Die Verhandlungen am Nagolder Amtsgericht sind öffentlich und hängen im Flur des Gerichtsgebäudes aus. Foto: Köncke

Wegen Beleidigung , Bedrohung und vorsätzlicher Körperverletzung hat das Amtsgericht einen 58-jährigen Nagolder zu einer Geldstrafe von 1350 Euro verurteilt. Zunehmende Spannungen in der Familie sind eskaliert.

Der Angeklagte, seine Ehefrau und deren Tochter lebten vier Jahre unter demselben Dach. Zwischen dem Stiefvater und der Stieftochter gab es aber wiederholt Spannungen, die am Abend des 17. Januar 2023 ihren Höhepunkt erreichten.

Der 58-Jährige hatte einen Verwandten angerufen, ob er ihm beim Ausfüllen von Formularen helfen könne. Als es klingelte, „habe ich die Tür aufgemacht, da war niemand“, erklärte die Schülerin in der Verhandlung. Das habe ihr der Stiefvater nicht abgenommen, sie sexuell beleidigt, am Arm gepackt und auf den Boden geworfen. Mit ihrem Handy habe sie ihre ältere Schwester angefleht, die Polizei zu rufen.

Schwester ruft bei der Polizei an

Daraufhin habe sie der Stiefvater verfolgt, im Schlafzimmer aufs Bett, danach auf den Nachttisch und einen Wäschekorb geworfen. Sie habe sich übergeben müssen. Die Schwester rief nicht nur im Nagolder Revier an, sondern setzte sich ins Auto und fuhr zur Wohnung.

Der Angeklagte stellte den Vorfall über seine Dolmetscherin anders dar. Seine Stieftochter habe die Wohnungstür bewusst nicht geöffnet. Er sei in diesem Moment anderweitig beschäftigt gewesen, habe aber das Klingeln gehört und sie darauf angesprochen. Statt um Entschuldigung zu bitten, habe sie ihn beschimpft und getreten. Dabei würde er die 16-Jährige wie eine eigene Tochter behandeln.

Die Beamten werden aufgefordert zu verschwinden

Das sei nicht wahr, meldete sich die Schülerin auf Nachfrage von Richter Martin Link erneut zu Wort. Der Stiefvater sei schnell gereizt, werde aggressiv und habe sie nicht zum ersten Mal attackiert. Wegen häuslicher Gewalt seien er und weitere vier Beamte in zwei Fahrzeugen zur besagten Stelle gefahren, sagte ein Polizeibeamter als Zeuge aus. Kaum sei die Tür aufgegangen, habe sie der 58-Jährige aufgefordert, zu verschwinden. Die zur gleichen Zeit eintreffende Schwester nahm die Schülerin aus Angst vor weiteren Übergriffen bei sich auf und schickte sie wegen sichtbaren Verletzungen zum Arzt. Festgestellt wurden Hämatome an Armen und Beinen, Prellungen und Kratzspuren, geht aus der medizinischen Untersuchung hervor.

Wegen ihrer Mutter sei sie Monate später wieder in die alte Wohnung zurückgekehrt, beantwortete die Schülerin die Frage des Richters. Der Stiefvater habe auch sie schrecklich behandelt. Inzwischen ist sie von ihrem Ehemann geschieden. Der Angeklagte hat früher als Servicetechniker gearbeitet, ist seit 2021 arbeitslos, leidet nach eigenen Angaben an Schlafstörungen, Angstzuständen und körperlichen Beeinträchtigungen. Dass seine Stieftochter Druck ausgeübt habe, seine Frau solle sich endlich von ihm trennen, habe den Zustand verschlimmert.

Bisher nicht straffällig geworden

Bisher ist der Angeklagte nicht straffällig geworden, geht aus dem Bundeszentralregister hervor. Weil sich die Vorwürfe in der Verhandlung bestätigt hätten, forderte die Staatsanwältin eine Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu 35 Euro. Verteidiger Marc Hufschmidt plädierte dafür, den Angeklagten freizusprechen, Es hätte auch so sein können, dass die Stieftochter aus Hass zugeschlagen und sich sein Mandant gewehrt habe. Das Gericht verurteilte den 58-Jährigen zu einer Geldstrafe von 1350 Euro.