Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen protestierten auf dem Rathausplatz gegen die "Spaziergänger". Foto: Baublies

Erneut sind Hunderte "Spaziergänger" in Lahr gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gegangen. An diesem Montag gab es erstmals auch in Lahr Gegenwind – und das gleich doppelt.

Ähnlich viele "Spaziergänger" wie vor einer Woche zogen am gestrigen Montag durch die Lahrer Innenstadt: Rund 400 Menschen waren unterwegs. Startpunkt war wie gewohnt um Punkt 19 Uhr der Rathausplatz, diesmal aber hatten sich dort Gegendemonstranten formiert. Etwa 50 Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen – Ärzte, Rettungssanitäter sowie Pflegekräfte aus Kliniken und Altenheimen – standen in mehreren Reihen dem Protestmarsch gegenüber. Im Gegensatz zu diesem war die Kundgebung ordnungsgemäß bei der Stadt angemeldet, und anders als die "Spaziergänger" trugen die Teilnehmer Masken.

"Wir stehen hier, um zu zeigen, wie sehr uns das alles gegen den Strich geht", sagte der Versammlungsleiter und Lahrer Krankenhaus-Arzt Wael Hamdan der LZ. "Seit zwei Jahren stehen wir im Dauerfeuer, und ein Ende der Pandemie ist noch nicht in Sicht, auch wenn das einige Politiker anders sehen." Deshalb habe man sich entschieden, eine Gegenbewegung zum Lahrer "Spaziergang" zu initiieren. "Wir haben Verständnis, dass die Menschen müde sind. Wir sind es auch. Deshalb fordern wir sie auf: Lasst euch impfen", betonte der Mediziner. Er und seine Mitstreiter hatten Plakate vorbereitet, auf denen unter anderem stand: "Impfen statt schimpfen", "Wir sind wütend" und "Ihr Rettungswagen ist noch beim Desinfizieren".

Sonnenplatz wird gemieden

Einen Austausch zwischen den beiden Bewegungen gab es nicht. Die "Spaziergänger" zogen wie gewohnt schweigend die Marktstraße hinauf, mieden dabei jedoch – ob bewusst oder unbewusst – den Sonnenplatz und trafen so nicht auf die Teilnehmer der Mahnwache, zu der der Lahrer Ortsverband der Satirepartei "Die Partei" aufgerufen hatte. Knapp 50 Menschen waren dem Aufruf zu dieser Kundgebung gefolgt. Auch dort gab es Banner und Plakate, die zur Einhaltung der Hygienemaßnahmen und zur Impfung aufriefen.

Die Teilnehmer des Montagszugs marschierten unter anderem durch die Schillerstraße, die Kaiserstraße, über den Marktplatz, die Kirchstraße und den Schlossplatz. Dabei wurden sie wie gewohnt von mehreren Polizeistreifen begleitet. Erneut konnten sich die Beamten aufs Beobachten beschränken: Alles blieb friedlich.

Kein Abstand, keine Masken

Allerdings hielten sich die "Spaziergänger" abermals nicht an die Hygienemaßnahmen – auch dann nicht, als sie nach gut einer halben Stunde zurück am Ausgangspunkt waren und noch minutenlang im Pulk zusammenstanden. Genau das hatte vor dem Protestmarsch der Rettungssanitäter Sven Maier im Gespräch mit der LZ kritisiert: "Alle nehmen Einschränkungen in Kauf, und die Spaziergänger laufen ohne Abstand und ohne Maske durch die Gegend."

Info - Flugblätter verteilt

In Langenwinkeler Haushalten wurden am Wochenende Flugblätter mit "Querdenker"-Material verteilt. Mehrere Leser ließen der LZ die drei jeweils doppelt bedruckten Seiten (zweimal DIN A4, einmal DIN A3) zukommen. Hauptinhalt: zusammenkopierte Internetartikel mit entsprechenden Links, die Fakten zur Corona-Lage infrage stellen. Einen Hinweis auf den Verteiler gibt es nicht.