Das Leipziger Vokalensemble Calmus bei seinem Auftritt in Altensteig. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder Bote

Konzert: Vokalensemble Calmus löst atemlose Stille und ebenso Beifallsstürme aus

Den Auftritt des Leipziger Vokalensembles Calmus begleiteten abwechselnd die totale, atemlose Stille oder unkontrollierte Beifallsstürme. Eine andere Option, seine Wertschätzung für Gesangskunst des weltbekannten Quintetts auszudrücken, fand das Publikum im Altensteiger Bürgerhaussaal nicht.

Altensteig. Der Zauber schlich sich auf leisen Sohlen hinein, da die Klänge zunächst aus dem Foyer ankamen und geradezu sphärisch, wie eine von der Realität gelöste Sinnestäuschung wirkten. Dann verzweigte sich das tadellose Unisono in fünf Stimmen, die nach subtilen Abwandlungen in Akkorde übergingen. Und um diese rankte sich der goldene Sopran-Faden empor.

Unentwegt schwerelos und freudig nahm das Quintett auch die Hürden der verzwickten, stellenweise perfid schwierigen Harmonie, mit der die Tonkunst-Größen wie John Rutter oder Gustav Holst die Lieder ausstatteten.

Mehrere Punkte aus dem Programm unter dem Titel "Folk Songs… so klingt die Welt" wurden eigens für das Calmus-Ensemble von renommierten Künstler in ähnlich anspruchsvoller Art arrangiert, und sämtliche Bearbeitungen wiesen einen enormen Schwierigkeitsgrad aus.

Imitationen, parallele Läufe, verzierte Figuren, chromatische Auf- und Abgänge, Modulationen, Glissandi, Alberti-Bass, allesamt in kristallklarer Intonation, verrückte Taktarten und obendrauf eine prächtige Farbpalette – das technische Arsenal der Sänger schien unerschöpflich und diente nur einem Zweck: die Schönheit der Lieder aus 21 Länder in ihrem veredelten Glanz zu besingen.

In lockerer Moderation erläuterten die Profikünstler den Inhalt der Songs und Balladen, erzählten augenzwinkernd über Herausforderungen, welche ihnen etliche Sprechweisen mitbrachten. Und doch: Ob russisch, litauisch, finnisch oder walisisch artikulierten sie den Text unglaublich klar, jonglierten mühelos mit schwierigsten Konsonanten und beim Singen der um Obertöne bereicherten Vokalen flimmerte buchstäblich die Luft.

Stimmen mit grenzenloser Dynamik

Allesamt begnadete Gesangskünstler, betörten Anja Pöche (Sopran), Stefan Kahle (Alt), Tobias Pöche (Tenor), Ludwig Böhme (Bariton) und Manuel Helmeke (Bass) das Publikum mit der grenzenlos ausgelegten Dynamik vom fast geflüsterten piano bis sonorem und fülligen forte. Episodisch schälten sich ihre reichhaltigen Stimmen aus dem Quintett heraus und kamen zum Vorschein als ureigenste Musikinstrumente in ausgezeichneter solistischer Qualität.

Die erste von insgesamt 21 CDs von Calmus erschien 2002, die neueste "Folk Songs" präsentierte das Ensemble in Altensteig im Rahmen der Deutschland- und Europa-Tournee, bevor im November die Ausnahme-Gruppe einen mehrtägigen Sprung nach Kanada und USA macht. Ihr Terminkalender quillt über, die Verpflichtungen reichen weit ins kommende Jahr.

Für die Einladung in die "Schwarzwald-Metropole" Altensteig und den stürmischen Publikumsempfang bedankte sich das Ensemble herzlich. Erst nach mehrmaligen Rufen kamen die Sänger zurück, um sich mit "Der Mond ist aufgegangen" zu verabschieden. Wieder Mal verstummte der Saal, erst nach sekundenlanger Stille ertönte der Beifall wieder und befreite das Publikum von Fesseln des Meisterkonzert-Zauberbanns.