Kahlschlag am Stadtrand: So sah die gerodete Fläche am Mietersheimer Sandberg Anfang April aus. Bei der weder von der Stadt noch dem Landratsamt genehmigten Rodung könnte es sich um eine Ordnungswidrigkeit handeln, weshalb Bußgelder drohen. Foto: Lukas Oßwal/d

Eine rund ein Hektar große Fläche am Lahrer Stadtrand, nahe der Mietersheimer Hauptstraße, wurde gerodet. Es ist unklar, wer dafür verantwortlich ist. Sicher hingegen: Der Kahlschlag war weder von der Stadt noch dem Landratsamt genehmigt – und könnte somit eine Ordnungswidrigkeit darstellen.

Auf der Fläche am Mietersheimer Sandberg standen einst Büsche und Bäume, doch seit der Rodung am Jahresanfang ist kaum mehr als nackte Erde übrig, aus der vereinzelt Baumstümpfe und Betonsteine ragen. Der Eingriff in das Landschaftsbild am Rand des Stadtteils sorgt für Unmut. So stellte der Lahrer Stadtrat Lukas Oßwald – von mehreren Anwohnern über die Rodung informiert – eine Anfrage an die Stadt. Darin schrieb er, dass die Rodung auf nahezu ein Hektar Waldfläche vorgenommen wurde. Außerdem verwies Oßwald in seiner Anfrage auf das Landeswaldgesetz des Landes, laut dem Wald nur mit Genehmigung der höheren Forstbehörde in eine andere Nutzungsart umgewandelt werden dürfe, und eine ohne Genehmigung gerodete Fläche nach einer von den Behörden festgesetzten Frist wieder aufgeforstet werden müsse.

Die Stadt, die auf ihre Nichtzuständigkeit verwies, antwortete daraufhin öffentlich, dass sie nicht über die Rodungsarbeiten informiert wurde und es kein Genehmigungsersuchen von den Besitzern für die Rodung gab. Zur Frage, ob die Stadt auf der Fläche eine Bebauung plane, heißt es, dass man weder Nutzungsberechtigte oder Eigentümerin der Fläche sei, noch über diese verfügen könne. Das Rathaus verweist aber darauf, dass im Mietersheimer Dorfentwicklungskonzept der Vorschlag gemacht wird, dort eine Wohnbebauung zu ergänzen.

Weiter verweist die Stadt darauf, dass man auf Nachfrage beim Amt für Waldwirtschaft des Landratsamts in Offenburg die Auskunft erhalten habe, dass es sich dem Landeswaldgesetz im Fall nicht um Wald handelt, denn diese Sukzession sei „durch klassische Nicht-Pflege entstanden“.

Rodung wurde wurde nicht vorab gemeldet

„Nicht jede Fläche auf der Sträucher und Bäume stehen, sind Wald“, erklärt Hans-Georg Pfuller, Leiter des Amtes für Waldwirtschaft auf Nachfrage unserer Redaktion. Die zuständige Revierleitung habe die Rodung gemeldet und den Hinweis gegeben, dass man sich das genauer anschauen sollte. Daraufhin, so Pfuller, habe man geprüft, ob es sich um Wald im rechtlichen Sinner handelt – sowohl durch die Auswertung von Luftbildern wie auch durch Augenschein vor Ort.

Allerdings sei die Flurstücksgröße nicht gleich mit der der Fläche, die geprüft wurde: Laut Pfuller sei die geprüfte Fläche lediglich rund 0,3 Hektar groß – und damit nur ein Teil des gerodeten Bereichs. Der Lahrer Nabu, bei dem die Rodung ebenfalls für Unmut sorgt, und der sich deshalb an das Landratsamt gewandt hat, spricht wie Oßwald von einer Rodungsfläche von einem Hektar. Es sei erforderlich, dass sich die Untere Naturschutzbehörde der Angelegenheit annehme, „weil ansonsten in der Bürgerschaft der Eindruck entsteht, solche rabiaten Eingriffe in die Landschaft und Natur seien möglich, ohne dass sie einer naturschutzfachlichen Kontrolle und gegebenenfalls einer Ahndung unterworfen werden“, so der Nabu.

„Dass es nicht rechtlich Wald ist, heißt nicht, dass man es roden darf“, sagt Amtsleiter Pfuller auf die Frage nach der Legalität der Rodung. Sein Amt sei im Vorfeld nicht darüber informiert worden, habe „erst auf die Maßnahme hin reagiert“. Die Recherche gestalte sich schwierig – auch hinsichtlich der Eigentümer der gerodeten Fläche. Die Stadt Lahr konnte da nicht helfen, so der Amtsleiter. Pfuller erwähnt außerdem, dass die untere Naturschutzbehörde des Landratsamts ebenfalls prüfe, was passiert sei.

Auf Anfrage unserer Redaktion erklärt die Pressestelle des Landratsamts, dass das Landratsamt sowie das Amt für Umweltschutz aus der Bevölkerung Meldungen erhalten habe, „dass in der Zeit um den Jahreswechsel am Ortsrand von Lahr-Mietersheim umfangreiche Gehölzarbeiten stattgefunden haben. Eine Überprüfung vor Ort hat dies bestätigt“. Das Landratsamt habe also erst im Nachgang von Bürgern von diesen Arbeiten erfahren.

Eingriff in die Natur erfordert eine Genehmigung

Auch sei der Behörde weder bekannt, welchem Zweck die Arbeiten dienten, noch wer sie ausgeführt oder beauftragt hat. Zudem bestehe die betroffene Fläche aus mehreren Grundstücken, deren Eigentümer bislang nicht ermittelt werden konnten.

Demjenigen, der die Rodung in Auftrag gegeben hat, könnten nun Bußgelder drohen. Denn auf die Frage, ob die Rodung rechtens war, antwortet das Landratsamt, dass das Amt für Umweltschutz davon ausgehe, „dass durch die Gehölzarbeiten ein Eingriff in Natur und Landschaft verursacht wurde“. Solche Eingriffe bedürften einer naturschutzrechtlichen Genehmigung. „Diese liegt uns nicht vor.“ Ohne Genehmigung könne das „eine Ordnungswidrigkeit darstellen“, so das Landratsamt.

Eingriffsregelung

Jede Veränderung der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit von Naturhaushalt oder Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen kann, gilt nach Angaben des Landesumweltministerium als „Eingriff in Natur und Landschaft“. Der Verursacher muss diesen demnach durch Naturschutz- oder Landespflege-Maßnahmen ausgleichen, ersetzen oder eine Ausgleichsabgabe entrichten.