Hans-Ulrich Hofmann wird nicht mehr lange in seinem Arbeitszimmer des Pfarrerhauses neben der Friedenskirche sitzen. Am 19. September wird er in den Ruhestand verabschiedet. Foto: Kratt

Er hat vieles mit vorantreiben können und dabei stets den Blick für die Menschen gehabt, die in sozialer Not sind: der Pastor der evangelisch-methodistischen Gemeinde, Hans-Ulrich Hofmann. Nach neunjähriger Tätigkeit in Schwenningen geht er jetzt in den Ruhestand.

VS-Schwenningen - Im Pfarrhaus an der August-Reitz-Straße herrscht bereits ein wenig Abschieds- und Aufbruchstimmung. Die ersten Sachen seien aussortiert, die ersten Kartons gepackt, erzählt Hausherr und Friedenskirchen-Pastor Hans-Ulrich Hofmann. Von 2012 an hat er in den oberen beiden Stockwerken zusammen mit seiner Ehefrau Martina gelebt, im Büro im Erdgeschoss gearbeitet – und in der Kirche, die im vorderen Bereich ans Haus angrenzt, gepredigt. Den letzten Gottesdienst in der Friedenskirche hat Hofmann am vergangenen Sonntag abgehalten, auch wenn er erst offiziell zum 1. Oktober in den Ruhestand geht.

Ist der rührige Pastor denn überhaupt schon bereit für den Ruhestand? "Das Schöne an meinem Beruf ist ja, dass ich nicht direkt von 100 auf null herunterfahren muss", sagt der 65-Jährige. Schließlich gebe es immer wieder Vakanzen, und er predige nun mal sehr gerne.

Einsatz für Asylbewerber

Auch bei der Vesperkirche in der Pauluskirche wird er weiterhin im Leitungsteam mit dabei sein, ebenso wie beim Arbeitskreis Asyl. Zudem wird Hofmann ab Herbst eine dreijährige Ausbildung für Laien in der Seelsorge leiten. "Ich möchte auf jeden Fall theologisch, seelsorgerisch und sozial weitermachen", fasst er die Schwerpunkte seiner Tätigkeiten als Pfarrer zusammen. Vor allem der soziale Aspekt hat den gebürtigen Westerwälder in den vergangenen Jahren tief geprägt. Bereits während seines Vikariats in der Gemeinde in Waiblingen ist er durch einen befreundeten Sozialarbeiter in Kontakt mit Menschen am Rande der Gesellschaft gekommen und hat in seiner ersten eigenen Gemeinde in Schwäbisch Hall den Verein "Bürger ohne Wohnung" samt Wärmestube und Übernachtungsheim gegründet.

Während seiner Pfarrtätigkeit in Frankfurt – nach fünf Jahren als Klinikseelsorger in einem geriatrischen Krankenhaus in Ulm – hat Hans-Ulrich Hofmann den "Mittagstisch für alle", der wöchentlich in der Kirche stattgefunden hat, ins Leben gerufen. So war es auch nicht verwunderlich, dass er, als er anschließend die Pfarrstelle an der Schwenninger Friedenskirche angetreten hat, schnell in Kontakt mit Pfarrer Andreas Güntter und der Vesperkirche kam.

Ein Jahr lang habe er sich das Sozialprojekt in der Pauluskirche angeschaut und sei sofort fasziniert von der Arbeit gewesen. Seit 2014 ist Hofmann also im Leitungsteam mit dabei und hat zudem die Vesperkirche Plus, die jeden letzten Samstag im Monat in der Friedenskirche Menschen aus unterschiedlichen Schichten an einen Tisch holt, gegründet. Dort habe sich ein Kreis Ehrenamtlicher gebildet, die sich mit Offenheit und Herzblut engagieren.

Und nicht nur dort ist Hofmann auf engagierte Menschen gestoßen – auch beim Arbeitskreis Asyl, der 2014 mit der Flüchtlingswelle ins Leben gerufen wurde. Nicht weit von der Friedenskirche, im alten Fabrikgebäude an der Alleenstraße, ist damals die erste Gemeinschaftsunterkunft für die Asylbewerber geschaffen worden.

