Ludwig Vetter freut sich über eine Riesenbrezel für den Tafelladen. Quelle: Unbekannt

Menschlichkeit wird in der Weihnachtszeit besonders groß geschrieben. Aber es gibt Menschen, die ehrenamtlich das ganze Jahr über ihren Mitmenschen helfen. Unsere Redaktion hat die Mitarbeiter der Hornberger Tafel einen Tag lang begleitet.

Hornberg - Immer mit dabei und anscheinend unermüdlich ist Henriette Haas, Leiterin und Initiatorin der Tafel. Sie schließt am Morgen um 7.30 Uhr die Tür des Ladens auf und hilft Ludwig Vetter und Hannes Näckel, Boxen in den Lieferwagen der Tafel einzuladen. Die beiden bereiten ihre Tour zu Supermärkten und Läden vor. An die 20 Stellen fahren sie am Vormittag an und holen dort Spenden ab.

Rentner Ludwig Vetter sitzt am Steuer, er ist noch nicht lange dabei. Er wollte sich eigentlich bei der neugegründeten Tafel in Haslach (wir berichteten) einbringen da er dort wohnt, erzählt er während der Fahrt. Dann war er beim Tag der Offenen Tür des Hornberger Tafelladens im Oktober, um sich zu informieren. Dabei erfuhr er von Henriette Haas, dass dort der Fahrer kurzfristig aufgehört habe. Vetter überlegte nicht lange und übernahm die Aufgabe.

Die Tour führt von Hornberg zuerst nach Schiltach. Hannes Näckel kennt sich bestens aus: "Der Edeka-Markt hat gerade erst neu eröffnet, da fahren wir heute nicht hin", weiß er. Vor dem Umbau habe der Markt "den Laden leer gemacht und alles gespendet", berichtet er.

Hannes Näckel ist die Freude über größere Spenden anzusehen. Er ist 22 Jahre alt und erzählt, dass ihm die Idee beim Tafelladen zu helfen, spontan kam, als er an dem Laden vorbei lief. "Jetzt mache ich das zweimal in der Woche. Ich bin Freiberufler, kann also meine Arbeitszeit am Wochenende nachholen, das passt", erzählt er. Näckel steigt meistens am Eingang eines Supermarkts aus und fragt im Laden nach den Spenden, während Ludwig Vetter zum Lagereingang fährt. Die "Ausbeute" ist sehr unterschiedlich: einmal gibt es nichts, dann wieder mehrere Boxen voll mit Gemüse und Obst, das nicht mehr richtig frisch aussieht, aber noch verwendet werden kann. Bei einem Obsthof holt der Tafelwagen sieben Kisten Äpfel ab. Bei der Nachernte wurden zwei Baumreihen schlichtweg übersehen und die Äpfel sind nicht für den Verkauf geeignet, auch wenn man ihnen das nicht ansieht.

Hauptsächlich gibt es Ware, die kurz vor dem Verfallsdatum steht oder nicht mehr gut genug für den Verkauf aussieht. Bei manchen ist das Mindesthaltbarkeitsdatum auch gerade abgelaufen.

Es gibt außer Obst und Gemüse viele Milchprodukte. An einer Station gibt es eine größere Menge Klobürsten, die anscheinend lange Zeit keinen Abnehmer fanden. "Manchmal wundert man sich schon, was da in den Geschäften übrig bleibt. Einmal hatte wir eine größere Mengen Batterien für Hörgeräte", erzählt Hannes Näckel.

Er führt während der Fahrt Buch über die Anzahl der Kisten, die an den Stationen abgeholt werden. Die Ware ist nicht überall in Transportboxen verpackt, dann packen die Tafelmitarbeiter alles um.

Die Tour führt von Schiltach nach Wolfach, Hausach, Haslach, Fischerbach, Gutach und zurück nach Hornberg. Dort gibt es bei Edeka Baumann viel abzuholen. Da der Tafelladen keine Lebensmittel zukaufen darf, hat der Rotary-Club in Absprache mit Henriette Haas bei Baumann besonders nötige Dinge bestellt. Diese holen Näckel und Ludwig nun ab. Die letzte Station ist die Hornberger Filiale vom Gutacher Dorfbeck, dort gibt es Brot und Kuchen.

Viele Helfer sortieren die Spenden in die Regale ein

Der Wagen ist nun bis an die Grenze voll gepackt. "Bis auf die Spende des Rotary-Clubs wäre alles andere auf dem Müll gelandet, es ist auch sehr nachhaltig, was wir hier tun", erklärt Hannes Näckel.

Gegen 12 Uhr ist die Tour beendet und viele fleißige Helfer warten schon, der Lieferwagen ist schnell leergeräumt. Fünf bis sechs Mitarbeiter sind anschließend damit beschäftigt, alles zu sortieren. Sie sind geschult zu entscheiden, was noch verkauft werden kann.

