Wildtiere freuen sich, die Bürger sind erbost: Die Müllabfuhr verspätete sich so sehr wie noch nie. Foto: Lange

Plastikmüll liegt zehn Tage in Reinzerau. Von einer Stelle an die nächste verwiesen: "Das Problem wird einfach ausgesessen."

Alpirsbach-Reinerzau - Es ist eine kleine Odyssee, die Reinhard Lange aus Reinerzau hinter sich hat, bis endlich die Gelben Säcke in seinem Ort doch noch abgeholt werden. Mehr als zehn Tage lang lagen sie da, kullerten im Wind herum und lockten Wildtiere an.

Zwei oder drei Tage Verspätung habe es schon öfter gegeben, erinnert sich Lange. "Da bin ich ja tolerant." Aber dass der Müll mehr als zehn Tage lang bei höchsten Temperaturen in der Sonne gelegen habe, ohne dass die Müllabfuhr vorbei kam, die Situation komme ihm in Reinerzau zum ersten Mal unter. "Am 20. Juli haben alle ihre Gelben Säcke rausgestellt, weil sie einen Tag später hätten abgeholt werden sollen." So stand es auf dem Plan. "Aber Pustekuchen", ärgert sich der Anwohner in Reinerzau.

Niemand fühlt sich zuständig

Er habe sich, nachdem die Reinerzauer vier Tage lang auf den Gehwegen über Plastikbeutel gestolpert seien, telefonisch an die Stadt gewandt. Dort hieß es, das Landratsamt sei zuständig. "Also habe ich da angerufen und hatte jemanden von der Abfallwirtschaft am Telefon, der mir sagte, das gehe ihn nichts an." Er müsse sich direkt an die Firma wenden, die mit der Müllabholung beauftragt sei. "Das finde ich unglaublich. Es muss das Landratsamt doch interessieren, was im Landkreis schief läuft", findet Lange.

"Wir haben leider nichts mit der Abholung der gelben Säcke zu tun", erklärt Sabine Eisele, Sprecherin des Landratsamts, auf Anfrage. "Vertragspartner des Dualen Systems Deutschland, das für die Entsorgung von Verpackungsabfällen verantwortlich ist, ist die Firma Remondis. Der Landkreis Freudenstadt ist für die Abfuhr und Verwertung von Verpackungsabfällen und damit auch für den Gelben Sack nicht zuständig. Dass wir diese in unseren Recycling-Centern annehmen, ist ein kostenloser Bürgerservice, zu dem wir nicht verpflichtet sind."

Früher seien die Gemeinden für die Abholung der Plastiksäcke zuständig gewesen. Das habe sich 1991 mit dem Inkrafttreten der Verpackungsverordnung geändert, die die Wirtschaft erstmals verpflichtete, in Umlauf gebrachte Verpackungen nach Gebrauch zurückzunehmen und einer Verwertung zuzuführen. Es entstand die gemeinsame Entsorgung von Verpackungen der in Deutschland tätigen Unternehmen der Lebensmittel- und Verpackungsbranche im dualen System.

Abholung erfolgt nachträglich doch

Alles, was das Landratsamt also tun konnte, war Langes Beschwerde an Remondis weiterzuleiten. Derweil hatte dieser sich auch selbst die Telefonnummer vom zuständigen Unternehmen herausgesucht. "Leider war da aber niemand erreichbar", meint er. Nach vier Tagen mit gescheiterten Anruf-Versuchen habe er eine Mail geschrieben, die von Remondis unbeantwortet blieb. "Inzwischen habe ich eine Antwort vom Landratsamt", freut sich Lange. Darin habe gestanden, dass Remondis ans Amt rückgemeldet habe, die Gelben Säcke werden um den 30. Juli abgeholt. Zur Frage nach den Gründen für die Verspätung und Zukunftsprognosen rät das Amt, direkt bei Remondis nachzufragen.

Keine Erklärung von der zuständigen Firma

Lange freut sich nun erst einmal über das Ergebnis, ärgert sich jedoch auch darüber, herumgeschickt worden zu sein, "weil sich niemand zuständig fühlt. Das Problem wird einfach ausgesessen. Dabei dachte ich, dass die Behörden für die Bürger da wären."

Unklar bleibt der Grund für die Verspätung. "Die Anfrage des Bürgers ist bei uns eingegangen, und die gelben Säcke werden nachgefahren", erklärt eine Mitarbeiterin der Regionalstelle Freudenstadt von Remondis auf Anfrage. "Wir haben zwei oder drei Tage Nachfahrzeit, das ist bei uns normal." Auf die Anmerkung, dass es diesmal wesentlich länger als drei Tage gedauert habe, möchte sie keine Antwort geben. Auch dazu, ob das wieder vorkommen könnte, schweigt sich die Mitarbeiterin aus. Dazu gebe sie keine Auskunft.