Sie waren jahrzehntelang für ihre Kunden da: Mitarbeiterin Erika Wilhelm (von links), Hermann und Annegret Roth sowie Mitarbeiterin Sabine Arnold. Nicht auf dem Foto ist Mitarbeiterin Gerlinde Pfau Foto: Fritsche Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Tochter Myriam Roth will die Bäckerei zu einem Café und Bistro umbauen und 2020 starten

In Aichhalden geht eine Ära des Bäckerhandwerks zu Ende: Nach 40 Jahren geht Bäckermeister Hermann Roth in den Ruhestand und die Traditionsbäckerei schließt für immer.

Aichhalden. Am Samstag, 28. September, wird Bäckermeister Hermann Roth zum letzten Mal mitten in der Nacht aufstehen, den Backofen anheizen und den Teig für Brot und Brötchen ansetzen. 1979 hatte er die Bäckerei als junger Bäckermeister von seinem Vater übernommen. Schon seit 1900 stellen die Vorfahren der Familie Roth in der Aichhalder Hauptstraße beim Rathaus Brot und feine Backwaren her.

Schätzungsweise 2000 Tonnen Mehl hat er im Lauf der Jahre verarbeitet, zwei Tonnen alle 14 Tage, in Säcken zu 50 Kilo, in den vergangenen Jahren zu 25 Kilo, vom Lager in die Backstube geschleppt. Für den Laden, der um 6.15 Uhr öffnete, war seine Frau Annegret zuständig: Immer mit guter Laune und einem Lächeln für die Kunden, die sich auf noch warme Weckle, Brezeln und Brote freuten.

Annegret musste nicht ganz so früh aufstehen wie ihr Mann: Kurz nach drei Uhr nachts schon ging es für den Bäckermeister los, auch sein fester Mitarbeiter durfte etwas später anfangen. Auf sieben Stunden Schlaf kommt Herman Roth also nur, wenn er nachts vier und nachmittags noch einmal drei Stunden schläft. Da ist es klar, dass es heutzutage selbst in der eigenen Familie schwer ist, einen Nachfolger zu finden. "Diese Nachtarbeit will man den Kindern heute nicht mehr zumuten", meint Annegret Roth. Deshalb fänden sich auch kaum noch Auszubildende für diesen Beruf.

Tochter Myriam geht deshalb andere, aber nicht völlig neue Wege: Sie hat sich entschlossen, das komplette Erdgeschoss der bisherigen Bäckerei zu einem Café und Bistro umzubauen. Alle Umbau- und sonstige Anträge bei der Gemeinde und beim Landratsamt in Rottweil sind schon gestellt. Myriam, die beruflich bereits viel Erfahrung in der Gastronomie gesammelt hat, wird selbst gebackenen Kuchen und kleine Gerichte anbieten. Dafür reicht dann ein kleinerer Backofen, der große wird ausgebaut. Circa ein Jahr wird es dauern, bis alles fertig ist, so die Planung.

Hermann und Annegret Roth werden, wenn sie den große Backofen endgültig außer Betrieb nehmen, erst mal eine Städtereise nach Rom machen. Hermann Roth wird dann einige Nächte brauchen, bis er nicht mehr um drei Uhr aufwacht und den Ruhestand und das Durchschlafen genießen. Und er freut sich, seine Zeit frei zu gestalten.

Annegret Roth wird ab Spätherbst in der Gastronomie arbeiten, und zwar bei ihrem Bruder in der Hirschbrauerei in Flözlingen. Alle anderen Mitarbeiter der Bäckerei Roth haben bereits ab Oktober eine neue Stelle. "Wir wünschen Bäckermeister Hermann Roth und seiner Frau für die Zukunft alles Gute, vor allem Gesundheit. Dem neuen, mutigen Projekt von Miriam Roth wünschen wir zu gegebener Zeit einen guten Start und viel Erfolg", bedankt sich Bürgermeister Michael Lehrer im Aichhalder Gemeindeblatt für die jahrzehntelange Treue zur Gemeinde.