Mittels einer Handpuppe zieht ein Arzt die Aufmerksamkeit eines Flüchtlingkinds auf sich. (Symbolfoto) Foto: Karmann

Runde aus Experten bespricht Problemlagen, die durch Flüchtlinge entstehen. Im Vordergrund stehen der Austausch und die Suche nach Lösungen.

Mittleres Kinzigtal - Im Bereich des Gesundheitswesen ergeben sich durch den großen Zustrom von Flüchtlingen Problemlagen, die es zu lösen gilt. Daher haben sich gestern Experten aus Politik, Wohlfahrtsverbänden, Mitarbeiterinnen des Landratsamts und Ärzte auf Einladung des "Gesunden Kinzigtals" (GK) ausgetauscht und nach praktikablen Lösungen gesucht. Gastgeber Helmut Hildebrandt wollte im Gespräch von der Medikamentenversorgung bis zum Krankenhausaufenthalt alles beleuchten.

Die Grünen-Landtagsabgeordneten Sandra Boser und Bärbl Mielich traten dafür ein, möglichst unbürokratische Lösungen zu finden und schlugen in diesem Zusammenhang die Einführung einer Gesundheitskarte vor, wie sie es schon in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg gebe. Mit dieser könnten die Flüchtlinge dann ohne den Umweg über das Landratsamt direkt zum Arzt gehen.

Aus der Praxis berichtete Landratsamtmitarbeiterin Isabel Armbruster, dass im Ortenaukreis die Flüchtlinge die Krankenscheine, die sie zum Arztbesuch berechtigen, nicht beantragen müssen, sondern regelmäßig zugeschickt bekommen. Das größte Problem, dass die Sozialarbeiterin ausmachte, waren daher Verständigungsprobleme. Hier sei das Sprachkursangebot nicht ausreichend, um eine problemlose Verständigung mit einem Arzt zu ermöglichen.

Die Sprachbarriere hielten auch die anwesenden Ärzte für ein großes Problem. "Es ist wirklich chaotisch", sagte der Hornberger Arzt Martin Wetzel, der auch die Kommunikation mit dem Ämtern als problematisch beschrieb. Seine Kollegen bestätigten, dass es oft schwierig sei, einen Mitarbeiter an das Telefon zu bekommen und sie oft auch nicht wüssten, wer nun für welches Problem zuständig sei. "Ich habe keine Zeit und Lust den Ämtern hinterher zu telefonieren", meinte Wetzel. Er und seine Kollegen wünschen sich daher, dass vieles schon im Vorfeld besser organisiert wird. "Es ist anstrengend und schwierig, sich durch den Organisationsdschungel zu schlagen", sagte Marcus Auel, Facharzt für Innere Medizin in Hausach.

Helfen würde demnach, wenn gewährleistet sei, dass ein Dolmetscher beim Arztbesuch dabei ist und wenn die Flüchtlinge schon in den Massenunterkünften je nach Art und Grad der Beschwerden vorsortiert würden. Als Leute, die theoretisch vorsortieren könnten, wurden DRKler, medizische Fachangestellte oder auch entsprechend ausgebildete Flüchtlinge genannt. So gibt es beispielsweise in Hornberg einen syrischen Arzt, dessen Können und Wissen derzeit nicht genutzt wird. Generell wurde zudem die Auffassung vertreten, dass auch die Flüchtlinge sich untereinander helfen müssten. So können viele unter ihnen Englisch und daher übersetzen.

Professionelle Dolmetscher seien aber nötig, wenn es um psychische Probleme gehe. "Nach der ersten Euphorie des Ankommens brechen viele zusammen", schilderte Constanze Blank von der Caritas ihre Erfahrungen. Sie und Elke Hundt von der Diakonie Hausach legten auch darauf wert, dass die Ehrenamtlichen nicht überlastet werden und über Konzepte informiert würden. Denn nur so könnte auch verhindert werden, dass alle gleich handeln und die Flüchtlinge nicht "Ehrenamtlichen-Hopping" betreiben. Gewünscht wurde von ihrer Seite auch eine Liste von Ärzten, zu denen man die Flüchtlinge schicken könne. Zudem schlugen sie vor, dass das GK doch den weiblichen Flüchtlingen das deutsche Gesundheitswesen näher bringen sollen. Denn die gingen oft im Gegensatz zu den Männer gar nicht zum Arzt. Einen Kurs für Frauen oder auch Fortbildungskurse anzubieten, stellte Hildebrandt in Aussicht.

Uneinig waren sich die Mediziner darin, ob es besser sei, eine separate, zentrale Sprechstunde für Flüchtlinge einzuführen oder diese in die "normale" Sprechstunde kommen sollten. Hier reichten die Erfahrungswerte und Meinungen von, die anderen Patienten begännen zu murren und die Flüchtlinge kämen unpünktlich zu festen Terminen bis zur Auffassung, dass diese sich an die deutschen Gepflogenheiten möglichst schnell gewöhnen sollten und die deutschen Patienten viel Verständnis zeigen.

Gelobt wurde von den Ärzten, dass die Flüchtlinge ihre Dokumente – soweit vorhanden – immer dabei hätten. "Die hüten sie wie Goldschätze", sagte Ulrike Kirchner.