Hofmann erinnert sich noch genau, als er zusammen mit dem Schwenninger Albrecht Benzing und dem Gemeindemitglied Karl-Heinz Weyler im Büro des damaligen Diakonie-Beratungsstellenleiters Reinhold Hummel stand und dafür plädierte, die Flüchtlingshilfe auf die Basis der Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen (ACK) VS zu stellen. "Es hat sich sehr gut zusammengefügt", sagt der Pastor, der den Arbeitskreis Asyl noch heute zusammen mit Reinhold Hummel und der Ehrenamtskoordinatorin Evelyn Preuß leitet.

Theologische Offenheit

"Open minds, open hearts, open doors": Diesen Leitsatz des Gründers der methodistischen Bewegung, John Wesley, hat sich auch Hofmann stets zu eigen gemacht. "Für mich zählt vor allem die Offenheit im Denken, im Fühlen, im Bibelverständnis – und natürlich im Handeln", erklärt er.

Hofmann kommt ursprünglich sogar aus einer Freikirche, die ihm jedoch theologisch "zu eng" gewesen sei, sodass er sich in Tübingen dem klassischen Theologiestudium widmete. Über seine Frau sei er schließlich zur evangelisch-methodistischen Kirche gekommen, die "eben theologisch sehr offen ist". Diese Offenheit auch gegenüber anderen Kirchen konnte der 65-Jährige ebenso bei seinem Engagement in die ACK VS direkt ausleben: Die evangelisch-methodistische Kirche ist Gründungsmitglied, Hofmann hatte seither den Vorsitz in der Schwenninger Arbeitsgemeinschaft inne. Höhepunkt sei natürlich der ökumenische Kirchentag 2015 gewesen – ein "ganz wichtiger Begegnungsort". So ist es für den Pfarrer immer wichtig, miteinander in Beziehung zu treten. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir als kleine Kirche nur unser Ding machen. Vieles geht einfach nur gemeinsam."

Wenn er von seinen künftigen Interessen und Tätigkeiten erzählt, scheint eines klar: Hans-Ulrich Hofmann wird auch im Ruhestand keine Langeweile haben, im Gegenteil. So ist er auch als politischer Mensch interessiert und engagiert. Die Klimakrise und der Umbau der Industriegesellschaft wird eine Hauptherausforderung für alle sein, findet er. In diesem Bewusstsein will er auch künftig leben und Vorbild sein. Schon jetzt ist Hofmann in Sachen Ornithologie aktiv, besser gesagt bei der Brutvögel-Kartierung rund um das Stadtgebiet, das Zollhaus und die Mühlhauser Halde im Einsatz.

Umzug nach Königsfeld

Ebenso hat er das Fotografieren für sich entdeckt und möchte künftig viele Motive im Schwarzwald – seine Frau und er ziehen in ein Haus nach Königsfeld – festhalten, ebenso wie am Kaiserstuhl, das sei sein Lieblingsgebiet.

Er freue sich also auf seinen neuen Lebensabschnitt, bei dem er mit "selbstbestimmter Aktivität" unterwegs sein kann, blickt Hans-Ulrich Hofmann voraus. Und resümiert gleichzeitig zufrieden: "Ich habe oft gedacht, dass ich den schönsten Beruf der Welt habe, vor allem, weil ich mit solch einer Vielfalt an Menschen zu tun hatte. Das war und ist eine große Bereicherung für mein Leben."

Der Abschiedsgottesdienst von Pastor Hans-Ulrich Hofmann findet am Sonntag, 19. September, 14.30 Uhr, in der Johanneskirche statt. Der Antrittsgottesdienst seines Nachfolgers, Pastor Matthias Hetzner, der bisher in Wangen im Allgäu tätig war, ist am 10. Oktober um 10 Uhr.