Der Gebäudekomplex "Neue Höfe" (mit Flachdach) ist in den Augen einer neu gegründeten Bürgerinitiative eine Bausünde. Deren Mitglieder kritisieren ein weiteres Projekt dieser Art, das in rund 200 Metern Entfernung entstehen soll. Foto: Maus

Kritik an Neubauplänen in der Bahnhof- und Sonnenstraße. Vorwurf: Gemeinde richtet sich zu sehr nach Investoren.

Althengstett - Was die Schaffung von Wohnraum angeht, will die Gemeinde Althengstett am Ball bleiben. Der Bereich zwischen Bahnhofstraße, IBM-Wegle und Sonnenstraße eignet sich dafür nach Ansicht der Verwaltung besonders gut. Ganz anders sehen das die Mitglieder einer Bürgerinitiative, die sich Sorgen um das Ortsbild machen.

Eines stellen die Gründer der Initiative, Günter und Susanne Maus, im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten klar: "Dass gebaut wird, ist in Ordnung. Projekte wie das im Bereich Bahnhof- und Sonnenstraße sind wegen ihrer Art und Größe in einem Neubaugebiet aber besser aufgehoben". Bausünden wie das Objekt "Neue Höfe" in Althengstett - rund 200 Meter von dem nun geplanten Neubau entfernt - dürften sich nicht wiederholen. Selbige würden sich ebenso wenig in die Umgebung einfügen wie die Gebäude, die nun im genannten Bereich geplant seien - wegen ihrer geplanten Größe und der vorgesehenen Flach- statt der im Ortskern vorherrschenden Satteldächer.

Die Planvorgaben

Das Neubauvorhaben in der Bahnhof- und Sonnenstraße war Ende Juni im Gemeinderat vorgestellt worden. Demnach wollen die Kreisbaugenossenschaft Calw EG und die IW Plan Althengstett GmbH auf den in ihrem Besitz befindlichen Grundstücken im genannten Bereich drei Gebäude mit zwölf, zehn und neun Wohneinheiten errichten. Entstehen sollen viergeschossige Flachdachbauten – jeweils drei Vollgeschosse und ein zurückgesetztes Staffelgeschoss mit einer Penthousewohnung. Aus Sicht von Günter und Susanne Maus sowie ihrer Mitstreiter wäre es wünschenswert, "wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan erstellen würde, der auf die örtlichen Verhältnisse und Gegebenheiten ausgerichtet ist".

Potenzielle Bauherren würden sich dann an diesen Vorgaben orientieren und auf dieser Basis ihre Baupläne erstellen. "Im vorliegenden Fall scheint gerade das Gegenteil der Fall zu sein", sagt Günter Maus. Zwei Generalunternehmer würden nach ihren Vorstellungen Projekte entwerfen und darauf hinwirken, dass die Kommune einen dazu passenden Bebauungsplan erstelle. Dabei müsse das Ziel eines solchen Plans sein, dem jeweiligen Gebiet ein gewisses Aussehen und eine Einheitlichkeit zu geben. Vorgabe des Bebauungsplans müsse es sein, dass sich neue Gebäude in die vorhandene Umgebung einfügen.

Das Merkmal des Einfügens richte sich "nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen in erster Linie nach den unmittelbar wahrnehmbaren Umfängen der Bebauung im Hinblick auf Höhe, Länge, Breite und Tiefe sowie der Dichte der Bebauung". Nicht umsonst gebe es in den Landesbauordnungen das "Verunstaltungsverbot", betont Günter Maus. Dieses regele unter anderem, dass Bauvorhaben hinsichtlich Form und Maßstab zum Straßen- und Ortsbild passen müssten. Damit solle sichergestellt werden, dass keine baulichen Fremdkörper entstehen. Bausünden wie die "Neuen Höfe" würden über Jahrzehnte hinweg das Straßenbild verunstalten. Dabei gebe es in Althengstett verschiedene gelungene Beispiele für größere Gebäudekomplexe wie das "Schneiderhaus" oder die Hauptstraße 8 bis 14, bei denen es gelungen sei, ein Maximum an Wohn- und Nutzfläche sowie ein homogenes Einfügen in die Umgebung zu schaffen.

Die Kritikpunkte

Die drei geplanten viergeschossigen Flachdachbauten würden den Begriff des "Einfügens" nicht erfüllen. Die Neubauten sollen beispielsweise die Gebäude Sonnenstraße 25 und 27 um rund 4,80 Meter überragen, so Günter Maus. Die Details des Bebauungsplans sind am Mittwoch, 21. Oktober, Thema in der Gemeinderatssitzung.

"Es kann nicht sein, dass Großbauinvestoren mit wohlklingenden Ankündigungen zu bezahlbarem Wohnraum, autarker Energieversorgung mittels Solaranlage und Blockheizkraftwerk, energie- und flächensparsamer Bauweise oder moderner Architektur Neubauten ohne Berücksichtigung der unmittelbaren örtlichen Gegebenheiten erstellen dürfen", argumentiert die Initiative.

Nicht zuletzt das Thema Stellplätze treibt deren Mitglieder um. Beim Komplex "Neue Höfe" habe der Bauträger durch die Bereitstellung eines Elektro-Carsharing-Fahrzeugs in der Tiefgarage erreicht, dass pro Wohnung nur 1,5 Stellplätze anstatt der sonst in Althengstett für Neubauten üblichen zwei errichtet werden mussten. Das sei auch beim neuen Projekt so vorgesehen. Das verschärfe die Parksituation noch mehr. In der Bahnhofstraße würden die öffentlichen Parkplätze nämlich häufig nicht ausreichen. Die Folge: Es werde verkehrswidrig geparkt. Im Bereich der geplanten Neubauten sei es besonders schwer, überhaupt einen Parkplatz zu finden, weil das gegenüber den geplanten Neubauten gelegene Gesundheitszentrum sehr stark frequentiert wird, was derzeit durch die Corona-Pandemie jedoch weniger der Fall sei.

Die Forderungen

Die Bürgerinitiave fordert, dass ein maßstabsgerechtes Modell unter Einbeziehung der Nachbargebäude erstellt wird, um die Dimension des Bauprojekts deutlich erkennen zu können. Außerdem sprechen sich die Mitglieder für Sattel- statt Flachdächer aus.

Die Firsthöhe müsse sich an den auf der gleichen Straßenseite befindlichen Nachbarhäusern und an den Gebäuden Sonnenstraße 23, 25 und 27 orientieren. Nicht zuletzt müssten für jede der 31 Wohnungen zwei Stellplätze errichtet werden. "Wir hoffen, dass die Gemeinderäte das Projekt nicht einfach abnicken, sondern sich unsere Argumente durch den Kopf gehen lassen", äußert sich Günter Maus im Vorfeld der Sitzung des Gremiums am Mittwoch ab 19 Uhr in der Festhalle, bei der unter anderem der Bebauungsplan "Sonnenstraße - Bahnhofstraße" auf der Agenda steht.