Neuer Fokus aufs Internet: Beim Polizeipräsidium kümmern sich 14 Mitarbeiter – unser Foto zeigt Sachbearbeiterin Isabell Greber – der neuen "virtuellen Dienststelle" vorrangig um Anzeigen, die online über die Plattform des LKA erstattet wurden. Quelle: Unbekannt

Das Polizeipräsidium Offenburg hat eine "virtuelle Dienststelle" eingerichtet: 14 Mitarbeiter kümmern sich um "Online-Anzeigen", die rein digital eingereicht werden können. Das Projekt soll bis Herbst 2023 laufen und wird eventuell ausgeweitet.

Offenburg - Bürger können bereits seit längerer Zeit zentral über die Webseite des Landeskriminalamts digital Anzeigen erstatten. Die landeten bisher auf den Schreibtischen in den jeweils zuständigen Polizeirevieren. Neu und landesweit einmalig ist nun, dass es in Offenburg ein Online-Team gibt, dass sich primär um die digitalen Anzeigen kümmert.

14 Voll- und Teilzeitmitarbeiter kümmern sich um Online-Anzeigen

Frei nach dem Motto "einfach machen" hatte das Polizeipräsidium bereits im Juni 2021 so eine "virtuelle Dienststelle" geschaffen. Die sei bis dahin eigentlich gar nicht vorgesehen gewesen, berichtete Polizeipräsident Jürgen Rieger bei einem Pressegespräch am Montagmorgen. Die 14 Voll- und Teilzeitmitarbeiter des neuen Online-Teams bearbeiten seither vorrangig die über die LKA-Plattform eingehenden Online-Anzeigen. Das neue Team soll die Anzeigen schneller und effizienter bearbeiten und bei Bedarf direkt an die richtigen Stellen weiterleiten. "Das hat in der ersten Phase jetzt hervorragend funktioniert", lobt Polizeipräsident Rieger.

Von der Innovationskraft der Idee konnten die Initiatoren des Polizeipräsidiums Offenburg schließlich auch das Innenministerium überzeugen. Das startete nun in Offenburg ein offizielles Pilotprojekt rund um die "Online-Wache". Für dessen Vorstellung war Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz am Montag nach Offenburg gekommen. "Je nach Fall kann die Anzeige komplett digital aufgenommen werden, ein persönlicher Termin auf der Polizeidienststelle ist damit nicht mehr erforderlich. Das spart Zeit, Fahrtkosten und wird den veränderten Nutzerinteressen durch die fortschreitende Digitalisierung gerecht", erläuterte Hinz beim Pressegespräch.

Projekt soll bei Erfolg auf weitere Polizeipräsidien ausgeweitet werden

Der Versuch soll bis Oktober 2023 laufen. Falls erfolgreich, soll das Modell auf andere Polizeipräsidien im Land ausgeweitet werden. "In den Revieren und Posten bleiben die Kollegen weiterhin ansprechbar", versicherte Hinz. Streifendienst und die Nummer für Notrufe würden deswegen nicht eingeschränkt.

Grundsätzlich befasst sich die Online-Dienststelle mit "einfacher Kriminalität" – etwa Internetbetrug, Diebstahl und Beleidigung. Bei schwerwiegenderen Vorwürfen übernimmt nach wie vor die Kriminalpolizei. "Wir reden beim Online-Team über das Massengeschäft", erklärte Polizeivizepräsident Norbert Schneider. "Da das Team für den gesamten Präsidiumsbereich von Rastatt bis Rust zuständig ist, können wir durch gezielte Zuteilung der Anzeigenbearbeitung die Belastung bei den Polizeirevieren steuern und ausgleichen." Das schaffe im Idealfall Freiräume – Beamte könnten anstatt bei der Anzeigenaufnahme am Schreibtisch mehr Zeit etwa auf der Straße verbringen und so Präsenz zeigen.

Seit Juni 2021 gingen fast 9000 digitale Anzeigen ein

Die Online-Anzeigen laufen über den Tisch von Mathias Moser, Koordinator des Online-Teams. Seit Juni 2021 waren das bereits fast 9000, darunter knapp 7900 Strafanzeigen. Allein im laufenden Jahr seien es bereits 6000 Meldungen gewesen. "Ich bewerte und beurteile die eingegangenen Mitteilungen", erklärte er beim Pressegespräch. Können die Anzeigen von seinem Team rein digital bearbeitet werden, gibt er sie weiter an einen Sachbearbeiter – bisher waren es mehr als 2000. Falls doch noch ein Vor-Ort-Termin notwendig ist, leitet er die Anzeige an Kollegen in den Polizeirevieren weiter. "Die Qualität der Mitteilungen ist von Anzeige zu Anzeige unterschiedlich", berichtet er. "Manche schreiben Romane, andere nur zwei Worte. Es liegt dann an uns, das weiter zu verfolgen." Häufig gehe es um Kriminalität beim Online-Handel.

"Ich bin bereits jetzt zuversichtlich, dass wir das Pilotmodell zum Erfolg führen werden", so Polizeipräsident Rieger. "Die Qualität der Anzeigenbearbeitung hat sich gerade im Bereich der einfachen und mittleren Cyberkriminalität und bei den Betrugsdelikten weiter verbessert."

So funktioniert die Online-Anzeige

Die "Internetwache" der Polizei im Südwesten ist über die Adresse www.polizei-bw.de/internetwache_formular erreichbar. Dort können Bürger über ein Kontaktformular Mitteilungen, Hinweise oder Anzeigen zu Straftaten übersenden, die kein sofortiges Tätigwerden der Polizei erfordern. Zu beachten gilt es natürlich, dass eine falsche Anschuldigung – auch im Netz – strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Die entsprechende Nachricht wird vom Landeskriminalamt an die für den jeweiligen Wohnort zuständige Polizeidienststelle weitergeleitet – im Fall des Polizeipräsidiums Offenburg an die neue "virtuelle Dienststelle". In der Regel meldet sich ein Beamter innerhalb von zwei Tagen.