Die vielseitigen, bunten Handarbeiten der Frauen haben es der Alpirsbacherin angetan. Foto: Schwarzwälder Bote

Weltfrauentag: Alpirsbacherin Susanne Engisch unterstützt Projekte in Simbabwe / Soziale Verantwortung wächst in Corona-Zeiten

Seit mehr als 20 Jahren ist Susanne Engisch regelmäßig in Simbabwe zu Gast. Als Fair-Trade-Einkäuferin und Ausstellungsinitiatorin unterstütz sie Projekte dortiger Künstlerinnen. Die Corona-Situation hat jedoch alles verändert.

Alpirsbach/Simbabwe. Ein Stand am anderen, viele bunte Farben und Formen prasseln auf Susanne Engisch ein, dazu das Gedränge auf dem großen Markt in Simbabwe. Es ist ihr erster Besuch in dem fremden Land. Die kleinen und großen Kunstwerke haben es ihr angetan, aber mit dem Chaos und der Masse an Waren ist die Alpirsbacherin überfordert. Sie und ihr Mann Manfred sind mit einem Freund hier, der ursprünglich aus Alpirsbach kommt und sich in Simbabwe ein Safari-Unternehmen aufgebaut hat. Dietmar Reimold kennt das afrikanische Land, auch die Ecken, in die man als Tourist normalerweise nicht kommt.

Er bringt das Ehepaar in ein kleines Dorf. "Da kommen die Künstler her", sagt er. Und tatsächlich, Susanne Engisch kann kaum glauben, welche beeindruckenden Werke die Bewohner aus ihren Hütten heraustragen, in denen es nicht einmal Strom gibt. Simbabwe ist bekannt für seine Steinskulptur-Künstler. Motive aus der afrikanischen Mythologie prägen das Bild. Die feinsten Konturen arbeiten die Bildhauer aus dem Stein heraus, alles in schwerster Handarbeit. Das machen hauptsächlich die Männer. Es gibt aber auch viele Frauen, die Arbeiten präsentieren können. Mit viel Liebe zum Detail und in reiner traditioneller Handarbeit fertigen die Künstlerinnen Textilien, ausgefallene Geschenkartikel, Gartenobjekte, feine Korbwaren und Keramikartikel an.

So losgelöst aus der Fülle der Verkaufsstände kann Engisch das alles auf sich wirken lassen. Die Schaffenskraft dieser Menschen beeindruckt sie. Da ist ihr klar, dass sie das unterstützen muss.

Schnittstelle zwischen den Produzenten und Deutschland

Diese Szene ist nun schon mehr als 20 Jahre her, doch sie hat das Leben von Engisch nachhaltig beeinflusst. Die Begeisterung für das Land und seine Künstler hat sie sich bewahrt. "Wäre ich nicht mit Leidenschaft dabei, hätte ich nicht die Energie, am Ball zu bleiben. Die letzte Ausstellung in Hamburg zum Beispiel dauerte von 10 bis 20 Uhr", erklärt Engisch. "Mit Auf- und Abbau ist das wirklich anstrengend." Auch verwendet die hauptberufliche Physiotherapeutin beinah ihren ganzen Jahresurlaub für die Reisen. Sie gründete 1998 "Shamwari-Trading". So verschafft sie Kunsthandwerkerinnen aus Kleinbetrieben und Selbsthilfegruppen einen Zugang zum europäischen Markt. "Ich kaufe die Ware direkt ein", erklärt Engisch, "und vermittle sie dann zum Beispiel an Ausstellungen, Messen oder Weltläden in ganz Deutschland weiter." Was sie dort erwirtschafte, fließe wiederum in weitere Einkäufe.

Engisch pflegt Handelsbeziehungen zu inzwischen zehn verschiedenen Projekten in Simbabwe. "Die Förderung von Frauen war mir von Anfang an ein großes Anliegen." Ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften, ermögliche den Frauen ein würdiges und selbstbestimmtes Leben.

Regelmäßiges Einkommen dort keine Selbstverständlichkeit

Der Kontakt und das "herumtingeln" fehlen Engisch in Corona-Zeiten. Inzwischen ist für sie jeder Besuch in Afrika wie "nach Hause kommen". Umso mehr schmerzt die Physiotherapeutin die aktuelle Situation für die Freunde in Simbabwe. Denen brechen die Absatzmärkte weg. "Simbabwe hat eine Arbeitslosenquote von 90 Prozent. Da kann sich glücklich schätzen, wer ein regelmäßiges Einkommen hat", sagt Engisch. "Und das wird durch die Coronasituation noch verschlimmert. Die Menschen leiden mehr unter der wachsenden Armut und Unterernährung als unter der Krankheit." Staatliche Hilfen sind nicht zu erwarten, Beatmungsgeräte gibt es kaum, medizinische Versorgung ist teuer. Ähnlich wie in Deutschland gibt es einen zweiten Lockdown mit Ausgangssperre. Die Schulen sind geschlossen, ein Ort an dem bisher zumindest die Kinder eine sichere Mahlzeit bekommen haben.

Vor allem die Mädchen werden in dieser Zeit für andere Tätigkeiten wie Feldarbeit eingesetzt und man befürchte, so Engisch, dass sie nach den Ende des Lockdowns nicht wieder in die Schule zurückkehren, da sich ihre Arbeit auf dem Feld als scheinbar nützlicher erweise. "Das könnte einen verheerenden Rückschritt in der Gleichstellung bedeuten."

Die afrikanische Bevölkerung sei durch ihre schwierige Lage jedoch auch krisenerprobt. "Die Menschen in Simbabwe besitzen die wundervolle Eigenschaft, den Humor nicht zu verlieren und auch in der schlimmsten Krise einen Grund zum Lachen zu finden", drückt Engisch ihre Bewunderung für deren positive Grundeinstellung aus.

Momentan keine Treffen in den Projektgruppen möglich

Die Künstlerinnen können sich aktuell nicht in den Selbsthilfeprojekten treffen. "Manche Projekte setzen die Gemeinschaft vor Ort aber voraus", erklärt Engisch das Problem. Entsprechend kann nicht produziert werden. Der Absatz sei im vergangenen Jahr noch passabel gewesen, Engisch macht sich eher Sorgen um das aktuelle Jahr. "Die Bestellungen sind stark zurückgegangen. Die Einnahmen werden neben dem Export nach Europa in der Hauptsache über den Verkauf in benachbarte Länder wie Südafrika oder Namibia erwirtschaftet. Die hatten bisher einen verlässlicheren Tourismus."

Eine Reihe von Veranstaltungen war geplant für den Weltfrauentag, der am kommenden Montag, 8. März, stattfindet. Die Ausstellungen und Feiern müssen großteils ausfallen. Engisch hofft, einen Teil davon im Laufe des Jahres nachholen zu können. Bis dahin möchte sie ihre Partnerinnen erst recht weiter unterstützen. Auch auf die Gefahr hin, dass ohne Verkaufsveranstaltungen die Ware erst einmal im Lager bleibt. Sie sehe ihre soziale Verantwortung gegenüber den Frauen in Simbabwe.