„Das Risiko, dass die Spur der Gewalt nicht endet, ist hoch“, so Frank-Walter Steinmeier. (Archivbild) Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat anlässlich des 30. Jahrestags der rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen vor der Gefahr einer neuen Radikalisierung in Deutschland gewarnt.

Zum 30. Jahrestag der rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor der Gefahr einer neuen Radikalisierung in Deutschland gewarnt. „Das Risiko, dass die Spur der Gewalt nicht endet, ist hoch.“ Die Ausschreitungen im August 1992 in Rostock seien „eine Katastrophe mit Ansage“ gewesen, sagte Steinmeier laut Redemanuskript bei der Gedenkveranstaltung am Donnerstag in der Hansestadt. „Gerade jetzt, in einer Zeit, die uns herausfordert wie keines der letzten Jahrzehnte, einer Zeit, die uns viel abverlangt, in der Gewohntes in Frage steht und Einschränkungen drohen.“

Eine besonders wichtige Lehre aus Lichtenhagen für die Gegenwart sei: „Wenn eine Gesellschaft unter Veränderungsdruck steht, dann bietet sich der Weg der Radikalisierung an, weil er einfache Lösungen vorgaukelt.“ Die einfachste aller Lösungen sei die Suche nach einem vermeintlich Schuldigen. „Die Konfrontation mit einer ungewissen Zukunft scheint diesen Reflex zu bestärken.“

Steinmeier hatte dabei offensichtlich die Folgen des Ukraine-Krieges wie stark steigende Energie- und Lebensmittelpreise im Blick, die viele Menschen in Deutschland besorgen und verunsichern. AfD und Linke haben bereits zu Protesten aufgerufen. Die Sicherheitsbehörden warnen vor einer möglichen Unterwanderung durch Rechtsextreme.

Wohnheim 1992 in Brand gesetzt

Vom 22. bis zum 26. August 1992 gab es im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen schwere rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Ausschreitungen. Im Verlauf der vier Tage gerieten dabei 150 Menschen in akute Lebensgefahr, nachdem ein Wohnhaus ehemaliger vietnamesischer DDR-Vertragsarbeiter in Brand gesetzt worden war. Die Polizei bekam die Lage nicht unter Kontrolle. Mehr als 200 Polizisten wurden verletzt. Die Ausschreitungen gelten als die bis dahin schlimmsten rassistischen Übergriffe der deutschen Nachkriegsgeschichte.

„Was in Rostock geschah, ist eine Schande für unser Land. Für diese Schande trägt die Politik große Mitverantwortung“, sagte Steinmeier, der allen dankte, die sich dafür engagierten, die Vorfälle aufzuarbeiten und die Erinnerung daran wach zu halten.