Die Technik im OP-Saal ist auf dem neuesten Stand. Foto: Pascal Bastien/IHU Strasbourg

Klinik: Medizinisches Kompetenzzentrum in Straßburg seit November in Betrieb

Straßburg (thi). Die Straßburger Chirurgie hat nicht nur ein neues Dach über dem Kopf. Es ist die Chirurgie selbst, die neue Maßstäbe setzt. In den neun Operationssälen wird sozusagen die Chirurgie von morgen praktiziert: Die Technik, die zum Einsatz kommt, ist auf dem neuesten Stand. Die minimalinvasive Chirurgie präsentiert sich auf höchstem Niveau – zum Nutzen von Patienten und Forschung.

Das neue Forschungsinstitut "Institut hospitalo-universitaire" (IHU) – mit dem Krankenhaus "Nouvel Hôpital civil" (NHC) und dem Institut für Magen- und Darmkrebsforschung (IRCAD) nebenan – will eine aktive Plattform zwischen Praxis und Innovation sein.

Der Patient kommt dort nicht einfach "unters Messer". Operiert wird per Endoskop. Der Chirurg sieht das Innere des Patienten über bildgebende Verfahren (Tomografie) auf dem Bildschirm und nimmt mit dem Ende des Endoskops seinen chirurgischen Eingriff vor. So ist der Operationssaal ein Sammelsurium von festen und beweglichen Geräten rund um den Operationstisch. Die Chirurgen arbeiten mit dem Joystick vor den Bildschirmen. "Der Patient empfindet das nicht mehr als aggressiven Eingriff. Das ist die Zukunft der Chirurgie", sagt Jacques Marescaux, Präsident des IRCAD, der auch das IHU leitet.

Eine weitere Besonderheit: Die Operation ist kostenlos. Dieses Jahr erwartet man rund 6000 Patienten. Und Marescaux ist überzeugt, dass zu den Patienten, die bislang nur aus der Region stammen, mit den Jahren auch Menschen aus dem ganzen Land und darüber hinaus nach Straßburg kommen, um sich operieren zu lassen.

220 Millionen Euro wurden investiert

Der ehemalige Präsident Nicolas Sarkozy hatte Marescaux 2009 bei der Einweihung des "Centre hospitalier universitaire" (CHU) beauftragt, ein medizinisches Kompetenzzentrum aufzubauen. "Ein Jahr hat eine Kommission mit 36 Mitgliedern daran gearbeitet. Eine internationale Jury hat unsere Pläne gutgeheißen", berichtet Marescaux. Der Staat habe rund 80 Millionen Euro beigesteuert, die Stadt Straßburg, die Region Elsass und das Département Bas-Rhin hätten den Bau für 30 Millionen übernommen. Insgesamt seien für das IHU 220 Millionen Euro investiert worden. "Den größten Teil der technischen Investitionen decken Beteiligungen von Privatleuten und aus der Wirtschaft: 115 Millionen Euro. Einer der größten Geber ist die ›Siemens Healthcare‹", so der IHU-Leiter. Das sei das bedeutendste Engagement des deutschen Unternehmens in Frankreich aller Zeiten.

"Auch das Unternehmen Karl Storz Endoskope aus Tuttlingen ist mit im Team", freut sich Marescaux über so viel deutsche Beteiligung. Eigentlich habe man vorgesehen, dass der französische Premierminister Bernard Cazeneuve das IHU im Frühjahr einweiht. "Aber bei so viel Technologietransfer über den Rhein hinweg wäre es doch schön, wenn Merkel und Hollande das übernehmen. Also Ende April erst die Tram und dann das IHU – das wäre eine feine Sache. Mal sehen, wir arbeiten mit Paris und Berlin daran", sagt Marescaux. Was für ihn aber vermutlich wirklich zählt, ist, dass im IHU schon seit November mit der "Chirurgie von morgen" operiert wird.