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Wolfsburgs Torwart auf dem Weg der Besserung - Soko ermittelt nach Messerstecherei.

Wolfsburg - Es ist vermutlich wieder ein Fall, bei dem Zivilcourage mit einem Unglück endet. Aber anders als der Münchner S-Bahn-Held Dominik Brunner musste Wolfsburgs Torwart André Lenz eine brutale Messerattacke in einer Discothek nicht mit seinem Leben bezahlen.

André Lenz geht es besser. Aber nicht gut. Die Schmerzen nach der Notoperation, die vielen Schläuche und der Schock, dem Tod knapp entronnen zu sein, setzen einem zu. Die Polizei sagt in solchen Fällen immer das Gleiche. So meinte ein Sprecher der Wolfsburger Behörden auch in diesem Fall: "Es geht ihm den Umständen entsprechend." Er habe die OP und die Folgen der Stichverletzungen gut überstanden. Inzwischen konnte er auch seine Frau Heike, Tochter Amy und Freunde in der Klinik empfangen. "Wie es scheint, hatte ich Glück im Unglück", ließ der Keeper ausrichten, "ich hoffe, dass ich das Krankenhaus in den nächsten Tagen verlassen kann."

Eine erfreuliche und schnelle Entwicklung. Die Aufklärung des blutigen Streits in einer Wolfsburger Discothek dürfte indes nicht so rasch verlaufen. Der 36 Jahre alte Ersatzkeeper des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg hatte in der Nacht zum Sonntag angeblich in einer Auseinandersetzung anderer Gäste schlichten wollen. Womöglich wollte er helfen, mischte sich ein - und bezahlte seine Zivilcourage mit einem fast tödlichen Messerstich. Bei dem Streit waren noch drei andere Disco-Besucher im Alter zwischen 24 und 33 Jahren verletzt worden.

Für die Polizei, die wegen versuchten Totschlags ermittelt und eine Sonderkommission mit 15 Beamten eingerichtet hat, sind die Hintergründe des Zwischenfalls noch unklar. "Wir haben eine Reihe von Zeugen zu vernehmen und werten derzeit noch Spuren aus", erklärte Polizeisprecher Sven-Marco Claus. Auch VfL-Pressesprecher Gerd Voss meinte: "Das Bild ist diffus."

Tatsächlich gibt es zwei Lesarten zu dieser Messerstecherei. Nach Vereinsangaben wollte Lenz kurz nach 2 Uhr nachts im Club Esplanade "offenbar schlichtend" in einen Streit von anderen Besuchern eingreifen.

Esplanade-Besitzer Jan Schroeder widerspricht jedoch dieser Darstellung. Lenz und einige seiner Teamkollegen hätten sich bei ihrer Saisonausklangsfete danebenbenommen. Sie seien Auslöser des Streits gewesen. "Einige VfL-Spieler haben die Gäste provoziert", wird Schröder in mehreren Zeitungen zitiert. Die Profis sollen Eiswürfel und Zigaretten auf die Tanzfläche geworfen haben. Doch Polizeisprecher Claus kann diese Version nicht bestätigen: "Auch dazu gibt es unterschiedliche Aussagen."

Für die Verantworlichen des VfL Wolfsburg ist jedenfalls nur schwer denkbar, dass ausgerechnet Lenz ein Provokateur gewesen sein soll. "Wir bedauern den Vorfall zutiefst", sagte VfL-Manager Dieter Hoeneß, "André ist in der Mannschaft ein sehr angesehener Spieler." Der ehemalige VfB-Manager spielt damit auf den Charakter des Keepers an. André Lenz sei keiner, der das Rampenlicht suche. Der Ersatztorwart gilt eher als zurückhaltend - selbst in harten Konkurrenzsituationen des Profi-Fußballs. "Ich will immer spielen, aber vielleicht ist mein Egoismus nicht groß genug, um richtig Feuer zu geben", sagte Lenz zuletzt. Der Erfolg der Mannschaft steht für den Schlussmann immer im Vordergrund.

Vielleicht hat ihn diese Einstellung - für andere einzustehen - in der Nacht zum Sonntag in diese gefährliche Lage gebracht. Vielleicht hat ihm seine Zivilcourage fast das Leben gekostet.