Das Coronavirus fordert das Bildungssystem heraus. Digitale Lernplattformen spielen jetzt eine zunehmend große Rolle. Foto: dpa/Murat Foto: Schwarzwälder Bote

Seit Wochen ist wegen der Corona-Krise für die Althengstetter Realschüler und

Seit Wochen ist wegen der Corona-Krise für die Althengstetter Realschüler und vor allem ihre Eltern nichts mehr, wie es war. Das Familienleben ist aufgrund der Schulschließungen und dem damit verbundenen Lernen zu Hause auf den Kopf gestellt. "Die Eltern sind in dieser Situation am meisten gebeutelt", sagt Rektorin Christa Wurster-Zischler.

  Edmodo ist ein soziales Lernnetzwerk für Lehrer, Schüler sowie Eltern, wurde 2008 in Kalifornien entwickelt und wird nun von der Althengstetter Realschule beim digitalen Lernen zu Hause eingesetzt. In diesem virtuellen Klassenzimmer sind Videos, Links und Nachrichten verfügbar. Die Schüler geben auf diesem Weg ihre Arbeiten ab, außerdem kann zwischen Schüler und Lehrer privat Kontakt aufgenommen werden. Über Edmodo kann zum Beispiel auch ein Quiz zur Verfügung gestellt werden.

  Schutzmaßnahmen: Regelmäßiges Händewaschen mit Seife und ausreichende Distanz zu Mitschülern und Lehrern sollen Corona-Erkrankungen an der Realschule verhindern. "Desinfektionsmittel sind nicht vorgeschrieben", so Schulleiterin Christa Wurster-Zischler.

  Realschulabschlussprüfungen: Termine der schriftlichen Prüfung: Deutsch 20. Mai, Mathematik 25. Mai, Englisch 27. Mai. Die mündlichen Prüfungen sind vom 20. bis 29. Juli geplant; weitere Informationen gibt es unter www.rs-althengstett.de.

Althengstett. Schulleitung, Schülermitverantwortung (SMV), Prüflinge aus der zehnten Klasse, Lehrer und Elternbeirat sitzen – natürlich mit gebührendem Abstand – in der Aula des Althengstetter Schulzentrums. Sie berichten über die derzeitige Situation. Die Beteiligten sind sehr gern zur Gesprächsrunde in die Schule gekommen, schließlich hat man sich seit Wochen nicht gesehen und hat fast so etwas wie Sehnsucht nach dem Schulalltag entwickelt.

Die Runde tauscht sich darüber aus, was das neue Lernen in den eigenen vier Wänden für Schüler und Eltern mit sich bringt und welche Schwierigkeiten damit verbunden sind. Es klingt aber auch durch, dass die Schulgemeinschaft derzeit offenbar in weiten Teilen noch mehr zusammenrückt, indem sich gegenseitig intensiv beim Lernen unterstützt wird, auch wenn das nur noch über Videokonferenzen, WhatsApp-Gruppen und Lernplattformen möglich ist.

Schwächere Schüler haben das Nachsehen

Das digitale Lernen birgt auch Gefahren, weil schwächere Schüler von den Lehrkräften aus der Ferne nicht wie gewohnt betreut werden können oder weil nicht jede Familie so ausgestattet ist, dass problemlos von zu Hause aus am Laptop gelernt werden kann. "Die Schere geht noch weiter auf", sagt dazu die Schulleiterin.

"Die Eltern im Homeoffice tragen derzeit die Hauptlast, weil sie nicht nur von zu Hause aus arbeiten und den Haushalt organisieren, sondern auch noch beim Lernen unterstützen müssen. Wenn beide Elternteile arbeiten, ist das ebenfalls eine sehr schwierige Situation, und die Schüler sind für uns eben momentan schlecht greifbar, die Kontrolle fehlt", gibt Wurster-Zischler zu bedenken. Zudem spielen nach ihren Erfahrungen und denen ihrer Kollegen das Alter der Schüler eine große Rolle, denn Fünfer und Sechser würden sich schwerer mit dem digitalen Lernen tun. Jüngere bräuchten mehr Zuwendung. Um Lernfortschritt und Unterstützungsbedarf einschätzen zu können, telefonieren viele der Lehrkräfte deshalb regelmäßig mit ihren Schülern. "Ich habe in Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass viele Eltern und Schüler sich wünschen, dass in der jetzigen Situation eher die Lehrer auf die Schüler und Eltern zukommen", äußerte sich die Elternbeiratsvorsitzende Petra Engelland. Viele würden sich scheuen, Kritik zu äußern oder Hilfe zu suchen, wenn es mit dem digitalen Lernen doch nicht so gut funktioniere.

Zwei weitere Problempunkte: Zu Hause werden sowohl Schüler als auch Eltern von zu vielen Dingen vom Lernen und Arbeiten abgelenkt, die gewohnte Tagesstruktur fehlt. Das Homeoffice verlangt beiden Seiten also viel Disziplin ab. Zudem ist pro Haushalt oft nur ein Computer verfügbar, den sich Eltern und ihre Sprösslinge im Homeoffice teilen müssen. Für die Schulleiterin Anlass, ihrem Ärger über die Umsetzung des Digitalpakts Luft zu machen. Derzeit werde von vielen Seiten der Eindruck vermittelt, das digitale Lernen funktioniere reibungslos und es sei alles in Ordnung, "ist es aber bei Weitem nicht", sagt Wurster-Zischler. Gerade in der jetzigen Situation wäre es aus ihrer Sicht immens wichtig, schnell und unbürokratisch Geld für die Anschaffung von Laptops für die Schulen freizugeben und keine Verwaltungshürden aufzubauen. "Stattdessen muss die jeweilige Schule einen 40-seitigen Antrag ausfüllen."

Selbsteinschätzung wird abgefragt

Die Prüflinge, die demnächst ihren Schulabschluss in Angriff nehmen werden (siehe "Info"), kommen mit dem digitalen Lernen zu Hause ganz gut zurecht, wie SMV-Sprecherin Kalea Maurer berichtet: "Unsere Selbsteinschätzung wird regelmäßig von den Lehrern abgefragt und wir haben vormittags zwei Stunden Skype-Pflichtunterricht".

Sie und ihre Mitschüler bereiten sich derzeit intensiv in den Hauptfächern, Deutsch, Mathematik und Englisch auf die Prüfungen vor, die Nebenfächer rücken in den Hintergrund. "Ich konzentriere mich auf meine schwächeren Hauptfächer und versuche in diesem Bereich so viel wie möglich selbst zu lernen." Im Rahmen der derzeitigen Möglichkeiten sehen sich die SMV-Sprecherin, ihre Mitschüler und ihre Lehrer auf einem guten Weg zur Prüfung, zumal sich gegenseitig in kleineren WhatsApp-Gruppen geholfen wird.

Für die rund 640 Althengstetter Realschüler und ihre Lehrer ist Schule nicht nur Unterricht, "sondern das Schulleben hat viele soziale Komponenten", so Wurster-Zischler. Sie sieht mit Blick auf die Zukunft im digitalen Unterricht nur einen einzelnen Baustein, der aber nicht die ganze Schule ausmache.

Sorgen macht derzeit der Rektorin vor allem, "was psychisch passiert, wenn man künftig ständig genügend Abstand halten muss. Das macht etwas mit einem".

Jetzt gibt es bis zum 4. Mai noch einiges zu organisieren. Vor allem die räumliche Trennung beziehungsweise Aufteilung der Schüler wird eine Herausforderung sein.