Gilt in der Branche als Vordenker: Alfred Ritter Foto: dpa

Er gilt als innovativ, vertrauensvoll, aber auch ein bisschen anstrengend: Alfred Ritter, bisher Chef beim Waldenbucher Schokoladenhersteller Ritter Sport. Vom kommenden Jahr an zieht er sich aus dem operativen Geschäft zurück – und übergibt den Posten an den bisherigen Produktionschef Andreas Ronken.

Stuttgart - Irgendwann wird der Chef zum Ali. Wer lange mit Alfred Ritter (61) zusammenarbeitet, darf ihn duzen und ihn bei seinem Spitznamen nennen: Ali. Am Freitag hat Ritter angekündigt, dass er den Chefposten zum 1. Januar an Andreas Ronken (48), bislang in der Geschäftsführung für Produktion und Technik zuständig, übergibt.

Für Mitarbeiter des Schokoherstellers Ritter Sport am Sitz in Waldenbuch (Kreis Böblingen) kam die Nachricht nicht völlig überraschend. Ritter habe immer gesagt, er sei keiner von jenen Firmenoberhäuptern, die nicht loslassen können, sagt Unternehmenssprecher Thomas Seeger.

An Ritters Führungsstil schätzen die Mitarbeiter, dass er ihnen immer sehr viel Freiheit gegeben hat. Gleichzeitig war sein Ziel immer, einmal in der Woche durch die Produktion zu laufen, um sich nach den Mitarbeitern zu erkundigen. Das hat er natürlich nur selten geschafft. Die Zeit. Denn das sei der anstrengende Teil an Ritter: seine zahlreichen Ideen. Zum Beispiel habe er seine Belegschaft ins Schwitzen gebracht, als er für manche Sorten wie zum Beispiel Kakao-Mousse die Rippchengröße verändert hat – wobei das Gewicht und die Form der Tafel gleich bleiben mussten. Die quadratische Tafel wurde übrigens 1932 von Ritters Oma Klara erfunden – weil die Tafel so besser in die Sportjackentasche passt.

Ideen hat Ritter auch jenseits von Waldenbuch viele. So ließ er 2012 im Osten Nicaraguas rund 2000 Hektar Land kaufen, um dort eine eigene Kakao-Plantage nach nachhaltigen Standards aufzuziehen. 2017 sollen die ersten Schokoladentafeln mit eigenem Ritter-Kakao produziert werden. Langfristig will der schwäbische Schokoladenhersteller ein Drittel seines Bedarfs von dort decken. Als Schlüsselerlebnis bezeichnete Alfred Ritter den Atomunfall in Tschernobyl 1986. „Da konnte ich nicht einfach weitermachen wie bisher“, sagt er. 1988 gründete er in Karlsruhe die Firma Paradigma, die sich auf Energie- und Umwelttechnik spezialisiert hat. Im Jahr 2000 kam Ritter Solar in Karlsruhe dazu, die solarthermische Großanlagen baut. Außerdem ist Ritter Gesellschafter der Firma Thermo-Hanf, die natürliche Dämmstoffe anbietet.

Als Enkel des Firmengründers war Ritter der dritte Alfred Ritter an der Spitze des Unternehmens. Dabei konnte er sich lange nicht vorstellen, die Firma selbst zu führen. Zunächst studierte er zwar Volkswirtschaft, brach dann aber ab, um ein Diplom in Psychologie zu machen.

Erst 2005 wechselte er vom Beirat in die Firmenführung, als die Geschäfte der Schokoladenfirma nicht mehr rund liefen. Es gelang ihm, das Ruder herumzureißen, er leitete eine Qualitätsoffensive ein und machte Ritter Sport internationaler. Im vergangenen Jahr verbuchte das Unternehmen erneut einen Rekordumsatz.

2014 hingegen, sein letzte Jahr an der Spitze des operativen Geschäfts, war geprägt von der Auseinandersetzung mit Stiftung-Warentest. Die Verbraucherschützer hatten dem Unternehmen 2013 die irreführende Kennzeichnung eines Aromas vorgeworfen. Stiftung Warentest verlor vor Gericht, dennoch war die Situation eine der schwierigsten in Ritters Karriere. Der Handel und die Verbraucher waren irritiert, manche schickten sogar Hassmails. In der Branche gilt der studierte Psychologe als Vordenker. Schon Ende der 90er Jahre wurde er als Ökomanager des Jahres ausgezeichnet, später folgte der Deutsche Solarpreis. Nach seinem Rückzug von der Firmenspitze dürfte er wieder mehr Zeit für sein Umweltengagement finden

Diejenigen seiner 1200 Beschäftigten, für die Herr Ritter noch nicht Ali ist, haben übrigens noch etwas Zeit, an ihrer Qualität als Duz-Mitarbeiter zu feilen – Ritter ist nicht aus der Welt. Im kommenden Jahr übernimmt er den Vorsitz im Beirat des Schokoladenherstellers.