Es ist ein Paukenschlag in der St. Georgener Wintersportlandschaft: Nach der Saison stellt der älteste Skilift Oberkirnachs den Betrieb ein. Im Gespräch schildern Hartmut und Waltraud Haas, warum der Kesselberglift bald für immer still steht.
„Schauen Sie raus“ – so bringt Hartmus Haas den Grund für das Aus des Oberkirnacher Kesselberglifts im Gespräch mit unserer Redaktion auf den Punkt. Denn die Wiesen sind grün, nicht mit einer weißen Schneeschicht bedeckt.
Das Problem
Das Bild, das sich schon fast den ganzen Winter lang bietet, ist in den vergangenen Jahren immer häufiger geworden. „Seit etwa zehn Jahren geht es stetig bergab“, sagt Haas. Und er muss es wissen: Seit 1994 betreiben Hartmut und Waltraud Haas den Kesselberglift – bis 2021 mit Matthias Hils.
Nun aber soll mit dem Liftbetrieb am Kesselberg Schluss sein. Denn auch wenn es schon in der Vergangenheit immer mal wieder Winter gegeben habe, in denen die Betriebstage rar gesät waren, so wurde das Problem in jüngster Zeit immer größer: Stetig ging es mit der Schneemenge bergab, die Betriebstage pro Winter sanken.
„In den vergangenen Jahren haben wir auch schon bei rund 20 Zentimetern Schnee geöffnet“, verdeutlicht Waltraud Haas. „Das hätten wir früher nie getan“ – auch weil das Skifahren bei diesen nicht idealen Bedingungen weniger Spaß mache als wenn richtig viel Schnee liege. Doch andernfalls hätte der Skilift in jüngerer Vergangenheit noch seltener laufen können, betont sie.
Schon so sind die Tage, an denen man in Oberkirnach noch Ski fahren kann, äußerst begrenzt: Vier Betriebstage verzeichneten Hartmut und Waltraud Haas in der Saison 2022/2023. Während des aktuellen Winters konnte der Lift bislang nur an einem Wochenende Anfang Dezember laufen. Das sei schlicht zu wenig, um den Kesselberglift noch wirtschaftlich zu betreiben. Denn Versicherungen, Sprit, Strom und Tüv müssen bezahlt werden – und diese Betriebskosten seien in den vergangenen Jahren noch gestiegen, sagt Waltraud Haas. Da sei es mittlerweile schwer, noch null auf null herauszukommen – davon, dass die Vorbereitung der Piste und der Betrieb des Lifts ja auch noch Zeit kosteten.
Die schwere Entscheidung
Hartmut und Waltraud Haas haben, wie sie selbst sagen, aufgrund dieser Umstände schon länger darüber nachgedacht, wie lange sie den Kesselberglift noch betreiben können. Im Frühjahr des vergangenen Jahres sind sie dann zu einem schweren Schluss gelangt: Die nun zu Ende gehende Saison ist die letzte des Kesselberglifts gewesen. „Man macht es ja auch aus Spaß und Überzeugung“, bekräftigt Waltraud Haas. Doch am Ende noch draufzuzahlen, um den Lift zu betreiben – das möchte das Ehepaar nicht. „Kein Schnee, kein Lift – so einfach ist das“, sagt Hartmut Haas.
Die Reaktionen
Die regelmäßigen Liftbesucher, denen sie von ihrem Entschluss erzählten, hätten den Verlust bedauert, sagt Waltraud Haas. Denn viele von ihnen hätten dem Lift bereits über Jahre die Treue gehalten und die Möglichkeit, ein solches Angebot fast direkt vor der eigenen Haustür zu haben, sehr geschätzt. „Aber letztendlich haben sie es verstanden.“
Die Historie
Der Kesselberglift ist Oberkirnachs ältester Skilift: Bereits zur Saison 1966/1967 ging er in Betrieb. Artur Summ, Villinger Skiclubmitglied und Unternehmer, war Investor und Ideengeber. Denn am Kesselberg wird schon seit Langem Ski gefahren – anfangs eben ohne Liftanlage.
Unter anderem war es der große Andrang am Kesselberglift, der dafür sorgte, dass es in Oberkirnach heute mit dem Schlossberglift, dem Oberen Schlossberglift, dem Brigachlift und dem Winterberglift noch vier weitere Anlagen gibt. Auch beim Kesselberglift gab es Veränderungen: 1977 gab Artur Summ die Liftanlage ab. Die Familien Hils und Stockburger übernahmen. Schließlich stiegen 1994 Waltraud und Hartmut Haas anstelle von Johann Georg Stockburger ein. Flutlicht wurde installiert, ein Pistenbully angeschafft und die Kesselbergmühle zum Kiosk umgebaut.
Und nun ist der erste in Oberkirnach eröffnete Lift auch derjenige, der als erstes seinen Betrieb einstellt.
Der Abschied
Hartmut Haas blickt wehmütig, aber auch dankbar auf die vergangenen Jahre zurück. Er freut sich über die vielen Wintersportbegeisterten, die dem Lift treu waren. Gerne hätte er sich bei ihnen noch mit einem Abschiedswochenende bedankt. Doch wetterbedingt war das in diesem Winter keine Option. „Es tut uns weh, dass wir uns auf diese Art und Weise verabschieden müssen“, sagt er.
Wie es weitergeht
Die Liftanlage soll bald abgebaut werden – wann genau das sein wird, kann Hartmut Haas noch nicht sagen. Danach werden er und seine Frau versuchen, den Lift zu verkaufen. Große Hoffnungen machen sie sich aber nicht – immerhin sei die Anlage fast 60 Jahre alt.