Wird die B 3, hier der Abschnitt kurz vor Altdorf aus Richtung Kippenheim kommend, zurückgebaut, sobald die Umfahrung fertig ist? Geht es nach Landrat Frank Scherer, wird diese Maßnahme dann in Angriff genommen. Foto: Decoux/Archivbild

Aus der Bundesstraße in der südlichen Ortenau soll eine kleinere Verbindungsstraße werden, sobald die Umfahrung fertig ist. Das hat Landrat Frank Scherer angekündigt. Ziel der Maßnahme ist, der Natur einige Flächen zurückzugeben. Zusätzlich kauft der Kreis Ökopunkte, was zu heftigen Diskussionen führt.

Das Vorhaben des Ortenaukreises kam am Donnerstag in einer Sitzung des Umwelt- und Technik-Ausschusses erstmals zur Sprache. Die Kreisräte diskutierten dabei über den Kauf von Ökopunkten. Der ist für den Bau der 2021 beschlossenen Umfahrungsstraße von Ringsheim nach Lahr aufgrund der Flächenversiegelung nötig. Eine Praxis, die Dorothee Granderath (Grüne) sauer aufstieß. „Die bestehende B 3 könnte auf halbe Breite zurückgebaut werden. Das wäre Entsiegelung, dann haben alle was davon“, schlug sie vor.

Landrat Frank Scherer entgegnete, dass man genau das vorhabe. „Ich bin Ihrer Meinung, was den Rückbau der alten B 3 angeht. Wir hoffen, dass wir dadurch auch in eine höhere Förderklasse für die Umfahrung kommen“, so der Landrat. „Das ist in unserem Interesse und auch im Interesse der Bürgermeister“, fuhr er fort mit einem Blick auf Kippenheims Bürgermeister Matthias Gutbrod, der nickend zustimmte. Scherer könne sich vorstellen, dass die dann alte B 3 nur noch etwa die Hälfte der Breite aufweist. „Sie wird keine Bundesstraße mehr sein, sondern nur noch eine reine Verbindungsstraße“, sagte er.

Landwirtschaft soll keine Nachteile haben

Auch wenn durch den Rückbau der B 3 gewisse Flächen der Natur zurückgegeben werden, reicht dies noch lange nicht aus, um die Flächen auszugleichen, die durch den Bau der Umfahrung versiegelt werden. Scherer erläuterte, dass sich der Ortenaukreis deshalb dazu entschieden hat, den Gemeinden Ringsheim und Rust sogenannte Ökopunkte abzukaufen. Ökopunkte stellen sozusagen die Währung dar, mit der Eingriffe in die Natur bezahlt werden, wenn keine Ausgleichsflächen geschaffen werden. Andersherum kann eine Kommune Ökopunkte schaffen, wenn sie Naturschutzmaßnahmen vornimmt.

Scherer erläuterte, dass die Alternative zur Investition von Ökopunkten gewesen wäre, Ausgleichsflächen auf Grundstücken zu schaffen, die derzeit Landwirten gehören. Das wollte man vermeiden. „Es ist ein guter Weg, um die Not der Landwirtschaft zu lindern“, so Scherer, der jedoch klar stellte, dass Ökopunkte auch in seinen Augen „die zweitbeste Lösung“ sind.

Konkret geht es um eine Million Ökopunkte, die der Kreis Ringsheim abkauft und um 1,6 Millionen Ökopunkte, die von der Gemeinde Rust erworben werden. Das lässt sich der Kreis einiges kosten. Pro Ökopunkt werden 1,25 Euro zuzüglich Umsatzsteuer fällig. Das sei ein Ergebnis der Verhandlungen mit den Gemeinden, schilderte der zuständige Dezernent Michael Loritz auf Nachfrage von Stefan Hattenbach (CDU). Teilweise seien auf dem Markt auch höhere Preise üblich.

Zweifel an Effektivität der Investition werden laut

Über die Investition der Ökopunkte entwickelte sich im Ausschuss eine hitzige Diskussion. In Summe gebe der Kreis 4,61 Millionen Euro aus, rechnete Granderath vor. „Auch unter finanziellen Gesichtspunkten ist die Kreisstraße ein falsches Projekt“, urteilte sie. Den Kauf von Ökopunkten bezeichnete sie als „Ablasshandel“. Lukas Oßwald (Linke Liste) sprang ihr zur Seite. „Das ist Beschiss an die Natur“, sagte er. „Wenn man Naturbelange ernst nimmt, kann man nicht glauben, dass dadurch ein Ausgleich geschaffen wird.“

Gutbrod, der als Kippenheims Bürgermeister seit Jahren für die Umfahrung kämpft, die vor allem seine Gemeinde entlastet, hatte kein Verständnis für die Diskussion: „Das System wird seit Jahren praktiziert. Für jedes kleine Baugebiet werden Ökopunkte benutzt. Das ist alltägliche Praxis.“ Wer das System nicht gut findet, dürfe „keinem einzigen Bauprojekt zustimmen“.

Maßnahmen wurden bereits umgesetzt

Der Ruster Karl-Heinz Debacher (SPD) erklärte, dass bereits Naturschutzmaßnahmen vorgenommen wurden, die dazu führten, dass beispielsweise die Gemeinde Rust über Ökopunkte verfüge. Zudem beinhalte der Kauf der Ökopunkte, dass die Gemeinden Rust und Ringsheim verpflichtet sind, ihre Flächen zu pflegen. Mit der Gemeinde Rust hat der Ortenaukreis darüber bereits einen Vertrag mit detaillierten Projekten abgeschlossen, Ringsheim soll folgen.

Schließlich stimmte der Ausschuss bei drei Gegenstimmen der Grünen-Vertreter sowie einer Enthaltung von Lukas Oßwald für den Kauf von Ökopunkten.

Planungsbericht

Bei der nächsten Sitzung des Umwelt- und Technik-Ausschusses will Landrat Frank Scherer einen Bericht zum Stand der Planungen zur Umfahrung geben. Das kündigte er an, nachdem mehrere Kreisräte sich dies wünschten. Teil des Berichts soll der Stand der Verhandlungen mit Grundstückseigentümern sein ebenso wie der Stand der Umweltverträglichkeitsprüfung. Die nächste öffentliche Sitzung ist für Dienstag, 20 Juni, angesetzt.