Eine unbeschwerte Kindheit? Das ist nicht selbstverständlich. Ein Grund für Probleme können Alkohol und andere Drogen in der Familie sein. Dazu startet die Stiftung "Eigen-Sinn" eine Aktionswoche.
Freudenstadt - Etwa 2,65 Millionen Kinder in Deutschland leben nach offiziellen Schätzungen in suchtbelasteten Familien. Man nennt sie auch "die vergessenen Kinder". Kinder und Jugendliche, denen oft das Kind- und Jungsein genommen wird, die viel zu früh Verantwortung übernehmen müssen, die sich nicht trauen, über die Probleme zu Hause zu sprechen; Probleme, die sich in den Corona-Jahren noch vervielfältigt haben.
Auf das Schicksal dieser Kinder macht Nacoa aufmerksam, eine internationale Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien. Sie ruft alle Jahre eine Aktionswoche aus, in diesem Jahr vom 13. bis 19. Februar. Einmal mehr steigt die Kinderwerkstatt "Eigen-Sinn" in Freudenstadt mit einem eigenen Programm in die Aktionswoche ein. Dabei können Kinder eine Woche lang täglich kostenlos zu den Aktivitäten in der Kinderwerkstatt stoßen.
Provinz ist keine heile Welt
Bei Spielen drinnen und draußen, bei Gesprächen, Filmen, Aktionen und Diskussionen sollen die Sucht durch Drogen und Alkohol, der Umgang mit dem Thema sowie die Folgen und Begleiterscheinungen von Süchten thematisiert werden. Dazu gibt es gute Gründe, findet Hoevel. Alkoholismus und Drogen sind auch in der Provinz und im Kreis Freudenstadt gegenwärtig.
Mit der "Seifenblase" hat die Kinderwerkstatt "Eigen-Sinn" schon vor Jahren eine eigene Gruppe für Kinder aus betroffenen Familien ins Leben gerufen. Sie wird seit 2018 geleitet von der Erzieherin Viola Hoevel (25). Derzeit sind fünf bis sieben Kinder und Jugendliche in der Gruppe. "Es waren schon sehr viel mehr, und das kann manchmal ganz schnell gehen", berichtet Hoevel. Die Gruppe kommt einmal wöchentlich für etwa vier Stunde zusammen.
Neues Wir-Gefühl
Nach dem Essen und manchmal auch Hausaufgabenhilfe geht es meist ins Freie zum Wandern, Spielen, zu Einzel- und Gruppengesprächen, zu gemeinsamen Aktionen und vielem anderen mehr. "Wir wollen Kindern wieder Mut machen. Mut zum Reden, Mut, zu sich selbst und in der Gruppe das Wir-Gefühl zu finden. Die Kinder können spüren, dass sie wertvoll sind, dass wir sie so nehmen, wie sie sind, egal was bei ihnen zu Hause ist", sagt Hoevel. Zu diesem Konzept zählt auch intensive Elternarbeit. In der Pandemie, vermutet Viola Hoevel, hätten es viele Kinder noch schwerer: "Ihnen fehlen die Kontakte. Sie ziehen sich zurück. Manche machen sogar Rückschritte, müssen neu motiviert werden und Ansprechpartner finden."
Das Programm:
In die Nacoa-Aktionswoche bindet sich daher auch die gesamte Kinderwerkstatt "Eigen-Sinn" mit allen Gruppen und allen gut 15 pädagogischen Mitarbeitern wie Sozialpädagogen, Erzieherinnen und Erzieher, mit Praktikantinnen und Lehrlingen mit ein. Auftakt ist am Montag, 14. Februar, von 14.30 bis 16 Uhr mit dem Selbsttest "Rauschbrille" – ein Instrument, das vor Augen führt, wie die Welt im Alkoholrausch aussieht. Am Dienstag, 15. Februar, geht es von 15 bis 16.30 Uhr um das gleiche Thema, danach wird gemeinsam gefilzt. Am Mittwoch, 16. Februar, wird von 15 bis 16.30 Uhr der Film "Zoey" gezeigt. Er handelt von einem Mädchen, das in jungen Jahren vor schweren Prüfungen steht. Dieser Film soll vor allem Mädchen und Jungen im Alter von 13 bis 16 Jahre ansprechen. Anschließend gibt es eine Diskussion. Am Donnerstag, 17. Februar, gilt es von 15 bis 16.30 Uhr für junge Leute zwischen 13 und 16 Jahren, einen Parcours mit der "Rauschbrille" zu bewältigen. Das wird am Freitag, 18. Februar, von 15.30 bis 16 Uhr auch für Kinder zwischen acht und 13 Jahren angeboten. Die 13- bis 16-Jährigen können sich derweil im Mixen von alkoholfreien Cocktails üben.
Anmeldungen sind möglich unter E-Mail v.hoevel@kiwe-eigensinn.de.