Das Gewerbegebiet Interkom soll wachsen. Dafür hat sich der Steinacher Gemeinderat jetzt grundsätzlich ausgesprochen. Foto: Störr

Große Überraschung in Steinach: Der Gemeinderat hat einer Erweiterung des Gewerbegebiets Interkom grundsätzlich zugestimmt – in der nichtöffentlichen Sitzung im Mai.

Steinach - Der Tagesordnungspunkt "Bekanntgaben aus nichtöffentlicher Sitzung" sorgt selten für so viel Verblüffung wie sie am Montagabend im Zuschauerraum des Steinacher Sitzungssaals zu spüren war: "Der Gemeinderat stimmt einer Erweiterung des Gebiets des Zweckverbands ›Gewerbegebiet Interkom Steinach/Raumschaft Haslach‹ zu", verlas Simone Muth von der Verwaltung einen Beschluss. Die Zustimmung ist allerdings mit einigen Bedingungen verbunden.

Das sind die Bedingungen

Der nichtöffentliche Beschluss fiel unter mehreren Bedingungen. So soll das Gewerbegebiet eine Gesamtgröße von etwa siebeneinhalb Hektar aufweisen. Die Kosten eines Verkehrsgutachtens für die Gemeinde Steinach sollen zur Hälfte übernommen werden. Der Interkom-Zweckverband soll zudem den Bau des Anschlusses an die B 33 übernehmen. Die Verteilerschlüssel für Betriebskosten-, Kapital- und Tilgungsumlage bleiben auf der bisherigen Satzungsregelung, vom Steueraufkommen (Grund- und Gewerbesteuer) im Verbandsgebiet erhält die Gemeinde Steinach einen Vorwegabzug in Höhe von 15 Prozent. Die weiteren Verteilungsregelungen bleiben auf der bisherigen Satzungsregelung. Der Verteilerschlüssel Steueraufkommen soll ab der Anmeldung des ersten Gewerbebetriebs in der Erweiterungsfläche beziehungsweise bei einem bereits ansässigen Gewerbebetrieb der tatsächlichen Betriebsaufnahme für das bisherige und das künftige Verbandsgebiet gelten.

Das sagt der Bürgermeister

Die Bekanntgabe sorgte für Verblüffung – im Nachgang der Sitzung war von einigen Gästen zu hören, dass sie erwartet hätten, eine Entscheidung dieser Tragweite würde öffentlich debattiert werden. Bürgermeister Nicolai Bischler verteidigte den gewählten Weg im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die Gemeinde Steinach musste den Verteilerschlüssel mit den übrigen beteiligten Interkom-Gemeinden verhandeln. Eine vorgelagerte öffentliche Debatte um die Zahlen hätte die Verhandlungsposition geschwächt, so Bischler. "Es war mir wichtig, das bestmögliche Ergebnis für Steinach zu erzielen", so der Rathaus-Chef.

"Es war ein wichtiger Beschluss", betonte der Bürgermeister. Der Gemeinderat habe sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde intensiv in zwei Klausurtagungen beschäftigt. "Wenn wir den Erhalt von Arbeitsplätzen und auch das Schaffen neuer Arbeitsplätze ernst nehmen wollen, ist der interkommunale Weg der richtige", machte er außerdem deutlich.

Ein großer Punkt sei auch der Verkehr in der Gemeinde. Und dort solle die Bürgerbeteiligung ansetzen. Bei dem anvisierten Workshop sollen die Bürger sich ausreichend einbringen können – "hier ist die Bürgerbeteiligung aufschlussreich und zielführend", sagte er.

Das sagt der Gemeinderat

Der Beschluss war natürlich auch am Montagabend noch Thema im Gemeinderat. Unter "Anfragen" meldete sich Gregor Uhl (FW) gleich mit mehreren Punkten zum Thema zu Wort. Er erinnerte daran, dass eine Umfrage bei Steinacher Betrieben bereits einen Bedarf von zehn Hektar ergeben hätte. Provokant fragte er, ob man da nicht lieber gleich ein 20-Hektar-Gewerbegebiet ausweisen wolle. Bischler betonte, dass in der nichtöffentlichen Sitzung über die 7,5 Hektar diskutiert wurde und über keine andere Zahl.

"Wie soll jetzt überhaupt noch die versprochene Bürgerbeteiligung stattfinden?", fragte Uhl ebenfalls. Bischler betonte, diese sei immer noch äußerst wichtig. Die Bürger sollen im Rahmen des Verkehrskonzepts eingebunden werden – bevor dieses erstellt wird, werde es einen Workshop geben, so Bischler. Auf die Frage Uhls, ob eine mögliche kommunale Erweiterung vom Tisch sei, entgegnete Bischler, das Gremium habe sich für den interkommunalen Weg ausgesprochen.

Das sagt die BI

2015 hatte eine mögliche Interkom-Erweiterung zu einem Bürgerentscheid geführt, bei dem sich eine Mehrheit in der Gemeinde gegen die Erweiterung aussprach. Dieser ist nicht mehr bindend.

Die Bürgerinitiative "Lebenswertes Steinach" behält sich vor, diesen Weg erneut zu gehen. Am Dienstag hieß es, man müsse das noch besprechen. Ab Veröffentlichung des Sachverhalts hat die Bürgerinitiative nun drei Monate Zeit, zu reagieren.

So geht’s weiter

Der nächste Schritt für die Gemeinde auf dem Weg zur Erweiterung ist jetzt das Verkehrskonzept, informierte Bischler auf Nachfrage am Dienstag.

Info: Darum geht’s

Am "Interkommunalen Gewerbegebiet Steinach/Raumschaft Haslach", das auf Steinacher Gemarkung liegt, beteiligen sich die Gemeinden Steinach, Haslach, Fischerbach, Hofstetten und Mühlenbach. Im Juni 2015 hat ein Bürgerentscheid eine geplante Erweiterung der Fläche knapp verhindert: 53,6 Prozent der Steinacher sprachen sich damals gegen eine Erweiterung des Gewerbegebiets aus. Ein Bürgerentscheid ist jedoch nach drei Jahren nicht mehr bindend.

Kommentar: Chance vertan?

Zu bestimmten Bedingungen kann das Interkom erweitert werden. Das hat der Steinacher Gemeinderat nichtöffentlich beschlossen. Die Reaktion im Zuschauerraum der Gemeinderatssitzung war eindeutig – die meisten fühlten sich unvermittelt vor vollendete Tatsachen gestellt. "Will man es hier wieder auf einen Bürgerentscheid ankommen lassen?", fragte Gemeinderat Gregor Uhl dann auch etwas provokant in der Sitzung. Die hitzige Debatte und der Bürgerentscheid 2015 sowie unzählige Diskussionen in der Zwischenzeit haben gezeigt: Die Frage um die Erweiterung hat nicht an Relevanz – oder Emotionalität – verloren. Mehr Öffentlichkeit im Vorfeld der Grundsatzentscheidung für eine Erweiterung hätte der ganzen Sache wahrscheinlich besser zu Gesicht gestanden. Bleibt zu hoffen, dass die Bürgerbeteiligung zum Verkehrskonzept ernst genommen wird. Und dass die Gemeinde mit diesem Vorgehen nicht die Chance vertan hat, alle Bürger auf dem Weg zu "Interkom II" mitzunehmen.