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Lisa Neef hilft Pferden mit energetischer Osteopathie

Ein bisschen merkwürdig sieht die Szene schon aus: Während Osteopathin Lisa Neef eine Hand an den Bauch der braunen Berber-Stute Olymp hält, hält deren Besitzerin die andere Hand der Behandelnden. Was sie hier erfühlt, hilft bei der Diagnose.

Wolfach. Olymp steht vollkommen entspannt auf dem Reitplatz des Wolfacher Hoberlehofs, lässt die Unterlippe hängen und döst. Dass Lisa Neef jedes Körperteil abtastet und dabei auch an Stellen kommt, bei denen manche Pferde auf Berührung empfindlich reagieren, stört sie nicht im Geringsten. Im Gegenteil, es scheint ihr sogar zu gefallen.

Kein Wunder: Schließlich findet und löst die gelernte Physiotherapeutin "durch eine sanfte Technik Funktionsstörungen und Blockaden im Pferdekörper und gibt damit einen Impuls zur Selbstheilung". So beschreibt sie die "energetische Pferdeosteopathie nach Salomon", mit der sie die Vierbeiner behandelt. Bei dieser wird das Pferd ganzheitlich betrachtet, das heißt Körper, Geist und Seele werden als Einheit betrachtet.

Was zuerst einmal ein wenig esoterisch klingt, ist eine Wissenschaft für sich. Eine, die viele Konzepte in sich vereinigt – unter anderem Osteopathie, Muskel- und Massage-Techniken, Physiotherapiekonzepte, craniosakrale Therapie und Homöopathie und Akupressur

Anderthalb Jahre lang hat Neef die entsprechende Ausbildung in Merseburg absolviert, Inhalte im Fernstudium gelernt und Kursblöcke vor Ort besucht. Davor absolvierte sie eine Ausbildung zur Physiotherapeutin – "allerdings für Menschen", wie Neef lachend erzählt. Einen Bezug zu Pferden hatte die 26-Jährige aber bereits davor. "Wir haben fünf Pferde daheim. Irgendwas ist da immer und ich habe immer mal wieder versucht, Dinge von der Physiotherapie bei den Pferden umzusetzen. Und dann habe ich mir gedacht: ›Wenn du das schon machst, kannst du es auch richtig machen‹", erklärt die junge Frau.

Was genau "es richtig machen" bedeuten könnte, das wusste sie erst einmal nicht. Sie hatte aber einen Bekannten, der energetische Pferdeosteopathie praktiziert. Bei einer Behandlung durfte Neef dabei sein und wurde in deren Verlauf miteinbezogen. "Und da habe ich Sachen gespürt, bei denen ich mich nur fragen konnte ›Was passiert hier mit mir?‹", erzählt Neef von der Erfahrung. Ihr Interesse war geweckt, sie informierte sich und begann schließlich mit der Ausbildung in energetischer Osteopathie.

Jetzt, nach deren Ende, wendet sie die gewonnen Erkenntnisse erst einmal nebenberuflich an. "Ich schaue mal, wie das Ganze anläuft, später mache ich das dann vielleicht hauptberuflich", erklärt sie.

Neef führt zuerst eine Anamnese durch

Patienten hat sie schon ein paar. Bei deren Behandlung fragt sie erst einmal die Besitzer, was dem Pferd fehlt, seit wann und ob es in der vergangenen Zeit krank gewesen oer verletzt gewesen ist – Neef führt eine sogenannte Anamnese durch. Dann folgt die "Inspektion" des Pferds. "Ich schaue mir das Tier an, seine Rückenform, seine Beinstellung und was für einen Gesamteindruck es macht", sagt die 26-Jährige.

Dann tut sie das, was sie "Palpation" nennt: Das Pferd wird angefasst, die Osteopathin tastet nach warmen oder harten Stellen und nach Schmerzpunkten in der Muskulatur. "Diese können durch ein Trauma wie beispielsweise einen Tritt hervorgerufen werden", erklärt Neef. Nachdem sie herausgefunden hat, wo das Tier Probleme hat, beginnt sie nach Rücksprache mit den Besitzern und manchmal auch mit dem Tierarzt und dem Hufschmied mit der Therapie.

Olymp kennt sie zwar, sie ist bei ihr aber das erste Mal in Behandlung. Neef lässt sich erklären, welche Verletzungen die Stute in der letzten Zeit erlitten hat, was für Charaktereigenschaften sie hat und wie ihr allgemeiner Gesundheitszustand ist. Dann schaut sie sich die Beine und die Körperhaltung des Pferds an, macht sich Notizen und stellt fest: "Ihr Fell ist ein bisschen fleckig. Aber das könnte auch am einsetzenden Fellwechsel liegen." Schließlich lässt sie sich das Pferd im Schritt und Trab vorführen. "Sie tritt mit dem linken Bein etwas kürzer", merkt sie dabei an.

Dann taste sie den Vierbeiner konzentriert ab. Olymp, die laut ihrer Besitzerin, dazu neigt, sich schnell über Kleinigkeiten aufzuregen, aber auch schnell wieder runterkommt, wirkt bei der Prozedur, als könne sie nichts aus der Ruhe bringen. Sie entspannt vollkommen, was ihre hängende Unterlippe und das angewinkelte Hinterbein eindeutig zeigen. Irgendwann muss sie sogar niemand am Halfter festhalten, sie steht frei und schließt die Augen – für ein Fluchttier, das normalerweise immer wachsam ist, um auf Gefahr möglichst schnell Fersengeld geben zu können, gibt es kein eindeutigeres Zeichen, dass es sich wohl und sicher fühlt.

"Jedes Pferd reagiert erst einmal anders auf die Behandlung", sagt Lisa Neef, während sie eines von Olymps Hinterbeinen aufnimmt und langsam nach hinten zieht. "Manche haben danach Muskelkater und laufen etwas steif. Aber Bewegung ist hinterher wichtig, damit sie sich an die gelösten Blockaden gewöhnen und das neue Bewegungsmuster wieder erlernen." In Olymps Bein knackt es mit einem Mal, es gibt einen kleinen Ruck und Neef lässt es los. Die 14-jährige Stute schaut ein wenig verwundert nach hinten, aber sie bleibt ruhig. Es scheint nicht weh getan zu haben.

Olymp fängt wieder an zu dösen und bleibt auch im restlichen Verlauf der Behandlung fast schon tranceartig entspannt.

Osteopathie, Physiotherapie, Akupunktur, Massagen, langwierige Behandlungen, die natürlich Geld kosten – ist das für ein Pferd, das früher ein Nutztier war, nicht ein wenig übertrieben? Neef zeigt auf die tiefenentspannte Olymp. "Das Pferd macht uns Freude. Wenn die Behandlung dem Tier gut tut, wenn sie einen Nutzen für das Pferd hat: Warum sollte das dann übertrieben sein?"

Weitere Informationen: info@vierbeiner-osteopathie.de