Vorne im Tafelladen räumen vier Mitarbeiter Brot und Milchprodukte in die Regale und die Theke, Ware aus dem Lager wie Hygieneprodukte oder haltbare Lebensmittel werden nachsortiert. Es ist viel Arbeit im Hintergrund nötig. So bekommt die Tafel auch Ware vom Zentrallager in Singen, wie Reis in großen Säcken. Dieser muss dann in kleinere Mengen abgepackt werden.

Henriette Haas hat in ihrem kleinen Büro hinter dem Laden einen Berechtigungsausweis verlängert und festgelegt, in welcher Reihenfolge die Kunden hereingelassen werden. Es sei nicht mehr möglich, alle gleichzeitig hereinzulassen, erzählt sie. Es seien zu viele auf einmal gewesen, Schwache hätten sich nicht durchsetzen können. Nun bekommen die Berechtigungsscheine Aufkleber in fünf verschiedenen Farben und es gibt ein rollierendes System, nach dem die Reihenfolge, in der die der Kunden hereingelassen werden, festgelegt wird.

Kurz vor 15 Uhr ist alles fertig, es herrscht eine gespannte Ruhe bis die erste Gruppe Kunden hereinlassen wird. Es sind sehr unterschiedliche Menschen, die bei der Tafel einkaufen. Die Zahl der Flüchtlinge aus Syrien habe abgenommen, informiert Henriette Haas, dafür kämen jetzt vermehrt Ukrainer. Oft sei eine Sprach-App die einzige Möglichkeit, zu kommunizieren, daher sei es wichtig, dass die Kunden Smart-Phones hätten.

Es kämen aber zunehmend auch mehr Deutsche, die Probleme haben, berichtet Haas. Menschen, die früher mal Kunden waren und denen es dann besser ging, kommen wieder. Insgesamt 100 aktive Ausweise gibt es momentan. Dahinter verbergen sich 250 Menschen, davon gut 100 Kinder, die bei der Tafel einkaufen. Oft sei es den Menschen unangenehm, als Kunde der Tafel erkannt zu werden. Das mache auch die Suche nach neuen Räumen für den aus allen Nähten platzenden Laden schwierig. Er sollte im Interesse der Kunden nicht in der Hauptstraße liegen. Die Mitarbeiter haben übrigens eine Verschwiegenheitsverpflichtung unterschrieben, sie dürfen nicht weitergeben, wer Kunde ist.

Der Einkauf geht ruhig vonstatten. Einige Kunden kommen mit Einkaufslisten, aber von manchen Produkten gibt es nicht viel. So darf an diesem Tag jeder nur eine Paprika kaufen.

Anteil der Deutschen und Ukrainer unter den Kunden steigt

Hildegard Armbruster weist hinter der Theke Kunden auf Dinge hin, die es nicht immer gibt, beispielsweise Donuts, Kaffee oder Speiseöl. Die Ehrenamtlichen haben zur Zeit Unterstützung von zwei Schülern, die ihr Praktikum machen. Moritz Lehmann und Alunkone Bounmisavath helfen fleißig, indem sie Ware aus dem Lager holen und die Regale nachfüllen. Sie wollen vielleicht nach dem Praktikum weiter helfen.

Im Non-Food-Bereich macht Ernst Dieterle, wie er sagt, "soziale Preise". Da wird je nach Zustand schon mal ein T-Shirt für einen Euro oder ein Oberhemd für 1,50 Euro verkauft.

Den "schlimmsten Job" habe Kassiererin Sabine Scholz, sie müsse viele Preise im Kopf haben und sich sogar manchmal wegen der Preise rechtfertigen, sagen die anderen Mitarbeiter. Dabei müssen bei der Tafel höchstens 30 Prozent des letzten Preises im Geschäft bezahlt werden. Die Einnahmen werden gebraucht, um beispielsweise die Miete für den Laden oder den Unterhalt des Lieferwagens zu zahlen.

Henriette Haas ist gespannt, wie sich das Miteinander mit der Tafel Haslach gestalten wird. Bisher habe sie auch Kunden beispielsweise aus Fischerbach und Haslach gehabt. Gemäß der Vereinbarung mit der Offenburger Tafel bleibt die Raumschaft Hausach bei der Tafel Hornberg. Auch die Anpassung der Einkommensgrenzen im kommenden Jahr wird die Zahl der Einkaufsberechtigten verändern.

Einkaufsausweis

Der Tafelladen hat dienstags und freitags von 15 bis 17 Uhr geöffnet. Um dort einkaufen zu können, ist ein Einkaufsausweis notwendig. Dieser wird gegen die Vorlage des Einkommensnachweises im Tafelladen ausgestellt. Die Einkommensgrenzen liegen bei 980 Euro für Alleinstehende, 1300 Euro für Ehepaare oder Lebensgemeinschaften und 300 Euro für jedes Kind.