Schon das zweimalige Ausfüllen des Antrags auf EU-Fördermittel für öffentliches WLAN

Schon das zweimalige Ausfüllen des Antrags auf EU-Fördermittel für öffentliches WLAN in den drei Althengstetter Ortsteilen war eine knifflige Angelegenheit. Und auch zu einer schnellen Einigung auf geeignete zentrale Standorte eines solchen Gratis-Internetzugangs kam es am Mittwochabend im Althengstetter Gemeinderat nicht.

Weltweit werden etwa 7,5 Milliarden Smartphones, Laptops, Tablets und Computer benutzt, gibt die DW Akademie an. Es gibt auf der Welt also mehr WLAN-fähige Geräte als Menschen. Die Akademie ist das internationale Zentrum der Deutschen Welle für Medienentwicklung, Medienberatung und journalistische Aus- und Fortbildung. Sie arbeitet mit Partnersendern, Organisationen und Universitäten weltweit zusammen. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf dem Aufbau und der Stärkung von freien Medien in mehr als 50 Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationsländern. Finanziert wird die Arbeit überwiegend durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Auch wollen laut Akademie immer mehr Menschen unterwegs nicht auf eine kostenlose Internetverbindung verzichten. In vielen Ländern ist das kein Problem: In Cafés bekomme man zum Beispiel einen freien Zugang zum drahtlosen Internet.

In Großbritannien gebe es pro 10 000 Einwohner 29 freie Hotspots, in Südkorea sogar 37. Die Lage in Deutschland sehe anders aus. Hier seien es pro 10 000 Einwohner gerade einmal zwei freie Hotspots. Es würden insgesamt nur etwa 15 000 öffentliche WLAN-Zugänge angeboten, die frei verfügbar seien.

Der Grund, warum Hotspots in Deutschland so selten seien: die deutsche Rechtslage. Anders als in anderen Ländern könne hier beispielsweise der Betreiber eines Cafés für das verantwortlich gemacht werden, was die Nutzer seines Netzwerks online machen. So kann er dafür haftbar gemacht werden, wenn ein Gast illegal Musik herunterlädt. Für kleine Cafés ist es daher riskant, freien Internetzugang anzubieten.

Althengstett. Was den freien WLAN-Zugang betrifft, leben die Deutschen im Vergleich zu anderen Ländern, wo es viel leichter ist, ins Gratis-Netz zu gelangen, wie im Mittelalter (siehe "Info"). Gerade im ländlichen Raum klagen Nutzer oft, sie befänden sich in einer Internet-Wüste. Aber muss Althengstett dem Trend zu freiem WLAN überhaupt folgen und, wenn ja, in welchem Umfang? So lautete am Mittwoch die zentrale Frage im Ratssaal, als der Gemeinderat sich eine Woche nach seiner offiziellen Amtseinsetzung eine erste engagiert-sachliche Debatte über Hotspots lieferte.

Im zweiten Anlauf klappt es mit dem Zuschuss

Das Vorgänger-Gremium hatte für die Einrichtung von öffentlichem WLAN im aktuellen Haushalt 20 000 Euro eingestellt. Im Herbst 2018 hatte sich die Gemeinde Althengstett erfolgreich um einen Zuschuss von 15 000 Euro im Rahmen der WIFI4EU-Initiative der Europäischen Union beworben – allerdings erst im zweiten Anlauf, wie Bürgermeister Clemens Götz am Mittwochabend erläuterte. Bei der Ausschreibung sei nach dem Windhundprinzip verfahren worden, das heißt, Antragsteller wurden ausschließlich in zeitlicher Reihenfolge berücksichtigt. "Das System ist völlig kollabiert und ein halbes Jahr ging gar nichts", sagte Götz. Erst in der zweiten Runde sei man zum Zug gekommen. Der Rathauschef dankte dem Ottenbronner Ortsvorsteher und Gemeinderat Richard Dipper für das zweimalige Ausfüllen der Anträge. Dieser hatte sich zuvor ausführlich in die Förderbedingungen des EU-Programms einarbeiten müssen.

