Bis zu 50 Katzen warten derzeit im Lahrer Tierheim auf ein neues Zuhause. Das Tierheim ist damit voll. Foto: Tierheim

Die Lage des Lahrer Tierheims ist prekär: Die Kapazitäten sind erreicht, und steigende Kosten sorgen für Unsicherheiten. Für Tierheim-Chef Martin Spirgatis steht fest: Neben mehr Einnahmen hilft nur ein Umdenken der Gesellschaft bei der Tierhaltung.

Lahr - Ein randvolles Haus, steigende Tierarztkosten, die Energiekrise, verantwortungslose Halter und ein Rückgang der Bereitschaft zu ehrenamtlichen Arbeiten – es gibt vieles, was Tierheim-Chef Martin Spirgatis derzeit Sorgen bereitet. Gerne würde sich das Tierheim um mehr Vierbeiner kümmern, doch es geht nicht. "Wir sind im Endeffekt voll", sagt Spirgatis. "Wir bekommen Anfragen von weit über die Ortenau hinaus, aber wir nehmen keine Tiere mehr aus privaten Haushalten auf". Lediglich Tiere in Not kommen noch auf dem Gelände in der Flugplatzstraße unter.

Tierbestand hat während der Pandemie zugenommen

Die Gründe für die hohe Auslastung sind vielfältig. Zum einen hat das Tierheim viele Vierbeiner – vor allem Hunde – aufgenommen, die sich Halter während der Corona-Pandemie angeschafft haben. Laut Erhebungen, erzählt Spirgatis, hat der Tierbestand während der Pandemie um 80 Prozent zugenommen. Viele Halter hätten sich über das Internet oder aus dem Ausland günstig ein Schmusetier zulegen wollen, hätten die Aufgabe der Tierpflege jedoch völlig unterschätzt. So landeten mehr Vierbeiner im Tierheim. "Doch die Tierheime sind nicht mitgewachsen", erklärt der Vorsitzende des Lahrer Tierschutzvereins.

"Hundeführerschein" geplant

"Die Hoffnung liegt im ›Hundeführerschein‹", führt Spirgatis weiter aus. Die Landesregierung plane nach Vorbild Niedersachsen eine Regelung einzuführen. Künftige Hundehalter sollen dann einen Nachweis erbringen, dass sie auch fähig sind, sich um einen sogenannten Listenhund zu kümmern. Dies könne verhindern, dass die Hunde sofort ins Tierheim geschickt werden, wenn die Halter überfordert sind. Auch auf eine hohe Hundesteuer könnte dann verzichten werden, womit die Halter finanziell entlastet werden. "Hunde sitzen über Jahre bei uns", schildert Spirgatis, der hofft, durch diese Regel mehr Hunde vermitteln zu können. Generell sei ein Tierhaltungsschein – zugeschnitten auf die entsprechende Rasse – sinnvoll, um sicherzustellen, dass sich Halter korrekt um das Lebewesen kümmern. Das Tierheim habe beispielsweise Erfahrungen mit falsch ernährten Schildkröten gemacht.

Schildkröten seien gerade ohnehin Sorgenkinder, denn die Tiere sind zum Teil gewohnt, bei 25 Grad gehalten zu werden. Bei Wasserschildkröten sollte die Wassertemperatur 22 oder 23 Grad betragen. "Die Energiekrise wird uns treffen", ist sich Spirgatis sicher. Terrarien, Aquarien und auch die Räumlichkeiten müssen schließlich beheizt werden.

Steigende Tierarzt- und Energiekosten

Ein weiterer kritischer Punkt: die Tierarztkosten. Die Gebührentabelle der Tierärzte ist im Schnitt um 20 Prozent gestiegen, berichtet Spirgatis. Für das Tierheim bedeutet das, dass die Ausgaben von 70 000 Euro auf 84 000 Euro steigen. Ein Ausgleich sei kaum möglich, denn "unsere Vermittlungsgebühren sind gleich geblieben", so Spirgatis. Diese würden ohnehin nie die Kosten decken. "Bei Fundtieren legen wir 90 Prozent drauf", rechnet der Tierheim-Chef vor.

Die Problematik betreffe fast alle Tierheime in Baden-Württemberg, berichtet Spirgatis. Sein Wunsch: Stabile Erstattungssätze seitens der Gemeinden. Schließlich sei die Fundtieraufnahme eine kommunale Aufgabe und das Tierheim übernehme nur jene Dienstleistung.

Doch mehr Geld würde das Problem nicht allein lösen. "Vor allem ein Umdenken in der Tierhaltung würde helfen", sagt Spirgatis. "Tiere sind inzwischen Konsumgüter geworden", mahnt er an. Vor allen Mitarbeitern des Tierheims in der aktuellen Lage ziehe er den Hut. Das Engagement sei nur durch die Liebe zum Tier möglich. Doch klar sei auch: "Die Liebe zum Tier zahlt keine Rechnungen."

Ehrenamtliche sind willkommen

Das Tierheim freut sich über ehrenamtliche Helfer, die nicht nur Katzen streicheln, sondern auch Aufgaben wie putzen oder Gassi gehen übernehmen, sagt Martin Spirgatis. Zudem seien Spenden immer gern gesehen. Weitere Informationen gibt es hier.