Beim Jubiläumskonzert des Altensteiger Vokalensembles mit der Christophorus-Kantorei griff auch Chorgründer Thomas Breitling (rechts) zum Taktstock und dirigierte einige Stücke. Foto: M. Bernklau

Christophorus-Kantorei begeht Jubiläum. Abendlied erklingt im großen Kreis. Konzert im Rahmen des Musiksommers.

Altensteig - Man darf sich das immer als ein Fest vorstellen, wenn sich die Ehemaligen der Christophorus-Kantorei zu Proben und Auftritten treffen. Das Konzert im Rahmen des Musiksommers zum 25-jährigen Bestehen des Altensteiger Vokalensembles gemeinsam mit der Kantorei war gewiss eines.

Gleich zu Anfang gab es in der gut, aber nicht voll besetzten Altensteiger Stadtkirche ein schönes Bild. Die mindestens 80 Sänger des Altensteiger Vokalensembles und der Christophorus-Kantorei bildeten einen Kreis um die Bänke des ganzen Kirchenschiffs und stimmten unter der Leitung von Wolfgang Weible in getragener Sanftheit das berühmte "Abendlied" des Liechtensteiner Spätromantikers Josef Rheinberger an.

Das Vokalensemble zeigte mit einem Block von A-cappella-Sätzen, dass die legendäre Christophorus-Stimmkultur auch nach teils langen Jahren immer noch fortwirkt. Bei "Domine ad adiuvandum" des Bachschülers Gottfried August Homilius, der doppelchörigen Heinrich-Schütz-Motette "Singet dem Herrn ein neues Lied" oder bei Andreas Hammerschmidts gleichfalls frühbarockem "Schaffe in mir Gott ein reines Herz" mag die Begeisterung in Sopran und Tenor vielleicht sogar an einzelnen Stellen etwas zu kräftig gewesen sein. Die in geschmeidigen Bögen atmende Klangrede wirkte aber doch ungemein kultiviert und eindrücklich.

Dass es kein Vibrato und kein Nachdrücken braucht, um die tiefe Empfindsamkeit der vorklassischen Querflöten-Sonate e-Moll von Bach-Sohn Carl Philipp Emmanuel auszukosten, konnte man bei Susanne Schuler-Meybier hören, die von ihrem Mann Eberhard dezent an der Orgel Continuo-Begleitung bekam.

Bei dem durchkomponierten "Te Deum" des 1945 geborenen John Rutter hatte Matthias Hinderer einen solistischeren Orgelpart neben dem auf der Empore postierten Chor. Mit seinen sinnfällig abgestimmten Bezügen zur Musiktradition von der Gregorianik über Barock-Mehrstimmigkeit und romantische Klänge bis zu Gospel, Pop und Rock zählt der Engländer zu den bedeutendsten zeitgenössischen Kirchenkomponisten. Er hat auch deshalb breiten Erfolg, weil sein durchdachter Satz in erweiterter Tonalität es mit zu sperrigen Dissonanzen nicht übertreibt und Rutter stets zugänglich und eingängig sanglich bleiben will.

Nicht unverwandt in der Harmonik, aber als reiner Gesang und vielleicht perfektestes Stück des Abends kam dann Trond Kvernos zeitgenössisches "Ave maris stella" an, dem Wolfgang Weibles Vokalensemble den gleichen Marien-Hymnus von Kvernos romantischem norwegischen Landsmann Edvard Grieg vorangestellt hatte. Noch ein Norweger, der eine Generation ältere Knut Nystedt, erklang später im sprachbetonten "Sing an Rejoice" mit Gospel-Rhythmik und diffizilen Dissonanzen.

Chorgründer Thomas Breitling dirigierte die kaum weniger subtile "Resignation" mit ihren zerbrechlichen Hugo-Wolf-Harmonien. Rudolf Mauersbergers suggestives "Vater unser" entfaltete dann wieder mehr flächig aufblühenden Klang.

Mit dem "Gloria" aus der "Missa brevis rhythmica" eines Bent Peder Hohlbech zeigte Thomas Breitling – sein Nachfolger Weible am Keyboard, E-Bass und Schlagzeug daneben – dann auch die Offenheit der beiden Chöre für eingängigen Sakro-Pop mit seinen Rock-, Blues,- und Gospelelementen.

Der Chor-Romantik war der letzte Teil überlassen, mit den sehr klangintensiven Motetten "Du Hirte Israels, höre!" von Albert Becker und Felix Mendelssohn Bartholdys (für diesen Erz-Melodiker) ungewöhnlich sprachbetontem "Richte mich Gott". Die jungen Stimmen der Christophorus-Aktiven machten dabei den Gesamtklang oft noch runder und geschmeidiger.

Der ganz große Schlussapplaus hätte den überflüssigen, unterbrechenden Zwischenbeifall sehr gut allein ersetzen können.

Mit Mendelssohns innigem "Denn er hat seinen Engeln befohlen", dem Bachchoral "Wer nur den lieben Gott lässt walten" und der Wiederholung des "Abendlieds" als Zugaben fand ein wunderschönes, vielleicht eine Spur zu vielfältig-buntes Chorkonzert an einem traumhaften Sommertag seine gelungene Abrundung. Der Kreis schloss sich wieder.