Für die anfallenden Investment- und Betriebskosten über den Förderzeitraum des WIFI4EU-Programms von drei Jahren lagen Verwaltung und Ratsgremium drei Angebote von Anbietern vor, wobei aber eh nur eines den EU-Förderrichtlinien entsprach. Darauf sollte sich das Gremium später noch einstimmig einigen, doch zuerst kam es zu einer Grundsatzdiskussion über frei zugängliches WLAN in Bezug auf Nutzerverhalten und Sicherheitsaspekte.

Folgende Standorte waren von der Verwaltung für öffentliches WLAN vorgeschlagen worden: Rathaus, Zentrum, Festhalle, Gerhard-Schanz-Sportzentrum, Schulzentrum Außenbereich, Mehrgenerationenpark und Hirschgarten in Althengstett, in Neuhengstett Ortsverwaltung, Turn- und Festhalle sowie ehemaliges "Rössle" und in Ottenbronn Ortsverwaltung, Dorfplatz sowie Mehrzweckhalle. Als kritisch wurden Außenstandorte für Hotspots wie Schulgelände oder Mehrgenerationenpark von Gemeinderat Jörg Nonnenmann, Philipp Jourdan, Amei Fischer oder Eckhard Flik gesehen. Zum einen, weil nicht erwünschte Treffpunkte für Jugendliche entstehen könnten und zum anderen, weil der Park als Ort der Begegnung, wo man sich unterhalte und miteinander aktiv werde, zu einem Bereich verkommen könne, wo jeder nach unten gebeugt nur noch auf sein Handy starre.

Nachtabschaltung auf dem Schulgelände

Wolfgang Bauer ging sogar soweit, frei zugängliches WLAN in ländlichen Gemeinden komplett in Frage zu stellen: "Die Kinder sitzen schon drinnen genug vor Tablet und Smartphone, draußen sollen sie sich bewegen", sagte er. Immer wieder beobachte er im Rahmen seiner Jugendarbeit bei der JSG Hengstett, dass schon Vier- und Fünfjährige viel zu oft mit dem Smartphone beschäftigt seien.

Ratskollege Thomas Schmidt sprach sich dafür aus, den Gratis-Zugang auf dem Schulgelände in den Schulpausen und nachts abzuschalten. Lothar Kante hingegen wünscht sich den freien Zugang zum weltweiten Netz sowohl im als auch um das Jugendhaus herum. "Das kann eine feine Sache sein, birgt natürlich aber auch Risiken", betonte er. Ersteres könne nur der Fall sein, wenn vor allem Jugendliche mit den Themen Datensicherheit und Netzkompetenz vertraut gemacht würden: "Die Möglichkeiten und Gefahren müssen bekannt sein".

Gerade in Neuhengstett und Ottenbronn, wo man nur schlecht oder stellenweise gar nicht ins Netz komme, sei freies WLAN sinnvoll, sagte Paul Binder. "Die Idee für frei zugängliches Internet wurde im Ottenbronner Ortschaftsrat geboren", erinnerte Ortsvorsteher Richard Dipper, "denn wir sitzen dort in einem großen Funkloch!". Ein Rufbus sei ohne Funk nunmal nicht möglich. "Es geht um die Lebensqualität der Bewohner", betonte Dipper. Eine gänzliche Ablehnung bezeichnete er als "altbacken".

Der Bürgermeister betonte, man könne und wolle Jugendliche bewusst in den öffentlichen Raum holen, der mit freiem WLAN attraktiver werden könne.

Der Gemeinderat beschloss einstimmig, dass in allen drei Ortsteilen an zentralen Stellen kostenfreies öffentliches WLAN angeboten werden soll. Dafür fallen laut günstigstem Angebot, das den Förderrichtlinien entspricht, 28 000 Euro an. Der Schwerpunkt bei der Einrichtung soll auf Innenbereiche von Gebäuden gelegt werden. Eine in Frage kommende Standortliste wird dem Ratsgremium in einer weiteren Beratung zur Abstimmung vorgelegt.