Einer der Großen verließ die politische Bühne für immer: Wolfgang Schäuble. Im Schwarzwald-Baar-Kreis war der ehemalige Präsident des Deutschen Bundestags häufig zu Gast – und viele Christdemokraten in der Region hat er mit geprägt.
Entsprechend groß ist die Trauer über den Abschied für immer, nachdem der Politiker am zweiten Weihnachtsfeiertag in Offenburg verstorben ist.
Immer wieder war der prominente Christdemokrat im Schwarzwald-Baar-Kreis zu erleben. Zuletzt öffentlich als „Autor im Gespräch im Villinger Theater am Ring im Dezember 2022, wo er sein neues Buch „Grenzerfahrungen – wie wir an Krisen wachsen“ vorgestellt hat.
Auch die Kreis-CDU durfte den damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble immer wieder begrüßen, etwa als Unterstützer im Wahlkampf – 2017 sprach er auf Einladung der Kreis-CDU bei einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung über die damals „drängenden Fragen“ und stellte sich dabei auch bohrenden Fragen der 500 Gäste im Publikum. In zahlreichen Goldenen Büchern der Region hat sich Schäuble zeitlebens verewigen dürfen – im Oberzentrum Villingen-Schwenningen wünschte Schäuble 1998 im Goldenen Buch den Bürgern eine „gute Zukunft“ und auch in Furtwangen verewigte er sich 2001 im Zuge eines Festvortrags mit seiner Unterschrift auf den goldenen Seiten der Stadt.
Für Frei schon immer Vorbild
Doch nicht nur auf der großen Bühne, sondern auch im kleinen, persönlichen Kreis als wertvollen Unterstützer behalten Politiker aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis Wolfgang Schäuble offenbar in Erinnerung. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei etwa weiß noch genau, wie er ihn Anfang der Neunziger Jahre „bei meiner Arbeit in der Jungen Union und in der CDU“ kennengelernt hat. Frei war damals noch in seiner Heimat Bad Säckingen tätig und hatte tiefe Spuren im Leben des damals noch jungen Christdemokraten hinterlassen: „Wolfgang Schäuble ist mein ganzes politisches Leben Vorbild, Ratgeber und Unterstützer für mich gewesen“, schildert Thorsten Frei. Als „Architekt der Deutschen Einheit“ sei er einer der ausschlaggebenden Gründe dafür gewesen, „warum ich mich für Politik interessiert und letztlich auch engagiert habe“.
Im Deutschen Bundestag unvergessen sei sein Wirken als Bundesfinanzminister im Rahmen der Staatsschuldenkrise in Europa. „Er hat auf Reformen und Sparsamkeit gedrungen und ist dabei auf viel Widerstand in ganz Europa gestoßen“, erinnert sich der CDU-Kreisvorsitzende der Region, der auch stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin ist. „Heute sehen wir, wie richtig er damit lag und wie er damit unsere gemeinsame europäische Währung nachhaltig gestärkt hat.“ An den Trauerfeierlichkeiten wird Thorsten Frei persönlich teilnehmen.
Für „alle Schichten der Bevölkerung“
Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft der CDU wird im Schwarzwald-Baar-Kreis seit vielen Jahren vom Kreisvorsitzenden Gottfried Schmidt vertreten. Er hat am Mittwoch auf einer Heimfahrt von Trossingen nach Villingen-Schwenningen „die furchtbare Nachricht vom Tode von Wolfgang Schäuble erfahren“ und zeigte sich „zutiefst betroffen“. Auch wenn er Wolfgang Schäuble „leider“ nie persönlich kennengelernt habe, steht für Schmidt fest: „Mit ihm verliert unser Land nicht nur einen großartigen Politiker – sondern auch einen großartigen Menschen.“
Eines seiner vielen Markenzeichen sei es gewesen, „nie mit dem Strom“ zu schwimmen und auf Umfragewerte zu schielen. „Er hatte stets das Wohl von unserem Land, von allen Schichten der Bevölkerung, im Fokus“, lobt der CDA-Vorsitzende im Schwarzwald-Baar-Kreis. Schäuble sei ein Politiker, der über 50 Jahre dem Bundestag angehörte, zahlreiche führende politische Ämter begleitet habe – „und sich selbst von einem feigen Attentat nicht bremsen ließ“. Da könne man zurecht „von einem ganz großen Politiker und Menschen“ sprechen. Besonders beeindruckt und auch in seiner Funktion als CDA-Kreisvorsitzender geprägt hätten ihn Schäubles Geradlinigkeit, seine Hartnäckigkeit und sein Fingerspitzengefühl. „Von ihm habe ich gelernt, stets meine eigene Meinung zu sagen.“ Und Gottfried Schmidt ist sich sicher: „Um Wolfgang Schäuble trauert unser ganzes Land.“
„Er werde einsam, hat er gesagt“
Der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab durfte Wolfgang Schäuble am 9. April diesen Jahres noch bei seiner Feier zum 50. Geburtstag in der Neuen Tonhalle in Villingen begrüßen. Bei dieser Gelegenheit hat Wolfgang Schäuble auch das Wort ergriffen – doch besonders in Erinnerung geblieben sind Andreas Schwab die leisen Gespräche am Tisch. „Er saß mit mir und Erwin Teufel am Ehrentisch“, erzählt Andreas Schwab im Gespräch mit unserer Redaktion – und er sei gewesen „wie immer“, „sehr schlagfertig“ und äußerst „präzise in der Wahrnehmung der Probleme in der Welt“, erinnert sich Schwab. Auch Persönliches sei gesprochen worden – über das Alter hätten sich die Männer unterhalten, „er werde einsam, hat er gesagt“, gibt Andreas Schwab einen Teil des Gesprächs wieder. Wolfgang Schäuble sei ein Geber guter Ratschläge gewesen, habe immer sehr problembezogen nach Lösungen gesucht – „das ist etwas, das fehlen wird“.
Als Andreas Schwab Kreisvorsitzender der Jungen Union gewesen sei, habe Schäuble schon die CDU-Landesgruppe geführt. „Ich habe ihn erst kennengelernt nach dem Anschlag, als er Innenminister war“. Ein „freundlicher Mensch“ sei er gewesen, der auch immer Bescheid gewusst habe über den Nachwuchs, der aus der JU zur CDU gekommen sei. „Und er hat jedem eine Chance gegeben.“
„Er war nicht nur anderen gegenüber hart, sondern auch sich selbst gegenüber – manchmal vielleicht sogar zu sehr“, sinniert Schwab und bemerkt, Schäuble habe sich zu anderen Menschen öffentlich stets vorsichtig positioniert, so habe er nach Andreas Schwabs Wahl zum CDU-Bezirksvorsitzenden etwa über ihn gesagt: „Nach allem, was ich weiß, ist der Schwab ja ein Guter...“
Der Europaabgeordnete will möglichst persönlich an der Trauerfeier für Wolfgang Schäuble teilnehmen, aber das nicht wegen dessen zahlreicher politischer Ämter, „sondern, weil ich ihn persönlich gut gekannt habe“.