Wenn so viel Freude über eine gute Entscheidung im Gemeinderat herrscht,

Wenn so viel Freude über eine gute Entscheidung im Gemeinderat herrscht, ist es eine undankbare Aufgabe, Wasser in den Wein zu gießen. Ja, es ist ein "großer Wurf", wie CDU-Fraktionschef Roland Tralmer es nannte, endlich ein Gesamtkonzept für das älteste Ebinger Viertel, das "Hufeisen" aufzustellen, an dem sich alle – und vor allem alle Betroffenen – beteiligen können, sodass Anwohner und Gäste, Händler, Gastronomen und Ärzte möglichst viel davon haben. Weil deren Interessen jedoch höchst unterschiedlich sind, kommt der Versuch, sie alle unter einen Hut zu bringen, der Quadratur des Kreises gleich.

Beispiel Wohnen: Verschiedensten Interessen – barrierefreies Wohnen für Senioren, günstiger Wohnraum für junge Familien und "Starterhaushalte", etwa Studenten und Singles, gehobene Qualität und Bezahlbares für alle – sollen im "Hufeisen" berücksichtigt werden. Der städtischen Wohnungsbaugesellschaft "aswohnbau" gehört derzeit aber nur ein freies Grundstück nördlich der Pfarrstraße. Der mit Abstand größte Teil der Häuser ist in privater Hand und das Stadtsäckel nicht so voll, dass die Stadt es sich leisten könnte, nennenswerte Bestände aufzukaufen und zu sanieren oder Privateigentümern Zuschüsse in einer Höhe zu geben, die sie zum Sanieren motivieren könnte. Fördergeld vom Staat gibt es nicht mehr.

Beispiel Parkraum: Erweitern lässt sich der öffentliche Raum nicht – so schön das wäre. Wollen Anwohner, wenn sie von der Arbeit kommen, einen Parkplatz in Wohnungsnähe, müssten Kunden der Händler, Patienten der Ärzte und Gäste der Lokale spätestens ab 18 Uhr jenseits des Hufeisens parken. Wie einfach sich das durchsetzen ließe, hat die bisherige Diskussion gezeigt.

Beispiel Aufenthaltsqualität: Sollen mehr Grün, Spielpunkte und Flächen für Außengastronomie ins "Hufeisen", geht das auf Kosten der Verkehrsflächen und des Parkraums – andernfalls müssten Häuser abgerissen werden, was dem Sinn einer Innenstadt – verdichtetes Wohnen – widerspräche.

Das Fazit: Im Prozess der städtebaulichen Entwicklungsplanung, der mit dem Gemeinderatsbeschluss am Donnerstag in Gang gekommen ist, wird viel Fantasie, werden jede Menge gute Ideen gefragt sein. Vor allem steht aber eines fest: Ohne Kompromisse wird es nicht funktionieren. Denn Aufenthaltsqualität und Autos, die zu Stoßzeiten im Zehn-Sekunden-Takt ins Hufeisen fahren und mit laufendem Motor halten, vertragen sich grundsätzlich nicht – da beißt die Maus keinen Faden ab. Das Parkleitsystem, das schon vor den Toren des Hufeisens anzeigt, wie viele Kurzzeitparkplätze dort noch frei sind, kann helfen – wenn sich die Autofahrer daran halten. Jenen, die es nicht tun und ihre großen Autos in die letzte noch vorhandene Lücke zwängen, wird die Stadt nur Herr, wenn sie endlich konsequent handelt und nicht nur Knöllchen verteilt, sondern dreiste Falschparker in Rettungszufahrten und auf Gehwegen auch mal abschleppt. Was die Aufwertung der Wohnqualität angeht, so wird das dauern – da ist Geduld ebenso gefragt wie das Engagement derer, die ein Haus im Hufeisen besitzen.

Ein Schluck Wein zum Schluss muss dennoch sein: Dass endlich die große Lösung für das an sich schönste Ebinger Viertel angepackt wird, ist ein sehr guter Anfang. Und das Beste daran: Alle dürfen daran mitarbeiten. Auf geht’s!