Verteidigungsminister Thomas de Maizière (links) steht zusammen mit Brigadegeneral Dirk Backen im Bundeswehr-Feldlager in Masar-i-Scharifam Ehrenhain zur Erinnerung an die gefallenen Soldaten. Foto: dpa

Der Verteidigungsminister macht sich persönlich ein Bild der Lage am Hindukusch.

Masar-i-Scharif/Berlin - Zwei Wochen nach einer beispiellosen Anschlagsserie gegen die Bundeswehr hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière überraschend die Soldaten in Afghanistan besucht. Im Hauptquartier der Bundeswehr in Masar-i-Scharif ließ er sich über die Operationsplanung unterrichten und warb bei den Soldaten für seine Bundeswehrreform. Er wolle sich ein „ungeschminktes Bild“ von der Lage am Hindukusch machen, sagte der CDU-Politiker. Es war der zweite Truppenbesuch de Maizières seit seinem Amtsantritt Anfang März.

Die Bundeswehr hatte Ende Mai und Anfang Juni drei Anschläge innerhalb von neun Tagen zu verkraften. Dabei wurden vier Bundeswehrsoldaten getötet und zwölf verletzt, darunter der Kommandeur der Bundeswehr in Afghanistan, Generalmajor Markus Kneip. De Maizière hatte bei der Trauerfeier für die Gefallenen einen Strategiewechsel ausgeschlossen. „Terroristen dürfen nie das letzte Wort haben“, sagte er.

Besuch bei verwundeten Soldaten

Vor seinem Abflug nach Afghanistan besuchte de Maizière die verwundeten Soldaten im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz. In Masar-i-Scharif gedachte er zunächst am Ehrenhain des Feldlagers der Gefallenen. 34 Bundeswehrsoldaten sind in den vergangenen zehn Jahren bei Gefechten oder Anschlägen in Afghanistan getötet worden, insgesamt kamen 52 deutsche Soldaten dort ums Leben.

De Maizière hatte die Soldaten in Afghanistan erstmals Ende März besucht. Er hatte sich damals vorgenommen, etwa alle drei Monate an den Hindukusch zurückzukehren. Im Gegensatz zu seiner ersten Visite verzichtete er diesmal auf eine Medienbegleitung. „Ich bin heute hierhergekommen, ohne Begleitung, ohne Presse, um ein ungeschminktes Bild von der Lage zu erhalten“, sagte der Minister.

De Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg war von der Opposition vorgeworfen worden, seine Afghanistanbesuche medienwirksam zu inszenieren. Im vergangenen Dezember sorgte der CSU-Politiker für einen Sturm der Entrüstung, als er mit seiner Frau Stefanie und einem Team des Star-Moderators Johannes B. Kerner nach Afghanistan reiste. Bei den Soldaten kamen die Afghanistanvisiten Guttenbergs aber stets gut an.

De Maizière wirbt für Bundeswehr-Reform

Der Verteidigungsminister nutzte den Besuch auch, um die Soldaten über seine Reformpläne zu informieren. „Ich bitte Sie, bei der Neuausrichtung aktiv mitzumachen und zwar nicht, weil Sie müssen, sondern weil Sie wollen“, sagte er in einer Ansprache. „Wichtig bei der Neuausrichtung der Bundeswehr ist, dass wir Mentalitäten und Denkweisen positiv ändern.“

De Maizière hatte sein Reformkonzept Mitte Mai vorgestellt. Danach soll die Bundeswehr von 220.000 auf 175.000 bis 185.000 Soldaten verkleinert werden. Gleichzeitig sollen aber 10 000 statt bisher 7000 Soldaten für Auslandseinsätze bereitgehalten werden.

Die Bundesregierung stellte unterdessen erneut eine Million Euro für afghanische Flüchtlinge im Iran zur Verfügung. Die Lebensumstände dieser mehr als eine Millionen Menschen seien weiter kritisch, sagte Außenministerminister Guido Westerwelle zur Begründung. Die Mittel für die medizinische Grundversorgung der Menschen wurden dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Verfügung gestellt.