In der Politik zeigt der Zeiger klar auf die Digitalisierung der Schulen. Dort bereitet die Bürokratie aber Probleme. Foto: Kneschke

Schulleiter Stefan Eiding stellt Prozess gute Note aus – aber mit einigen Abstrichen.

In der Corona-Pandemie ist die Digitalisierung der Schulen zur Chefsache geworden. Bund und Länder nehmen Milliarden  in die Hand, keine Talkrunde  kommt ohne das neue Topthema aus. Doch was ist tatsächlich schon umgesetzt worden? Wir haben nachgefragt – an der Realschule in Althengstett. Das Ergebnis lesen Sie in unserem (SB+)-Artikel.

Althengstett - "Vieles läuft gut, manches hapert noch", fasst Stefan Eiding kurz und knapp zusammen. Im Sommer ist er der neue Schulleiter der Realschule Althengstett geworden – mitten in der Corona-Pandemie, mitten im Ausnahmezustand. Vieles, so unterstreicht Eiding ganz klar, habe in Sachen Digitalisierung schon seine Vorgängerin Christa Wurster-Zischler auf den Weg gebracht. Die Schule mit ihren 630 Schülern und 45 Lehrern sei gut aufgestellt. Auch stehen mehr finanzielle Mittel zur Verfügung als sonst üblich. Der erste Topf des Digitalpaktes mit seinen insgesamt sieben Milliarden Euro werde gerade angezapft. Die Lehrer sind mit Tablets ausgerüstet, große Fernseher für die Klassenzimmer wurden bestellt, die die Beamer ersetzen sollen, und demnächst trudeln 25 Notebooks für Schüler ein, die zu Hause keinen Computer haben. Einen Glasfaseranschluss besitzt die Schule zwar noch nicht, der komme aber bald. "Die Gemeinde kümmert sich darum", lobt Eiding. Und dennoch ist der neue Schulleiter nicht ganz zufrieden, denn: "Der bürokratische Aufwand erschwert alles."

Sorge vor Lockdown

Vor allem ist da aber die Sorge, dass der zweite Lockdown auf die Schulen ausgeweitet wird und diese wieder wie im Frühjahr geschlossen werden. "Ich befürchte, dass es so kommen wird, weil der öffentliche Druck auf die Politik zu groß wird", meint Eiding, der beobachtet hat: "Es gibt Eltern, die ängstlich sind. Die Situation in den Bussen ist ja auch nach wie vor schwierig." Andererseits gebe es aber ebenso Eltern, die hoffen, dass die Schulen geöffnet bleiben. Eiding: "Meine gesamte Elternschaft über einen Kamm zu scheren ist unmöglich."

Vorbereitet wäre die Realschule Althengstett, falls der Lockdown auf die Schulen ausgeweitet werden sollte. "Wir sind gerüstet", verdeutlicht Eiding. In den Elternhäusern sieht das aber nicht immer so aus. Während des ersten Lockdowns im Frühjahr habe man gemerkt, dass es doch einige Haushalte gebe, in denen zwar ein Computer vorhanden ist, sich diesen die Schüler aber mit ihren Geschwistern teilen müssen – und den Eltern, weil diese nun im Home-Office sitzen. "Da streiten sich dann drei, vier Personen um den PC", weiß Eiding. Hinzu kommt, dass nicht alle Schüler mit dem Online-Unterricht zurechtkommen. Der Schulleiter gibt zu bedenken: "Es gibt Schüler, die mit dieser Selbstständigkeit zu Hause Probleme haben, weil sie das nicht kennen. Den Schülern fehlen räumliche und zeitliche Strukturen. Manch einer sagt sich: Dann schlafe ich halt mal bis 10 Uhr." Wenn man beim ersten Lockdown jedoch mitbekommen habe, dass von einem Schüler online nichts mehr kommt, habe man nachgehakt. Eiding: "Da wurde viel mit Elternhäusern telefoniert und kommuniziert." Diese Schüler seien an der Realschule Althengstett aber in der Minderheit. "Im einstelligen Prozentbereich", vermutet Eiding, der von der ins Spiel gebrachten Idee der geteilten Klassen mit Wechselunterricht anstellte eines kompletten Lockdowns wenig hält. "Weil dadurch die Belastung meiner Kollegen hochgefahren wird. Halbe Klassen sind nicht Fisch, nicht Fleisch", sagt der Schulleiter.

Hoffen auf Lernplattform

Stattdessen wünscht sich Eiding, dass bei der Digitalisierung ein stärkeres Augenmerk auf den Bürokratieabbau gelegt wird. "Das nimmt mir unheimlich viel Zeit weg. Wenn man die Bürokratie dämpfen könnte, wäre mir sehr geholfen", meint Eiding.

Auch hofft der Schulleiter, dass – endlich – eine einheitliche Lernplattform kommt. Millionen von Euro hatte das baden-württembergische Kultusministerium in das Projekt "Ella" gesteckt, das ein völliger Flop war und vor zwei Jahren gestoppt wurde. "Die Pkw-Maut des Kultusministeriums", vergleicht Eiding. Seit dem ersten Lockdown arbeitet die Realschule Althengstett stattdessen mit "Edmodo", andere Schulen nutzen dagegen andere Programme. Eiding: "Wenn jedes Kind mit einem anderen Programm arbeitet, stresst das die Eltern. Und das verstehe ich auch." Zwar arbeitet das Kultusministerium derzeit an einem "Ella"-Nachfolger, die endgültige Fertigstellung ist allerdings erst für 2023 vorgesehen. Für Eiding viel zu spät: "Wir brauchen das zügig, am besten gestern."

Ebenso schwierig gestalte sich für die Schule die Suche nach einem geeigneten Programm für Videokonferenzen. Entweder sei ein Programm gut, entspreche aber nicht den Datenschutzbestimmungen – oder es sei datenschutzkonform, überlaste aber die Server der Schule und stürze ständig ab. Eiding: "So etwas sorgt für höchsten Frust."