Die Polizei hat am Mittwoch ergebnislos die ganze Schule durchsucht Foto: PPFotodesign.com

Nach dem Amok-Alarm an einer Schule in Ostfildern wachsen die Zweifel, dass es auf dem Gelände tatsächlich einen bewaffneten Mann gegeben hat. Die drei Schülerinnen, die die Meldung gemacht haben, bleiben bei ihrer Darstellung – es gibt allerdings niemanden, der sie bestätigt.

Stuttgart - Der Donnerstag ist kein normaler Tag an der Schule im Park in Ostfildern. Zwar ist diesmal nicht wie tags zuvor ein Sondereinsatzkommando der Polizei mit Maschinenpistolen zu Gast, aber dafür ein neunköpfiges Psychologenteam. Es gilt, den Vorfall vom Mittwoch aufzuarbeiten. Und das ist gar nicht so einfach. „Der Betreuungsbedarf ist recht groß“, sagt Schulleiter Peter Bloos, „vieles kommt erst hoch, wenn man eine Nacht drüber geschlafen hat und der Stress abfällt.“

Manche Schüler sind an diesem Tag lieber zu Hause geblieben. „Das ist auch völlig in Ordnung“, sagt Bloos. Mit den anderen habe man über alles gesprochen. Zwar sei an einen gewöhnlichen Unterricht zurzeit nicht zu denken, man wolle aber möglichst sachlich mit der Situation umgehen und schnell zum Alltag zurückfinden. „Dabei ist nach der großen Aufregung hilfreich, dass nichts passiert ist“, so der Schulleiter.

Passiert ist in der Tat niemandem etwas – doch wie bei einem ähnlichen Vorfall zwei Tage zuvor in Ettlingen bei Karlsruhe tappt die Polizei im Dunkeln, ob es wirklich eine Bedrohung gegeben hat. Gefunden worden ist bei dem Großeinsatz mit rund 300 Beteiligten und einem Hubschrauber kein Verdächtiger. Der Amok-Alarm war ausgelöst worden, nachdem drei Erstklässlerinnen gemeldet hatten, einen dunkel gekleideten Mann auf dem Hof gesehen zu haben. Er soll maskiert gewesen sein und eine Schusswaffe bei sich getragen haben. Daraufhin rückte die Polizei aus, das Regierungspräsidium schickte eine Warnung an sieben Schulen im Umkreis von fünf Kilometern.

Nach weiteren Befragungen wachsen bei der Polizei die Zweifel, dass es einen möglichen Amokläufer tatsächlich gegeben hat. Die Schülerinnen bleiben bei ihrer Darstellung. Allerdings sollen sich zum fraglichen Zeitpunkt weitere Schüler und Lehrer in der Nähe aufgehalten haben. „Die können die Angaben bisher nicht bestätigen“, sagt Polizeisprecherin Andrea Kopp. Ob es sich um einen Irrtum gehandelt hat, sei aber derzeit nicht klar.

Die Kosten für den Einsatz beziffert die Polizeisprecherin auf „einen höheren fünfstelligen Betrag“. Dennoch, sagt ein Sprecher des Innenministeriums, sei es auf jeden Fall richtig gewesen, mit einem Großeinsatz zu reagieren: „Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig, zumal der Ablauf hervorragend funktioniert hat.“ Die zuständigen Polizeireviere müssten in kürzester Zeit entscheiden, ob an einer Amokmeldung etwas dran sei. Das geschehe anhand der Fragen, von wem die Meldung komme, wie sie laute und wie fundiert sie erscheine. Gelegentlich komme es dadurch vor, dass man von einem Einsatz absehe – im Zweifel allerdings rücke die Polizei grundsätzlich aus.

Das könnte möglicherweise manche zu schlechten Scherzen verleiten. Nach dem Amoklauf in Winnenden hat das Ministerium eine ganze Reihe von Trittbrettfahrern verzeichnet, die die Aufregung für Falschmeldungen ausgenutzt haben. Das habe allerdings merklich nachgelassen, nachdem einige harte Gerichtsurteile gesprochen worden seien. In einigen Fällen sei den Verursachern auch ein Kostenbescheid zugegangen. Ihrer Sache sicher sein können sich dabei auch Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren nicht. Zwar werden ihre Eltern in der Regel nicht in Regress genommen – allerdings die Verursacher selbst. Nämlich dann, wenn sie beginnen, Geld zu verdienen. Das hat auch bereits mehrere Verursacher von Polizeieinsätzen bei sogenannten Facebook-Partys getroffen.

In Ostfildern stehen solche Überlegungen aber nicht im Raum. Die Ermittlungen gehen jetzt weiter. Und die Schule wird noch einige Wochen brauchen, um über das Gröbste hinwegzukommen.