Vater Aurelio (links), „Bärenkind“ Aurelio und Mama Nina Foto: Störr

Aurelio Paniagua aus Hornberg hat das Kabuki-Syndrom und eine unfassbare medizinische Reise hinter sich. Mit seinen gut vier Jahren steht er aufgrund einer Blasenentzündung mit resistenten Keimen vor der 17. Operation unter Vollnarkose.

„Schon während der Schwangerschaft war klar, dass eine Niere zu klein ist und Aurelio Wasser in der Lunge hat“, erzählt Mutter Nina Paniagua. Im Juni 2019 wurde Aurelio dann per Not-Kaiserschnitt zur Welt gebracht und sofort auf die Intensiv-Station verlegt. Dort bekam er zunächst eine Lungendrainage, die eine Niere wurde als zu klein und die andere als multizystisch diagnostiziert.

Als wenige Tage später eine Niereninsuffizienz dazu kam, stand die erste von so vielen Operationen an. Aurelio bekam einen Bauchfell-Katheter zur täglichen Dialyse. Außerdem wurde er aufgrund einer Gaumenspalte und dem schwachen Allgemeinzustand via Magensonde ernährt. Nach vier Wochen auf der Intensivstation wurde Aurelio auf die Normal-Station verlegt, wo Vater Aurelio und Mutter Nina endlich bei ihrem Kind übernachten konnten. Die tägliche Blutwäsche des Babys dauerte bis zu 14 Stunden, weitere Komplikationen zogen weitere Operationen nach sich. Als sie nach Hause durften, waren sie im Dauereinsatz. Allein für die Dialyse hatten sie 24 unterschiedliche Wecker gestellt und wechselten sich nachts im Zwei-Stunden-Rhythmus ab. Das ging so lange bis Aurelio groß genug war, um an den Cycler, einen maschinellen Wechsel der Dialyse, zu kommen.

Eltern wechselten sich nachts alle zwei Stunden ab

Und schon bei der Geburt war klar, dass Aurelio eine Spenderniere benötigen würde. Allerdings durfte der Spender nicht schwerer als 50 Kilogramm sein, womit Nina Paniagua als potenzielle Spenderin ausschied.

Im Alter von 14 Monaten wurde die Gaumenspalte operativ verschlossen, danach konnte Aurelio aus seinem Becher trinken. „Ich bin ein starker Superheld“, schrieb Mutter Nina in das begleitende Fotobuch über die Geschichte ihres Sohnes.

Im September 2021 konnte er dann einige Tage den Schulkindergarten „Huckepack“ (Freiburg) besuchen, doch der Dialyse-Katheter entzündet sich gleich zwei Mal mit resistenten Keimen. „Das war eine sehr harte Zeit“, blickt Nina Paniagua zurück. Aurelios Blutwerte waren irgendwann so schlecht, dass ein Zentral-Venenkatheder gelegt werden musste und zur Ernährung eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) mit Zugang von außen direkt in den Magen.

Im Juni 2022 kam dann der erlösende Anruf, eine passende Spenderniere stand zur Verfügung. Nach zwölf Stunden im OP schien zunächst alles gut verlaufen zu sein, doch nach wenigen Tagen gab es Komplikationen. Not-Operationen retteten Aurelio das Leben. Um das Abstoßen der neuen Niere zu verhindern, wird er zeitlebens Immunsuppresiva einnehmen müssen. Und die nächste große Operation war eigentlich auch schon geplant. „Wir haben uns mit allen Ängsten und Hoffnungen lange darauf vorbereitet“, erzählt Nina Paniagua. Bei Aurelio sind die Hüftpfannen nicht angelegt, womit die Hüfte mehrmals täglich herausspringt. Bei dem geplanten Eingriff sollte ein Dreieck in den Knochen gesägt und durch eine Knochen-Transplantation die Hüftpfanne ausgebildet werden.

Doch aufgrund der aktuellen Entzündungswerte wird jetzt zuerst einmal die zu klein angelegte und funktionslose Niere entfernt, die als Entzündungsherd vermutet wird. Gefragt nach der Gesamtzeit der Klinikaufenthalte mit ihrem Sohn, schätzen die Eltern sie auf mehr als ein Jahr.

Und Aurelio? Freut sich trotz allem seines Lebens, rutscht auf dem Po durch die Wohnung, fährt Bobbycar und drückt sich über eigene Gebärden aus. Im Steh-Trainer „Elefant“ darf er begleitet Tablet spielen und seit einem Jahr hat er bei Tagesmutter Barbara Achstetter Freunde und Familien-Anschluss.

Das Kabuki-Syndrom

Das Kabuki-Syndrom ist eine spontane Gen-Mutation, die bei der Zellteilung vorkommen kann. Laut Bundes-Gesundheitsministerium beträgt die Häufigkeit der Krankheit eine von bis zu 86 000 Menschen. Das Kabuki-Syndrom geht mit angeborenen Anomalien einher und ist gekennzeichnet durch typische Gesichtsmerkmale, Skelett-Anomalien, milde bis moderate intellektuelle Beeinträchtigung und nachgeburtlichem Kleinwuchs.