Urige Kostüme und ein Ablauf, der sich in 400 Jahren kaum geändert hat – das gibt dem Grosselfinger Narrenspiel sein besonderes Gepräge. Foto: Stopper

400 Jahre alt wird das Grosselfinger Narrenspiel, das soll im nächsten Jahr groß gefeiert werden, wie in der Hauptversammlung der Bruderschaft des Ehrsamen Narrengerichts nun betont wurde.

Grosselfingen - Narrenvogt Manfred Ostertag begrüßte die Gäste nach uralter Tradition mit dem Venezianischen Gruß: "Guten Morgen Ihr Brüder". Nach dem Singen des Bruderschaftslieds und der Totenehrung lobte Ostertag alle, die aktiv an diesem Brauch mitwirken.

Die Zusammenarbeit mit dem Kulturverein Narrengericht, der als Veranstalter die Organisation und die Bewirtung übernimmt, ohne dabei in die inneren Strukturen der Bruderschaft einzugreifen, bezeichnete Ostertag als "hervorragend". Durch diese Entlastung hätten er als Narrenvogt und seine zwölfköpfige Vorstandschaft sich intensiv um das Spiel 2019 kümmern können, was der Qualität der Aufführung gut getan habe. Obwohl wichtige Rollen neue besetzt wurden, sei das Spiel 2019 ein Erfolg gewesen.

Anzahl der Mitspieler auf Rekordhöhe

Die Anzahl der Mitspieler war hoch wie nie, auch die Jugend sei stark vertreten gewesen. Alle Spielteile wurden perfekt ausgeführt, alle zur "Fahndung" ausgeschriebenen Delinquenten wurden verhaftet und dem Hohen Venezianischen Gericht vorgeführt, wo teilweise drakonische Strafen erteilt wurden.

Sommervogelräuber werden von Pagen "verdroschen"

Auf der Pritschenbank wurden dann durch die Bäder die "langen Gulden" ausbezahlt unter nochmalig öffentlicher Nennung der Untaten. Auch der letzte Spielteil, der Sommervogelraub, sei "perfekt" ausgeführt worden. Die jüngsten Mitspieler, die Pagen, hätten die Sommervogelräuber nach deren Verhaftung übel "verdroschen". Pagenonkel Franz Oesterle habe sie kaum bändigen können.

Der Narrenvogt richtete den Blick dann auf das kommende Spiel 2023, das ganz im Zeichen der Ahnen und Urahnen stehe, welche die Bruderschaft am 21. Februar 1623 gegründet hätten. Damals sei das Narrengericht gegründet worden, um nach überstandener Pandemie das Volk wieder zu erheitern. Das klinge aktuell wie selten.

Narrengericht ist immaterielles Kulturerbe der Unesco

Als immaterielles Kulturerbe der deutschen Unesco stehe das Heimatspiel kulturell auf einer Stufe beispielsweise mit den Festspielen Oberammergau oder der Hofreitschule in Wien.

Narrenvogt Ostertag verwies auch auf die Besonderheit der noch vorhandenen Gründungsurkunde, nicht entstanden durch Verbote oder Erlaubnisse, sondern eine höchst seltene, sogenannte positive Urkunde. Hocherfreut zeigt sich die gesamte Bruderschaft über das Vorhaben der Gemeinde Grosselfingen, auf dem Marktplatz eine große Freilichtbühne zu erstellen. Bürgermeister Friedbert Dieringer erklärte das Projekt im Anschluss der Versammlung noch etwas näher.

Auf Marktplatz wird große Bühne für das Narrenspiel aufgestellt

Nach dem Kassenbericht durch Karl Koch sowie dem Bericht der Kassenprüfer Hans-Paul Fischer und Alwin Weckenmann führte Gemeindevogt Dieringer die Entlastung herbei, die einstimmig ausfiel. In den Wahlen stellten sich alle Amtsinhaber zur Wiederwahl, was Narrenvogt Manfred Ostertag besonders freute. So etwas habe es in seiner fast 40-jährigen Amtszeit noch nie gegeben.

Mitglieder der Vorstandschaft der Bruderschaft sind neben Manfred Ostertag (Vorsteher und Vogt) Karl Koch (Rechner), Hubert Riester (Schreiber), Hartmut Beck, Jürgen Beck (Zeugwart), Ralph Bühler, Harald Keller, Florian Krauter, Gerhard Lörch, Gerhard Oesterle, Claus Schilling, Thomas Volm und Markus Walter.

Nach den Statuten des hohen Venezianischen Adels erfolgte in der Versammlung als wichtigster Teil der gemeinsame Beschluss für die Aufführung des Spiels 2023. Dieser erfolgte einstimmig. Die Vorbereitungen für die Umsetzung dieses Beschlusses sind allerdings längst angelaufen, Ostertag rief alle dazu auf, für diese Veranstaltung ihr Bestes zu geben.

Kulturverein tagt im Anschluss

Im Anschluss an die Versammlung der Bruderschaft wurde die Hauptversammlung des Kulturvereins abgehalten. Der Vorsitzende Hubert Riester berichtete über die vergangenen zwei Jahre, die durch die Pandemie bestimmt wurden.

Unter anderem durch Online-Sitzungen hätten die wichtigsten Entscheidungen aber getroffen werden können. Beschlossen wurde unter anderem eine große Investition, die Pagen, Edelknaben und Stabläufer mit neuen Uniformen auszustatten. Die vorhandenen Uniformen sind teilweise schon 60 Jahre alt. Erste Muster und Prototypen sind bereits angefertigt. Diese orientieren sich vollständig an der Tradition, so dass in Privatbesitz befindliche Uniformen weiterverwendet werden können. Die Gesamtkosten belaufen sich auf bis zu 7000 Euro. Kassenprüfer Karl Koch und Manfred Ostertag bestätigten Markus Walter eine einwandfreie Kassenführung, Bürgermeister Friedbert Dieringer führte die Entlastung herbei, die reine Formsache war.

Bewirtungskonzept hat sich bewährt

Berichtet wurde, dass das beim letzten Spiel eingeführte Bewirtungskonzept mit mehreren Bewirtungsstellen sich bewährt hat und auch das nächste Mal wieder umgesetzt werden soll. Neben dem Narrengerichtsspiel soll im nächsten Jahr zusätzlich das Jubiläum der Bruderschaft gefeiert werden. Dazu wird ein Fest auf dem Marktplatz 8. bis 10.Juli stattfinden. In den Wahlen traten alle Amtsinhaber wieder an. Als zusätzliche Beisitzer wurden Alex Klotz und Daniel Uhl vorgeschlagen. Alle Ämter wurden einstimmig bestätigt. Vorstand ist demnach Hubert Riester, Jürgen Beck Stellvertreter, Manfred Schneider Schriftführer, Markus Walter Kassierer und Beisitzern sind Gerhard Beck, Thomas Haug, Alex Klotz, Oliver Lörch, Franz Oesterle und Daniel Uhl.