Es war ein ermutigender, aber auch ein ernüchternder Abend, das Gemeindeforum

Es war ein ermutigender, aber auch ein ernüchternder Abend, das Gemeindeforum in Tailfingen: ermutigend, weil die evangelische Kirchengemeinde sich beherzt aufgemacht hat, ihren Immobilienbestand ihren tatsächlichen Einnahmen und der Zahl der Gemeindeglieder anzupassen, ernüchternd, weil jetzt feststeht, dass sie sich vom Gemeindehaus Moltkestraße trennen und Alternativen schaffen muss, die Geld kosten und im schlimmsten Fall eine Kirche vom reinen Sakral- zum Mehrzweckbau machen.

Aber muss das tatsächlich sein? Nein, sofern mehrere Akteure schwungvoll über ihren Schatten springen und gemeinsam handeln. Vorschlag: Die Stadt kauft das Gemeindehaus Moltkestraße, reißt es ab, baut es neu, größer und barrierefrei, mit viel Glas und dem ganzen Programm an umweltschonender Energie- und Wasserversorgung – Zisterne, Erdwärme, Fotovoltaik. Das Erdgeschoss dominiert ein Saal mit abtrennbarer Küche, der für Konzerte und Lesungen ebenso genutzt werden kann wie für das Café Senior, das Freitagsbuffet, jede Art von Familien- und Firmenfeiern, ja sogar für Kochkurse. Die Volkshochschule könnte sie dort anbieten, aber auch viele weitere Kurse, denn im zweiten Obergeschoss finden flexibel abteilbare Räume Platz, die wiederum auch Musikgruppen und Vereine, der Kirchengemeinderat, die Sozialstation sowie die Musik- und Kunstschule nutzen können. Ihr zur Verfügung steht zudem der abwaschbar geflieste Malraum im ersten Stock, in dem Staffeleien vorhanden sind, aber auch ein paar Werkbänke, was ihn für Vhs-Kurse und die Bastelstunde der Stadtbücherei nutzbar macht. Den Löwenanteil des Zwischengeschosses belegt nämlich die Stadtbücherei, ergänzt um Regale der evangelischen – und gerne auch der katholischen – Kirchengemeinde. Sitzgelegenheiten für alle Altersgruppen und eine Kaffeemaschine laden zum Verweilen ein, und ein Leseforum davor, mit Blick durch die Glastür auf die Bücherei, steht für den Lesezirkel, für Bibelkreise und sonstige, aufs Buch bezogene Veranstaltungen zur Verfügung.

Die Idee hat so viele Vorteile, dass sie sich kaum aufzählen lassen: Die Stadt hat endlich helle, moderne Veranstaltungsräume mitten in Tailfingen und nicht nur in der Zollernalbhalle. Wer sie nutzt, kommt durch die Adlerstraße, die Kronenstraße oder über den Markt, was allen Geschäftsinhabern, Gastronomen und Marktbeschickern helfen würde, die dort etwas verkaufen wollen. Denn bisher gehen Nutzer der Stadtbücherei zum Uhlandsgarten und daher nicht durchs Geschäftsviertel. Die dortigen Büchereiräume könnte die aswohnbau zu attraktiven Wohnungen umbauen – mit der Lutherschule samt Turnhalle und demnächst einem Edeka in nächster Nähe.

Ein solches Gemeinschaftshaus wäre ausgelastet, hoch frequentiert und strahlte durch die Glasfronten Licht und mit seinen Themen – Kirche, Bildung, Vereine, Kultur – positiv in die Umgebung aus, was anziehend auf Wohnbau-Investoren wirken würde, so viel ist sicher. Und die evangelische Kirchengemeinde? Könnte Umbaukosten an Paulus- oder Peterskirche sparen, den Verkaufspreis einstecken und dafür bei der Stadt mieten, ebenso wie Vereine, Vhs, Musik- und Kunstschule sowie private Nutzer. Geteilte Kosten und ein Leuchtturmprojekt in der Stadtmitte bieten riesige Chancen. Für alle. Wie wär’s?