Der Zusammenfluss von Wolf und Kinzig ist ein neuralgischer Punkt in Wolfach. Foto: Adler

Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie bringt eine Umgestaltung der Kinzig. Flößertradition ist in Gefahr.

Wolfach - Wie sieht eine natürliche Flußlandschaft aus? Darüber hat es in Wolfach im vergangenen Jahr im Zug der sogenannten Wasserrahmenrichtlinie umfangreiche Diskussionen gegeben. Nicht alles, was den Experten als "ökologisch" bei der Kinzigumgestaltung erschienen war, ist auch für die Wolfacher so natürlich.

Mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sollten gleich drei Ziele auf Wunsch des Landes und der Europäischen Union (EU) verwirklicht werden. Der Hochwasserschutz sollte durch bauliche Maßnahmen in der Stadt verbessert werden, die ökologische Qualität durch die Aufhebung von Wehren und Sperren verbessert und die Durchgängigkeit des Gewässers so entscheidend verbessert werden. Gerade der zweite Punkt sorgte bei vielen Interessengruppen in der Stadt für Stirnrunzeln, denn insbesondere die Flößer standen Veränderungen an den Wehren sehr kritisch gegenüber, weil dies die Grundlage ihres Vereinszwecks gewesen ist.

Dass das Wasserrecht für diese Wehre schon länger entfallen ist und dass diese quasi nur noch geduldet worden waren, spielte im öffentlichen Bewusstsein nur eine Nebenrolle. Für viele Wolfacher stand trotz der latenten Hochwassergefahr das vertraute Bild der Kinzig im Mittelpunkt der Besorgnis, denn durch die Aufhebung der Stauhaltung und der Tieferlegung des Flusses fürchteten sie um ihre "Riviera" – das heißt um den bei Touristen beliebten Uferrandstreifen, der ganz entscheidend zum optischen Bild der Stadt beiträgt.

Mit Hilfe eines Runden Tisches, zahlreichen Infoveranstaltungen für die Öffentlichkeit und erfahrenen Planer vom Büro River Consult hat das Regierungspräsidium sich argumentativ auf einen beschwerlichen Weg gemacht: Sie wollen die alles andere als begeisterten Wolfacher überzeugen – was bis heute nicht wirklich bei allen gelungen ist.

Trotzdem wird die Kinzigumgestaltung im kommenden Jahr in Angriff genommen werden, auch weil der Stadt angesichts des Hochwasserschutzes und der damit verbunden möglichen Haftungspflicht keine andere Wahl bleiben wird. Außerdem würde Wolfach die Kosten für die umfangreichen Sicherungsmaßnahmen für einen 50-jährlichen Hochwasserschutz entlang der Kinzig aus eigener Tasche kaum finanzieren können. "Die Unterlagen liegen zurzeit zur Genehmigung beim Landratsamt", erläutert Bernd Burkart, Abteilungsleiter beim Regierungspräsidium Freiburg für Planung und Bau an Gewässern erster Ordnung. "Es läuft gerade die Anhörung der Träger öffentlicher Belange, deren Anregungen dann noch in die Planungen einfließen werden. Solange dieser Prozess noch läuft, ruht auch der Runde Tisch", sagt er. Trotz der auch in der Sache harten Diskussion ist er zuversichtlich, dass am Ende eines langen Prozesses ein Ergebnis herauskommen wird, mit dem alle Beteiligten leben können.

"Ein Gewässer ist ja nicht wie eine Straße, die am Ende alle den gleichen Ausbaustandard haben", macht er auf einen entscheidenden Unterschied zu anderen "Bauvorhaben" aufmerksam. "Jedes Gewässer sieht anders aus", sagt Burkart. Er verweist dabei auch auf die Erfahrungen des Fachbüros, das umfangreiche Umgestaltungen kompetent begleitet hat – beispielsweise an der Kinzig in Willstätt. Auch an dieser Stelle war die Skepsis anfänglich groß, bei diesem Projekt gab es einen Runden Tisch, und heute sind eigentlich alle Beteiligten mit dem "ortsbildprägenden" Ergebnis zufrieden. Mit einem Abschluss des Verfahrens rechnet er bis spätestens Anfang 2014 – Baubeginn wäre dann nach möglichen Frühlingshochwässern vermutlich so ab Mai.

