Hier wird ein Hund aus dem ersten Obergeschoss in ein DLRG-Raft, ein floßähnliches Schlauchboot, mit Leiter und Seiltechnik evakuiert. Foto: DLRG

Wasserretter stellen sich neuer Herausforderung. Bei Hochwasser werden  Haus- und Nutztiere evakuiert.

Althengstett - Vor ganz neuen Aufgaben standen unlängst Althengstetter Mitglieder der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG): Sie nahmen am Lehrgang des Landesverbands unter dem Titel "Sicherheit bei Tierevakuierungen" in Bad Mergentheim teil.

Einsatzkräfte der DLRG kommen speziell bei Hochwasser immer wieder in Situationen, in denen sie Haus- oder landwirtschaftliche Nutztiere evakuieren, beziehungsweise diese Maßnahmen absichern müssen.

Christian Meiser, Lehrgangs- und Referatsleiter Strömungsrettung (SR) im DLRG- Landesverband Württemberg, rief den Teilnehmern die Ereignisse aus dem Jahr 2013 rund um Deggendorf-Fischerdorf in Erinnerung. Hier waren durch Dammbrüche plötzlich viele Rinderställe überflutet, eine Rettung unmöglich und zum Teil blieb nur noch die Möglichkeit, die Tiere zu erschießen.

Auf Rinder spezialisiert

Nicht nur punktuelle Starkregenereignisse wie 2009 in Gechingen oder 2016 in Braunsbach sondern auch Flutwellen durch Dammbrüche können jederzeit Pferdeställe oder landwirtschaftliche Betriebe überfluten und eine Evakuierung erforderlich machen, so das DLRG.

Großtiere können nicht auf einem Motorrettungsboot transportiert werden, also gilt es, sie durchs Wasser zu leiten. Dies lernten die Althengstetter Wasserretter zusammen mit Kameraden aus Münster, THW-Helfern und Feuerwehrkräften aus Berufs- und Freiwilligenwehren sowie Polizeikräften in Theorie und Praxis von dem auf Rinder spezialisierte Tierarzt Benno Neufeld.

Ertrinkungstod droht

Die Teilnehmer wurden mit Tipps zum Umgang und Hinweisen auf Gefahren, die von diesen Tieren insbesondere in ungewöhnlichen Situationen ausgehen, geschult. Nach Stunden des Schwimmens sind die Tiere schlicht so entkräftet und oftmals auch ausgekühlt, dass der Ertrinkungstod droht. Schafe können, sofern man Fixierungstechniken kennt oder Transportbehältnisse zur Verfügung stehen, laut DLRG gut transportiert werden. Das Treiben einer Herde übten die Teilnehmer mit den Schafen des Bad Mergentheimer Wildparks auf den weitläufigen Freiflächen. Techniken, die bei der Schafschur genutzt werden, um die Tiere zu fangen und zu fixieren, wurden demonstriert und selbst ausprobiert. Sie helfen künftig dabei, wenn es darum geht, eine Herde zu evakuieren.

Gezeigt wurde auch der Umgang mit zwei Limpurger Weideochsen des Tierparks. Alle hatten gehörigen Respekt vor den zwei circa 1,3 Tonnen schweren Tieren und erkannten hier die Grenzen ehrenamtlicher Rettungskräfte gegenüber Fachleuten wie Landwirten und Tierärzten, die den Umgang mit diesen Tieren täglich praktizieren.

Das Wissen um die Großtierrettung stammt oftmals aus England oder anderen angelsächsischen Ländern. Dort werden häufiger Seminare zum Thema Pferd im Schlamm/Watt oder im Wassergraben für Einsatzkräfte, aber auch Pferdebesitzer angeboten. Im Theorieteil dieses Ausbildungsabschnittes vermittelte eine Pferdewirtin, wo sich die Gefahrenbereiche bei Pferden befinden, wie sie kommunizieren und welche Besonderheiten deren Herdenstrukturen aufweisen.

Spezielle Seiltechnik

Im Praxisteil stand allen Teilnehmern ein Pferd mit einem Stockmaß von 179 Zentimetern gegenüber. Ihm musste ein aus Seilen selbst gebundenes Strickhalfter angelegt werden, damit es aus der Box geführt werden konnte. Für die Althengstetter Teilnehmerinnen kein Problem, da die meisten auch aktive Reiterinnen sind. Ihnen gelang es sogar, dem Pferd unter Anleitung von Benno Neufeld, ein Tragetuch anzulegen. Dieses ermöglicht es den Rettern im Notfall mit der entsprechenden Seiltechnik der DLRG- Strömungsretter, das Pferd mit Hilfe eines Krans zu retten.

Das Gros der Tierrettungseinsätze im Katastrophenfall betrifft jedoch Haustiere. Da bei Hochwasser oft das Erdgeschoss eines Hauses unter Wasser steht, müssen die Bewohner sowie deren tierische Mitbewohner über das erste Obergeschoss gerettet werden. Leitern sind hier das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, betroffene Bürger zu evakuieren. Mobilitätseingeschränkte Bewohner können durch die DLRG-Strömungsretter mit spezieller Seiltechnik ins Rettungsboot evakuiert werden.

Doch wie kommt ein großer, ängstlicher und dadurch vielleicht gefährlicher Hund nach unten ins Rettungsboot? Auch diese Frage wurde beim Lehrgang beantwortet. So wurde zunächst theoretisch der Ablauf einer Hundeevakuierung aufgezeigt. Im weiteren Verlauf mussten die knapp 30 Teilnehmer drei Hunde unterschiedlicher Größe und Alters an mehreren Stationen evakuieren.