Die Teilnehmer des Workshops trugen zahlreiche substantielle Anregungen zum Thema Barrierefreiheit zusammen.Foto: Tröger Foto: Schwarzwälder Bote

Barrierefreiheit: Umfangreiche Ideensammlung für Verbesserungen bei Workshop in Neuhengstett zusammengetragen

Eine kleine, aber sehr engagierte Gruppe hat sich zu einem Workshop im Sitzungssaal des Neuhengstetter Rathauses getroffen. Im Rahmen des Leader-Projekts "Heckengäu für alle" hat sie sich mit dem Thema Barrierefreiheit und Teilhabe am öffentlichen Leben für alle Menschen beschäftigt.

Althengstett-Neuhengstett. Es wurden erste Schwerpunkte erarbeitet, wo speziell in Neuhengstett, aber auch in der Gesamtgemeinde Althengstett Barrieren diese Teilhabe erschweren oder gar unmöglich machen. Die Referentinnen Lisa Zeller und Heidrun Toth von der 1a Zugang Beratungsgesellschaft mbH stellten das Projekt vor und erläuterten die Begleitung durch die Stiftung Zenit, die unter dem Dach "Campus Mensch" agiert wie zum Beispiel auch die GWW, die in Calw Werkstätten und Wohnanlagen betreibt.

In der Vorstellungsrunde der Teilnehmer wurde schon deutlich, in welchen Situationen sie vom Thema betroffen sind: Ortsvorsteher Gerhard Dietz und Margit Jourdan-Erhardt von der Gemeindeverwaltung ganz umfassend für alle Bürger und Ernst Hempel als Vorstand des Seniorenrates Althengstett speziell für diese Personengruppe. Weiter Gemeinderätin Ute Steinheber als Themensetzerin und Entscheiderin im Gemeindeparlament, Architekt Gustav Dingler als vorrausschauender Planer sowie Kirsten Kaps, Mitglied im Vorstand des Dorftreff, der sich Angebote für alle Bevölkerungsgruppen auf die Fahnen geschrieben hat. Und dann zwei Teilnehmer, Hildegard Baumann und Helmut Buck, deren Partner durch gesundheitliche Einschränkungen und Behinderungen auf größtmögliche Barrierefreiheit für ein selbstständiges Leben angewiesen sind.

Was sind überhaupt Barrieren? Diese Frage erörterten die Teilnehmer zum Einstieg im Detail. Sichtbare Hindernisse wie Treppen, schlecht beleuchtete Plätze, zu steile Rampen sind das ebenso wie Sprachbarrieren, körperliche Einschränkungen oder auch Geldmangel, sowohl privat und in der Kommune, durch den notwendige Anpassungen nicht realisiert werden können. Dem schloss sich schon eine erste Diskussion darüber an, ob es zur Barrierefreiheit Checklisten zum Beispiel bei Neubauten, neuen Baugebieten oder für den Bestand gibt ähnlich dem Brandschutz.

Unterschiedlicher Bedarf

"Ich ziehe dazu den Vergleich, wie hoch der gehängt wird, die Barrierefreiheit müsste den gleichen Stellenwert haben", findet Helmut Buck. Das habe auch mit der gesellschaftlichen Wertung von Menschen zu tun, machte Lisa Zeller hier deutlich. Und Heidrun Toth, selbst betroffen als Blinde, gab zu bedenken, dass oft die Barrierefreiheit des einen in Clinch kommt zu der eines anderen. So habe ein Rollstuhlfahrer am Bordstein einen anderen Bedarf als ein Blinder. Ernst Hempel fragte nach möglicher Förderung, zum Beispiel für die Absenkung von Bordsteinen oder Rampen. Über Leader seien Kleinförderungen für die Beratung zu solchen Themen möglich, jedoch nicht für die Umsetzung, erläuterte Zeller.

Die Sammlung der Barriere-Themen, die den Teilnehmern schon selbst begegnet sind in der Gemeinde, brachte einen ganz klaren, möglichst bald und schnell in Angriff zu nehmenden Schwerpunkt: Das Neuhengstetter Rathaus und der für Rollstuhlfahrer nicht mögliche und für Senioren mit Rollator oder anderweitig eingeschränkte Menschen schwierige Zugang. Das Pflaster, die Stufen, eine schwer gängige Eingangstür und der fehlende Aufzug wurden hier vielfach genannt.

"Deshalb konnte ich Ihren Mann leider nicht einladen zu diesem Workshop hier im Sitzungssaal im Obergeschoss, Frau Baumann", sagte Jourdan-Erhardt an die Teilnehmerin gewandt. Wolfgang Baumann, ehemaliges Mitglied im Seniorenrat-Vorstand, ist mit seinem elektrischen Rollstuhl viel in der Gemeinde unterwegs und kennt somit auch alle zu hohen Bordsteine an Überwegen, die sich ihm in den Weg stellen. Ein zweiter Schwerpunkt sind die teilweise sehr schmalen und unebenen Gehwege in der Ortsdurchfahrt. "Dies ist jedoch eine Kreisstraße, hier sind wir für Abhilfe auch auf den Landkreis angewiesen", machte der Ortsvorsteher deutlich. Das gelte ebenso für eine gewünschte Temporeduzierung. Mehrfach genannt wurde die für Fußgänger, ältere Menschen und Rollstuhlfahrer unfallträchtige Situation an der Mühle. Der Mühlenladen ist das einzige Ladengeschäft in Neuhengstett. Um es zu erreichen, müssen Fußgänger die viel befahrene Landesstraße queren.

Daneben ist der dahinterliegende Wald "Im Eulert" ein beliebtes Spazier- und Naherholungsgebiet für die Ortsbewohner. Der künftig fehlende Geldautomat, eine jederzeit zugängliche, behindertengerechte öffentliche Toilette, eine Vorlesemöglichkeit auf der Gemeindehomepage, amtliche Veröffentlichungen in einfacher Sprache, bessere Beschilderungen im Ort waren weitere angesprochene Punkte. Auch Wünsche wurden geäußert: nach betreutem Wohnen in der Ortsmitte, der Schaffung eines einladenden Treffpunktes in derselben, Fahrdienste für nicht mobile Personen oder zum Beispiel ein Wartebänkchen an der Bushaltestelle für Menschen, die gern mitgenommen werden möchten wie auch der Breitbandausbau.

Gute Impulse

Die Referentinnen werden ein Protokoll über den Workshop fertigen, das Dietz dem Ortschaftsrat zur Beratung und Priorisierung der Maßnahmen vorlegen wird. Im nächsten Schritt wird sich der Althengstetter Gemeinderat damit befassen, so Steinheber. Denn "man muss dranbleiben, wenn sich was verbessern soll", war einhellige Meinung der Teilnehmer. Produktiv, konstruktiv mit substanziellen Anregungen und erfrischend sei der Workshop gewesen, so der Ortsvorsteher. "Auch für uns war der Workshop sehr lebendig und hat viele gute Impulse gebracht", bekundeten die Referentinnen zum Abschluss.