Eugen Schlachter (links) und Peter Ludwig vom Bankhaus Faisst werden bald den Kaufvertrag unterschreiben. Foto: Fischer

Im Jahr 1926 hat Johannes Faisst das gleichnamige Bankhaus in Wolfach gegründet, seitdem ist das Unternehmen im Familienbesitz. Nun soll es an eine türkische Bank verkauft werden – für Leiter Peter Ludwig ist dies Fluch und Segen zugleich.

Wolfach. "Wir sind schon ein Exot hier auf dem Bankenmarkt und mit Abstand die kleinste Privatbank in Baden-Württemberg, viele gibt es davon sowieso nicht mehr", sagt Geschäftsführer Eugen Schlachter. Immer höher werdende Anforderungen bei der Aufsichtsregulation und hohe Kosten für die EDV, die Ausbildung der Mitarbeiter und auch für Wirtschaftsprüfer seien in den vergangenen Jahren mit einem erheblichen Aufwand verbunden gewesen.

Bereits jetzt an die Zukunft denken

"Noch stehen wir gut da, aber wenn wir weiterhin vernünftige private Finanzdienstleistungen bringen wollen, müssen wir einen anderen Weg gehen. Die Grundkosten und Programme sind einfach für Banken gemacht, die hundert Mal größer sind als wir, da haben kleine mittelständische Banken einen erheblichen Wettbewerbsnachteil", erklärt Peter Ludwig. Er ist gemeinsam mit seinem Bruder und seiner Cousine aktuell noch Inhaber des Wolfacher Traditionsbankhauses. Seit einiger Zeit laufen allerdings die Verkaufsgespräche mit der türkischen Privatbank Yapi Kredi, die das Wolfacher Bankhaus kaufen möchte.

"In Genossenschaften wird fusioniert, aber diesen Weg kann eine Privatbank nicht gehen", begründet Ludwig den Schritt, den die Bank nun gehen wird. Das türkische Kreditinstitut sei mit rund 16 000 Mitarbeitern von der Größenordnung her ungefähr vergleichbar mit der deutschen Commerzbank.

Wolfacher Bank hat bereits zahlreiche Angebote bekommen

Nach den vertraulichen Übernahmegesprächen steht eine Vertragsunterzeichnung laut den Bankchefs kurz bevor, bis dann aber alles in trockenen Tüchern ist, dauert es dennoch rund ein Jahr – denn nach dem Vertrag stehen noch eine Prüfung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) und der Europäischen Zentralbank (EZB) an.

Das Wichtigste ist aber: Für die Kunden ändert sich außer den Besitzverhältnissen auf dem Papier zunächst nichts. "Der Standort Wolfach, der Name und auch wir werden weiterhin für unsere rund 3000 Kunden, die wir auch fast alle persönlich kennen, da sein und genauso weitermachen wie bisher. Auch unsere Mitarbeiter sollen alle bleiben", so Ludwig.

Durch Brexit wollen viele Banken nach Deutschland

In den vergangenen Jahren habe die Wolfacher Bank immer wieder Übernahmeangebote erhalten, obwohl sie nicht aktiv an den Markt gegangen sei. "Gerade nach dem Brexit wollen viele Banken weg aus London und sich nach Deutschland verlagern. Wir hatten sicher zehn Anfragen in den vergangenen zwei Jahren", berichtet Ludwig.

Er betont: "Das ist kein Notverkauf, sondern wir haben uns schon lange Gedanken gemacht, um nachhaltig für unsere Mitarbeiter und Kunden da zu sein." Die Solidität sei bisher mit einer Bilanzsumme von 60 Millionen Euro und einem Gesamtkapital von 17,34 Prozent noch gegeben, "aber man sollte sich über die Zukunft Gedanken machen, wenn man noch gut schnaufen kann", sagt Ludwig, dessen Großvater das Wolfacher Bankhaus aufgebaut hat.

Solidität der Käufer ist Hauptargument für den Verkauf

Dass sein Familienbetrieb nun bald verkauft wird, sei für den 62-Jährigen ein zwiespältiges Gefühl: "Wir haben ein sehr nahes Verhältnis zu unseren Kunden und ich hoffe, dass diese sich nicht von uns abwenden, denn wir bleiben ja weiterhin dabei. Eigentlich ändern sich ja ›nur‹ die Eigentümerstruktur, doch allein das tut weh. Aber es ist auch eine Befreiung von steigenden Anforderungen."

Auf die Frage, warum es nach zahlreichen Angeboten nun ausgerechnet eine türkische Bank geworden ist, antwortet Ludwig: "Dem ein oder anderen mag ein türkischer Konzern als Eigentümer unserer Bank vielleicht etwas fremd erscheinen – das verstehen wir. Auf der anderen Seite ist ein soliderer Käufer kaum vorstellbar. Das war unser Hauptargument bei der Wahl eines Käufers." Mit dieser Lösung könne das Wolfacher Traditionshaus "Bestehendes bewahren und trotzdem Neues wagen."

Die „Yapi Kredi“

DIe "Yapi Kredi" ist eine der größten türkischen Privatbanken und gehört zum größten türkischen Industriekonzern, der Koc-Holdig. Diese beschäftigt weltweit rund 96 000 Mitarbeiter und hat einen Jahresumsatz von rund 30 Milliarden Dollar. Sie steht für 9,5 Prozent des gesamten türkischen Exportvolumens.