Ziehen in Sachen Demenz an einem Strang (von links): Ursula Söhnholz, Angelika Hettich, Corinna Ziegler, Manuela Knörle, Roswitha Binder, Brigitte Weber, Jörg Schaber und Magdalene Geßmann-Benz. Foto: Bausch Foto: Schwarzwälder-Bote

Demenz: Kirchengemeinde holt Erkrankung aus der Tabuzone / Pflegende müssen auf ihre eigene Gesundheit achten

Der Tag der Diakonie der evangelischen Kirchengemeinde Neuhengstett-Ottenbronn stand ganz im Zeichen von an Demenz erkrankten Menschen und dem adäquaten Umgang mit ihnen.

Althengstett-Neuhengstett. Pfarrer Jörg Schaber eröffnete den Tag mit einem Gottesdienst über die Heilung aussätziger Menschen nach einer biblischen Geschichte. "Ich finde das Thema Demenz wichtig, denn wir werden alle früher oder später damit zu tun haben", unterstrich der Geistliche.

Sozialpädagogin Manuela Knörle vom Pflegestützpunkt Calw, der Beratungsstelle des Landratsamts, informierte über die vielen Beratungsmöglichkeiten für demenzkranke Menschen. Informieren könnten außerdem auch die behandelnden Ärzte und der Pflegedienst. Auch für pflegende Angehörige gibt es Hilfe in der Region. Der Calwer Verein DemiL (Demenz mitten im Leben) hat in Zusammenarbeit mit der Leiterin des Hauses auf dem Wimberg, Monika Volaric, bereits zwei hilfreiche Kurse für Angehörige demenzkranker Menschen angeboten. Dort lernen Betreuer dementer Menschen den richtigen Umgang mit den Erkrankten und auch das, was für die Erhaltung ihrer eigenen Gesundheit wichtig ist. Ein dritter werde demnächst folgen, so Knörle. Die Demenzerkrankung sei immer noch ein Tabu. Durch mehr Information und Öffentlichkeit müsste sie aus der Tabuzone geholt und bekannter gemacht werden.

Wöchentliche Treffen entlasten Angehörige

Die Fachkraft für Demenzerkrankungen, Krankenschwester Roswitha Binder und die Pflegedienstleiterin Corinna Ziegler vom Krankenpflegeverein Verwaltungsraum Althengstett berichteten von ihren Erfahrungen in den Demenzgruppen, die es bereits in den Gemeinden Gechingen. Ostelsheim, Althengstett und Ottenbronn gibt. Bei wöchentlichen Treffen werden die betroffenen Menschen drei Stunden lang betreut und gefördert. In dieser Zeit sind die Angehörigen entlastet und können dringende Angelegenheiten wie zum Beispiel Arztbesuche oder Behördengänge erledigen.

Tagesablauf sollte sich nicht ändern

Die erfahrenen Krankenschwestern gaben jede Menge Tipps zum richtigen Umgang mit demenzkranken Menschen. Wichtig sei vor allem, den Ablauf für die Kranken jeden Tag gleich zu gestalten. Bei den Treffen müsse auch jeder immer wieder den selben Platz am Tisch einnehmen können. Dies vermittele Sicherheit. Die Fachfrauen widersprachen der weit verbreiteten Auffassung, dass demenzkranke Menschen nichts mehr lernen könnten. "Wir haben beobachtet, wie die Klienten nach zwei Jahren die Lieder kannten, die zu Beginn und am Schluss unserer Veranstaltung gesungen werden", so Binder.

Alles andere könnten Demenzkranke vergessen, aber Gefühle nicht, so die Expertinnen. Deshalb sei es immens wichtig, mit den Erkrankten behutsam sowie freundlich umzugehen und ihre Persönlichkeit zu würdigen. "Wenn ich jemanden anlache, weiß er, dass ich es gut mit ihm meine", resümierte Binder.

Die Besucher der Gruppen kämen oft ängstlich und gespannt zum Treffen und gingen anschließend dann strahlend nach Hause. Dies rühre daher, dass sie beim Tun in der Gemeinschaft zeigen könnten, dass sie noch zu etwas nütze sind. Deshalb seien neben viel Singen auch taktile Beschäftigungen wie Malen oder Basteln angebracht. "Man merkt, dass sie ihre Arbeit mit viel Herzblut machen", lobte Ursula Söhnholz, die Diakoniebeauftragte der Kirchengemeinde Neuhengstett. Ziegler informierte die Besucher darüber, dass die Kosten für die wöchentlichen Betreuungstreffs auf Antrag von den Pflegekassen übernommen werden.