In die Gestaltung eingeflossen sind auch Vorschläge aus der Stadt Wolfach wie die begehbare Uferpromenade, die unter anderem auf Vermittlung des Gewerbevereins in die Planung eingebracht worden ist. Ein wichtiges Kriterium für die Akzeptanz des zukünftigen Kinzigbilds wird ganz sicher die Herausforderung, den Uferbereich so hochwassersicher wie möglich zu machen, aber gleichzeitig auch noch soviel Wasser in der Kinzig zu behalten, dass das Stadtbild auch noch im Sommer erhalten bleiben kann.

Der Gewässerexperte des Regierungspräsidiums ist zuversichtlich, dass auch für die Flößerei trotz der Aufhebung der Wehre nach wie vor eine technische Lösung gefunden werden können, mit denen ein Aufstauen der Kinzig nach wie vor möglich wäre. "Das kommt auch dem historischen Flößen deutlich näher als die jetzige Technik", drückt Bernd Burkart die Hoffnung aus, dass sich die Flößer noch überzeugen lassen und sich auf die neue Situation einstellen werden. Das ist allerdings eine Vorstellung, die bei den Wolfacher Kinzigflößern nicht so ungeteilte Zustimmung findet.

Beim Floßhafenfest wird für das große Floß einfach eine bestimmte Wassermenge benötigt, die beim Wegfall der Wehre nicht unbedingt zur Verfügung stehen würde. Ein Experte für die Umgestaltung war auch anlässlich der Großveranstaltung vor Ort, um sich ein Bild zu machen. Bei den Flößern bleibt die Skepsis, ob die vom Fachbüro in Aussicht gestellte technische Lösung tatsächlich einen Flößereibetrieb nach ihren Vorstellungen ermöglichen wird. Neben den technischen Parametern gibt es auch noch eine ganz praktische Seite: "Es ist auch noch überhaupt nicht klar, wer das dann auf- und wieder abbaut", sagt ein Flößer, der namentlich nicht genannt werden will. Nur wenn der Aufwand in einem vertretbaren Rahmen gehalten werden könne, werde sich überhaupt jemand bereit finden, diese Arbeit ehrenamtlich zu den ganzen anderen notwendigen Vorbereitungen zu leisten. Ansonsten drohe der Flößertradition im schlimmsten Fall in Wolfach das Aus – und das ausgerechnet im Jahr des 30-jährigen Bestehens des Vereins der Kinzigflößer.

Seite 2: Infos zur Umgestaltung

Die Pläne sind am 20. September vergangenen Jahres vom Wolfacher Gemeinderat bei einer Gegenstimme gebilligt worden. Neues Gestaltungselement soll am Brückenwaagteich ein vom Gewerbeverein und anderen Bürgern eingebrachter Uferpfad sein, der den zentralen Zugang zum Wasser ermöglicht. Vorgeschlagen wird nun ein zwei bis drei Meter breiter Uferweg am Damm auf der Innenstadtseite, an der die Kinzig durch Treppen erreichbar ist. Der Weg würde 76 Meter lang sein, auch zur Befestigung der Ufermauern dienen und bei Mittelwasser zehn Zentimeter über der Wasserlinie liegen. In der weiteren Planung suchen nun die Experten des Büros River Consult nach einer Ersatzlösung für die wegfallenden Wehre, mit denen die Flößer den notwendigen Stau erreichen können. Mit der Umsetzung wird das Grieshaber-Wehr aufgehoben, der Brückwaagteich umgestaltet, das Giesenwehr in eine Kaskade umgebaut und die Kinzig im Bereich der Siechenwaldbrücke leicht aufgeweitet und der Hochwasserschutz verbessert.