Kommunales: Aichhalden geht beim Projekt "Kaltes Nahwärmenetz" nun doch in eine andere Richtung

Kehrtwende beim Projekt "Kaltes Nahwärmenetz" im kurz vor der Erschließung stehenden Wohnbaugebiet "Güntershöhe III": Statt der bisher favorisierten zentralen Variante macht eine Insellösung das Rennen.

Aichhalden. Mit dem Thema Kalte Nahwärme beschäftigte sich der Gemeinderat schon mehrfach (wir berichteten).

Nachdem in der Januar-Sitzung das Büro Schäffler Sinnogy aus Freiburg eine Machbarkeitsstudie vorstellte, war das Ratsgremium noch mehrheitlich für ein zentrales Versorgermodell mit einem Betreiber. Allerdings äußerten die Räte nach Auskunft von Bürgermeister Michael Lehrer in einer danach erfolgten nichtöffentlichen Sitzung Zweifel, ob das Büro Schäffler der richtige Partner für die Gemeinde ist, da das Vertrauen fehlte. "Was Schäffler uns angeboten hat, passt nicht nach Aichhalden", nannte der Bürgermeister als Grund, weshalb die Zusammenarbeit mit Schäffler beendet und die Endura Kommunal aus Freiburg und das Ingenieurbüro Tewag aus Starzach mit der weiteren Projektbegleitung beauftragt wurden.

In Vorgesprächen mit Tewag sei die Frage aufgetaucht, ob eine dezentrale Heizversorgung durch Erdwärme nicht die bessere Variante darstelle. Dies würde bedeuten, dass auf jedem Grundstück Bohrungen stattfinden müssten. "Ziel der Verwaltung ist, eine ökologische und wirtschaftliche Lösung zu finden. Wir wollen etwas schaffen, bei dem wir uns von anderen Kommunen abheben. Es muss ein Konzept sein, das die Bauherren überzeugt", übergab Lehrer das Wort an Referentin Laura Fritsche von Endura Kommunal.

Ihr zufolge beinhaltete der Beratungsauftrag die Untersuchung der technischen Realisierbarkeit, Systemunterscheidung und jeweilige Investitionskosten der Varianten Netz und Insel sowie die mögliche staatliche Förderung; außerdem die Gesamtkosten aus Sicht der Gemeinde, Wärmegestehungskosten der Bauherren und Vergleiche mit alternativen Heizkonzepten.

Bei der Insellösung erhalte die Gemeinde keine Förderung für die Erdwärmesonde, nur die Bauherren. Sie werde sich voraussichtlich ab 2021 zum schlechteren wenden, so die Expertin. Das Kalte Nahwärmenetz müsse zeitkritisch betrachtet werden, da die Fördermittel vor Beginn der Maßnahmen bewilligt sein müssen. Außerdem erfordere die Stellung des Antrags einen deutlichen höheren Aufwand.

Im Ergebnis bedeute die Wärmeversorgung im Neubaugebiet mit der Erdwärmesonde Mehrinvestition für die Grundstückseigentümer gegenüber einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Bei der Insellösung rund 100 Euro, beim Netz circa 700 Euro pro Jahr für ein Einfamilienhaus. Die Erdwärmesonde sei die ökologischste Variante. Eine bessere Option stellten nur Pellets dar, wenn der Bauherr den Strom von seiner eigenen Fotovoltaik-Anlage beziehe. "Beim Ausstoß von Luftschadstoffen schneidet aber wieder die Erdwärmesonde besser ab", stellte Fritsche gegenüber.

Lehrer rechnete: "Der Bauplatz in ›Güntershöhe III‹ wird auf 150 Euro je Quadratmeter kalkuliert. Inklusive der Bohrung müssten wir 163 Euro verlangen, damit wären wir gegenüber anderen Kommunen noch konkurrenzfähig. Ohne Förderung liegt der Quadratmeterpreis bei 171 Euro, da sieht‘s dann anders aus." Bei der Kalten Nahwärme sah er hinsichtlich der Mehrkosten von 700 Euro jährlich die Gefahr, dass nicht alle Bauherren ans Netz anschließen.

Ratsmitglied Marcus Storz vertrat die Ansicht, den Häuslebauern die Möglichkeit offen zu lassen, wie sie heizen wollten. Er bezeichnete es als Unsinn und Lücke im Gesetz, weshalb die Gemeinde keine Förderung erhalte, wenn sie etwas Gutes fürs Klima tun wolle. Ratskollege Uwe Scheerer stellte die Frage, ob das Vorhaben noch einen ökologischen Sinn habe, wenn die Gemeinde die Bohrungen übernehme und die Bauherren die Möglichkeit der Erdwärme nicht nutzten.

Lehrers Vorschlag der Insellösung, bei der die Bauherren die Bohrung selbst übernehmen und die Gemeinde hierfür ein Förderprogramm auflegt, befürworteten die Räte einstimmig. "Ich habe mit allem gerechnet, aber nicht mit einem solchen Beschluss", schmunzelte der Bürgermeister. Er will demnächst eigens im Umweltministerium in Stuttgart vorstellig werden, um eine Förderung für die Gemeinde auszuhandeln. Zuvor wurde der Beschluss über das Kalte Nahwärmenetz vom Januar mit einer Enthaltung aufgehoben.