Unruhen in Ägypten: Mindestens 95 Menschen ums Leben gekommen - Regierung zurückgetreten.

Kairo - Bei den landesweiten Unruhen in Ägypten sind nach einer Zählung des arabischen Senders Al-Dschasira seit Freitag mindestens 95 Menschen ums Leben gekommen. Die Zahl der Verletzten bei den jüngsten Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten in Kairo, Alexandria und Suez bezifferte der Sender am Samstag mit 1000. Unterdessen trat Ägyptens Regierung zurück, wie Medien aus Kairo meldeten. Unter dem Eindruck der Massenproteste gegen sein Regime hatte Präsident Husni Mubarak in einer Fernsehansprache am Freitagabend die Bildung einer neuen Regierung angekündigt. Er hatte in der Ansprache vor Chaos gewarnt und „neue Schritte hin zu mehr Demokratie“ sowie eine Verbesserung des Lebensstandards versprochen. Die Mitglieder der neuen Kabinetts sollten noch am Samstag benannt werden. Der in Kairo unter Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei forderte Mubarak in einem Interview des Senders Al-Dschasira zum Rücktritt auf. Der frühere Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA war erst am Donnerstag nach Ägypten zurückgekehrt. Er gilt vielen als Hoffnungsträger und als möglicher Nachfolger des 82-jährigen Mubarak, der seit 1981 regiert.

Kairo - Der ägyptische Oppositionspolitiker Mohamed ElBaradei hat Präsident Husni Mubarak erneut zum Rücktritt aufgefordert. Mubarak sei gescheitert, sagte ElBaradei am Samstag in einem Telefon-Interview dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira. Mubarak sollte sich zurückziehen und sich nicht erneut zur Wahl stellen. Der frühere Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) rief den Staatschef auf, eine Rahmenordnung für die Übergabe der Macht abzustecken. Dies sei der einzige Weg, um die Straßenproteste zu stoppen.

Rede des Präsidenten am Freitagabend enttäuschend für Ägypter

Die Rede des Präsidenten vom Freitagabend, in der er die Bildung einer neuen Regierung angekündigt hatte, bezeichnete ElBaradei als Enttäuschung für die Ägypter. Mubarak hatte eine Umbildung des Kabinetts angekündigt, um die aufgeheizte Stimmung im Land zu beruhigen. Von Rücktritt sprach er allerdings nicht; das ist aber eine Kernforderung der Demonstranten. Am Samstag gingen erneut Tausende Menschen im ganzen Land auf die Straßen, um gegen den seit drei Jahrzehnten regierenden Mubarak zu protestieren. In der Stadt Alexandria ging die Polizei Augenzeugen zufolge mit scharfer Munition und Tränengas gegen die Demonstranten vor. Zur gleichen Zeit beriet das Kabinett über seinen Rücktritt.