am Sonntag nicht aus, strebt aber auch dann noch staatliche Hilfen an.

Der Konzern warnt, dass er sofort Insolvenz anmelden müsse, wenn die Bundesregierung den beantragten Notkredit von 437 Millionen Euro am Montag ablehne. Arcandor steht unter dramatischem Zeitdruck: Am 12. Juni läuft ein 650-Millionen-Euro-Kredit an Arcandor aus. Spätestens bis dahin muss eine Lösung stehen. Die Bundesregierung steht staatlichen Hilfsmaßnahmen bisher skeptisch Gegenüber und macht sich für eine Privatwirtschaftliche Lösung stark.

Der Konzern, der früher KarstadtQuelle hieß, hat insgesamt mehr als 50.000 Mitarbeiter. Die Bildung einer Deutsche Warenhaus AG mit dem Metro-Konzern sei eine Möglichkeit, eine der Voraussetzungen für Staatsbürgschaften oder Rettungsbeihilfen zu erfüllen, sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski am Sonntag. Man dürfe aber nicht vergessen, dass Arcandor auch 20.000 Menschen im Versandhandel beschäftige: "Auch für sie tragen wir Verantwortung." Zu dem Krisengespräch grafen sich am Sonntag Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick, Metro-Chef Eckhard Cordes, der Deutschlandchef der Investmentbank Goldman Sachs, Alexander Dibelius, sowie der Arcandor-Aufsichtsratsvorsitzende Friedrich Carl Janssen, der den Arcandor- Großaktionär Sal. Oppenheim vertritt. Genauer Ort und Zeitpunkt des Treffens wurden zunächst geheim gehalten, dem Vernehmen nach fand es in München statt.

Metro will Arbeitsplätze sichern

Metro-Sprecher Michael Inacker hatte zuvor in einer Mitteilung verlangt, Arcandor müsse bei dem Treffen Klarheit über den angestrebten Weg zur Rettung der Karstadt-Warenhäuser schaffen: "Dabei sollten Eigentümer und Management von Arcandor erläutern, welcher Lösung - Staatshilfe oder der privatwirtschaftlichen Option - sie den Vorzug geben", sagte Inacker. Arcandor hatte sich bisher eher gegen ein Zusammengehen von Karstadt und Kaufhof gesperrt. Metro-Chef Cordes sicherte unterdessen den Karstadt-Mitarbeitern weitgehende Arbeitsplatz-Sicherheit zu. Es sei zwar klar, dass ein Teil der Standorte geschlossen werden müsse - in einem Interview der "Bild am Sonntag" sprach er von 30 oder 40. Selbst die 5000 Mitarbeiter, die von der Schließung von 30 Karstadt-Filialen theoretisch betroffen wären, müssten nicht sofort "Job-Verlust und Arbeitslosigkeit" befürchten. Es könne eine Transfer- und Sicherungsgesellschaft gegründet werden. Außerdem könnten Häuser möglicherweise auch von anderen Teilen der Metro-Gruppe wie dem Elektronik-Händler Saturn übernommen werden.

Die Chancen auf Staatshilfen stehen für Arcandor unterdessen schlecht. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich am Wochenende erneut skeptisch. "Wir können nicht zulassen, dass der Steuerzahler dafür einspringen muss, dass andere eine Misswirtschaft betrieben haben und heute nicht für den Schaden eintreten wollen", sagte sie bei einer Wahlkampfveranstaltung in Heidelberg. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) forderten als Voraussetzung für eventuelle staatliche Hilfen unter anderem ein stärkeres Engagement der Eigentümer. Der Arcandor-Sprecher sagte dazu, der Konzern habe in Berlin ein Konzept vorgelegt, dass erhebliche Beiträge von Mitarbeitern, Eigentümern und Partnern zur Sanierung des Konzern beinhalte. Zusammen beliefen sich diese Zugeständnisse auf fast 700 Millionen Euro.

Verdi fordert Hilfe vom Staat

Laut Medienberichten will die Privatbank Sal. Oppenheim, die inzwischen größter Arcandor-Anteilseigner ist, eine geplante Kapitalerhöhung von 100 auf 150 Millionen Euro aufstocken. Der "Spiegel" schreibt, Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, die in den vergangenen Jahren bereits massiv Vermögen verloren hatte, soll bereit sein, allenfalls noch einmal 40 Millionen Euro nachzuschießen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi rief Merkel eindringlich zu staatlichen Hilfen auf. "Ohne die Hilfe der Politik geht es nicht. Die Rettungsbeihilfe muss am Montag kommen", verlangte die stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende Margret Mönig-Raane zusammen mit Betriebsräten.

Die Karstadt-Beschäftigten greifen unterdessen zu Protestaktionen, um die Politik zu Hilfen zu bewegen. In Wismar besetzten sie am Sonntag symbolisch des Karstadt-Stammhaus. An Montag wollen sie mit verhängten Schaufenstern in der ganzen Republik mahnen. Das solle den Kunden zeigen, wie ihre Innenstädte ohne Karstadt-Häuser aussehen würden, sagte die Karstadt-Betriebsrätin Gabriele Schuster. Außerdem sind in den nächsten Tagen bundesweit Mahnwachen geplant.

Arcandor-Betriebsratschef Hellmut Patzelt kann sich ein Zusammengehen mit Kaufhof nur als "Fusion unter Gleichen" und nicht als Übernahme vorstellen. "Eine Fusion nur als Restrukturierung zu verstehen und Tausende Stellen zu streichen, ist falsch", warnte er zugleich im "Tagesspiegel" (Montag). Den Berichten zufolge teilte Arcandor-Chef Eick bei einem Krisentreffen im Wirtschaftsministerium mit, dass der Konzern seine Mietzahlungen eingestellt habe. Nach seiner Darstellung setze damit ein 30-tägiges Mahnverfahren ein, an dessen Ende die Vermietungsgesellschaft dazu berechtigt ist, einzelne Karstadt- Filialen zu verkaufen, um ihre Ansprüche zu befriedigen, berichtete die "Bild am Sonntag".