Gedenken in Heiligenzell: Ortsvorsteherin Brigitta Schrempp mit dem Kranz ihrer Gemeinde in der Pfarrkirche Herz Jesu. Foto: Bohnert-Seidel

Auch in Friesenheim gedachten die Menschen anlässlich des Volkstrauertags den Opfern von Krieg und Gewalt. Doch die Stimmung ist dieses Jahr spürbar anders – erstmals seit Jahrzehnten ist der Krieg ganz nah.

Friesenheim - Eigentlich wird am Volkstrauertag den Opfern beider Weltkriege gedacht. So spielten auch in Friesenheim Chöre und Musikvereine in den Kirchen oder an den Ehrendenkmälern. In Heiligenzell lag ein Buch mit Fotos von Opfern des zweiten Weltkrieges aus. Doch durch den Krieg in der Ukraine war das Bedürfnis näher zusammenzurücken spürbar. Auch die Furcht vor einem Krieg im eigenen Land treibt die Menschen um. Die Gedanken waren bei den Menschen, die in der Ukraine alles verloren haben. Lange nicht mehr war das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt so nah.

In ihren Reden gingen die Ortsvorsteher auf Auswirkungen des Krieges in der Ukraine ein. So fand Ortsvorsteher Andreas Bix in Oberweier deutliche Worte: "Russland hat mit dem Angriff auf die Ukraine erneut das Völkerrecht und alle Regeln der Nachkriegsordnung in Europa gebrochen." Bilder dieses brutalen Krieges ließen niemanden kalt, erklärt der Ortsvorsteher: Menschen, die vor Bomben in U-Bahnschächte fliehen, Massengräber von Zivilisten und Soldaten, Familien, die durch Krieg und Zerstörung alles verloren haben oder getrennt wurden. Überall Zerstörung und Leid: "All diese Schrecken des Krieges finden im Herzen Europas statt", betont Bix.

Volkstrauertag auch nach mehr als 100 Jahren zeitgemäß

Die Ortsvorsteherin von Heiligenzell, Brigitta Schrempp, bediente sich eines Zitats des früheren Reichstagspräsidenten Paul Löbe: "Es müssen Gesetze geschaffen werden, durch welche die für einen Kriegsausbruch Verantwortlichen gezwungen würden als erste in die Schützengräben zu gehen." Mit Überzeugung erklärte Schrempp, dass auch ein Jahrhundert später dieses Zitat zum Nachdenken zwinge. Der Volkstrauertag sei auch nach mehr als 100 Jahren zeitgemäß, so Schrempp: Mit ihren Gedenkveranstaltungen setzen Gemeinde, Kirche und Bürgerschaft eine gewichtiges Zeichen des Guten gegen das Böse.

"Alle gemeinsam müssen wir uns dran setzen, dass unsere Demokratie nicht gefährdet wird und möglichst bald diese sinnlose Gewalt in der Ukraine ein Ende hat", erklärte Ortsvorsteherin Silke Weber in Ottenheim und betont: "Die Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und der Friede unter allen Völkern diese Welt darf nie verloren gehen."

"Wir müssen untereinander vermitteln"

Ähnliche Worte fand auch der Kürzeller Ortsvorsteher Hugo Wingert: "Wir müssen untereinander vermitteln und dürfen dies auch von den Menschen erwarten, die zu uns kommen. Wir sind aufgefordert, über den Tellerrand des eigenen, nationalen Gedenkens hinauszuschauen." Denn Wissen sei die Basis eines ehrlichen Austausches auf einem nie endenden Weg zu Versöhnung, Verständigung und Frieden, so Wingert.

In allen Gemeinden in Friesenheim und Ried wurden an den Ehrenmalen oder Gedenktafeln für die Gefallenen der Weltkriege Kränze niedergelegt. Oft waren die Gedenkfeiern mit Kranz auch ein zentraler Teil der Gottesdienste. In Schwanau sollen künftig Stolpersteine an die jüdischen Opfer erinnern. In Meißenheim werden Jugendliche für die Kriegsgräberfürsorge Spenden sammeln.