Das Outfit sitzt perfekt, der Gesang ist es auch: Die AcaBellas legen einen glanzvollen Auftritt auf der großen Bühne hin. Foto: Szymanski

Unterhaltung: AcaBellas begeistern nach Corona-Zwangspause das Publikum in der Balinger Stadthalle mit Musik und Humor

AcaBellas – schon der Name ist ein Versprechen. Deshalb bleibt in der Stadthalle Balingen am Samstag kein Platz frei und kein Auge trocken.

Balingen. Ob in Grün gewandet wie ein knackiger Granny Smith oder silbern glänzend wie die Sterne am Oktoberhimmel: Die elf Frauen mit der Power eines Düsenjets, aber um Universen melodiöser, agieren stets charmant und lassen die rotzfrechsten Kabaretteinlagen und Liedtexte zu Hits aus der Rockära ins Publikum tropfen.

Moderatorin Heidrun Gimpl begrüßt die Gäste des Abends natürlich erst einmal gendergerecht: "Liebe Publikümer und Publikuminen, wir sind nach eineinhalbjähriger Pause ›Zurück im Glück‹." So heißt nämlich das neue Programm der AcaBellas.

Da muss man allerdings schon sattelfest sein im Schwäbisch. Denn die elf Sängerinnen, Tänzerinnen, Liedermacherinnen und Humoristinnen, die seit 20 Jahren als nebenberufliches Unterhaltungs-Ensemble immer wieder die Zuschauer zum Toben bringen, kultivieren das Idiom. "Des isch mir sowas von sausage", englischt die Moderatorin im Home-Office in ihr Tablet und verabschiedet sich mit: "In old vibration, I wish you wat." Und warum heißt es Muttersprache? "Weil der Babba nix zom saga hat."

Nun steigt Heidrun Gimpl auf ihren Plateau-Sohlen hinab und direkt auf Eberhart zu. Wegducken hilft da nicht. Aber er ist ein Volltreffer und lässt einen Witz los: "Zwei Schwiegermütter gehen zum Schwimmen. Die eine ist ersoffen, von der andern wollen wir’s hoffen." Die Zuschauer johlen.

Nun aber singen sie, die grasgrünen, schicken Frauen, fast schon im Stile des Belcanto, oft fünfstimmig mit kleinen Soloeinlagen vom Frauenbariton der "Schlaich" (Heike aus Geislingen) bis zu glockenhellen Tönen von Simone Lander. "Ond wa dur i dohoam im Kär?", fragen sie sich dann, um danach Trude Herrs Hit "Ich will keine Schokolade" umzudichten und eine Ferrero-Kugel gesanglich in den Backofen zu stellen. Oder sie texten den Hit "Perfect" von Ed Sheeran um: "Gugg se doch a." Kaum hat man sich vom Lachen und Staunen wieder erholt, geht es weiter im Programm. Woran man einen Mann in der Midlife-Crisis erkenne? "Er erweitert sein Jagdgebiet, obwohl die Munition knapp wird."

Über allem Musikalischen schwebt Daria Pflumm am E-Piano. Sie leitet den Chor seit acht Jahren, schult die Stimmen und sorgt für den besonderen Sound des Ensembles. Das funktioniert auch bei einer Salsa-Schnulze von Marc Anthony, der bei den AcaBellas zur "Josefine Wonderfitz" wird, die mit Fernglas und viel Sozialneid ihre Nachbarinnen beobachtet: Wie der Rasenroboter läuft und sie "nix duat als sich im Liegestuhl zu sonnen, und was der koscht hot…" Köstlich und frenetisch gefeiert auch das Hohe Lied auf die geduldigen, nie widersprechenden, zuhörenden, stets zum Anpacken bereiten – Männer? Nein, es sind die elektrischen Haushaltsgeräte, die da vielstimmig, fröhlich und wohltönend besungen werden.

Doch auf die Männer hat sich die Frauengruppe nicht eingeschossen. Genauso wenig kramen sie in ollen Humorkamellen, nehmen aber Themen des Alltags durchaus ins Visier, um sie überraschend neu und originell aufzubereiten – wie den Körperkult mancher Frauen. "Was die mit ihrer Figur machen, dafür käme ein Handwerker ins Gefängnis." Aber immerhin "ist mit einem Korsett der ganze Ranza weg". Sie besingen und spielen dieses Bekenntnis und zeigen aparte Mieder.

Doch nach der Pause drosseln die jetzt ganz in Silber gekleideten AcaBellas ein wenig den angesammelten Übermut. Mit blonden Perücken auf dem Kopf wird eine Hymne auf alle Frauen dieser Welt zelebriert. "Cool bleiben" heißt der Song, und er handelt vom Frauenwahlrecht, das es erst seit 100 Jahren hierzulande gibt, und von der Hälfte der Menschheit. "Aber wo bleibt die Gleichheit?" Diese Frage wird unterstrichen mit viel Beifall. "Denn was wäre die Menschheit ohne Frauen?"

Wir bleiben cool und hören der Moderatorin zu, die erst mit sechs Jahren erfuhr, dass sie nicht "Jessas, ka des Kind essa", sondern Heidrun heißt und sie deshalb ein Diät-Tagebuch führte. Und der Welthit "Girls, girls, girls" von Sailor wird zu "Kerls, Kerls, Kerls" mit Fracks aus Pappe.

Doch ran müssen die Techniker Toni und Michael zu einem Sechs-Augen-Gespräch mit Heidrun Gimpl auf dem Sofa über Mon Chéri aus der Zeit ihrer Firmung. Eine wunderschöne, vielstimmige Ballade über Freundschaft und tiefe Zuneigung beruhigt die Gemüter. Geschrieben haben das Lied die Geislinger Schwestern Sabine Schneider und "die Schlaich". Letztere übernimmt nicht nur oft den Part der frechen, deftigen Komikerin, sondern muss sich immer wieder rechtfertigen für ihre Haarpracht, für die sie selbst Tina Turner beneidet hätte. Sie ist echt, auch die Locken. Die Frauen seufzen, und die Männer ziehen anerkennend die Augenbrauen hoch.

"Frauen hört die Signale", in Abwandlung der "Internationalen" unterstützen auch eben diese Männer mit Klatschen, und das ganze geneigte und begeisterte Publikum ist bei den Zugaben restlos aus dem Häuschen und jubelt, klatscht und pfeift, was das Zeug hält. Denn jeder kennt Leonard Bernsteins Song aus der West Side Story "America". Und dann bekommen die Fans noch ein Geschenk: kunterbunte BHs.