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Mehrheit im Gemeinderat folgt dem Vorschlag der Verwaltung

Haus- und Grundstücksbesitzer in Lahr müssen ab dem 1. Januar 2017 höhere Grundsteuern bezahlen. Nach einer kontroversen Diskussion hat der Gemeinderat am Montagabend die Anhebung des Hebessatzes beschlossen.

Lahr. Konkret steigt die Grundsteuer B für bebaute und bebaubare Grundstücke von 390 auf 420 Prozent. Für ein Einfamilienhaus mit einer Vier-Zimmer-Wohnung sind damit pro Jahr 24,70 Euro mehr zu bezahlen, bei einem Zweifamilienhaus steigt die Belastung um 53,49 Euro. Die Grundsteuer gehört zu den Betriebskosten eines Grundstücks, die auf die Miete umgelegt werden können.

Mit 17:12 Stimmen hat der Gemeinderat für die Erhöhung votiert – obwohl, wie berichtet, die Empfehlungen aus den Stadtteilen dagegen gesprochen hatten. Vier von sieben Ortschaftsräten – Mietersheim, Kuhbach, Langenwinkel und Kippenheimweiler – hatten sich in den vergangenen Wochen gegen die Anhebung der Grundsteuer ausgesprochen; Zustimmung hatten lediglich die Ortsgremien von Hugsweier, Reichenbach und Sulz signalisiert. Zuletzt hatte, wie berichtet, auch der Verein "Haus und Grund" gefordert, auf die Steuererhöhung zu verzichten.

Im Gemeinderat gab es nun ebenfalls Widerstand, der in erster Linie von der FDP und der Linken Liste kam, die geschlossen gegen die Steuererhöhung stimmten. Zwei weitere Fraktionen hatten sich nicht auf ein einheitliches Abstimmungsverhalten einigen können. So votierten bei den Freien Wählern zwei von sieben Mandatsträgern (Klaus Schwarzwälder und Roland Wagenmann) gegen die höhere Grundsteuer, bei der CDU waren es fünf von acht (Gerhard Straubmüller, Wilfried Wille, Harald Günther, Ilona Rompel und Julius Benz). Zustimmung kam von den Grünen und der SPD, wobei sich Norbert Bühler von der SPD seiner Stimme enthielt.

Wolfgang G. Müller hatte zuvor keinen Hehl daraus gemacht, dass die Initiative zur Steuererhöhung von ihm ausgegangen war. Es sei seine politische Aufgabe, die Einnahmen der Stadt zu erhöhen, so der Oberbürgermeister, der zugleich auf steigende Ausgaben der Kommune verwies, besonders bei der Kinderbetreuung. Von der Grundsteuererhöhung verspricht sich die Stadt 240 000 Euro Zusatzeinnahmen – "das sind fünf Erzieherinnenstellen", rechnete Müller vor.

Einen Seitenhieb gegen die Ortschaftsräte, die die Erhöhung ablehnen, konnte Müller sich nicht verkneifen – die selben Gremien würden bei den Haushaltsberatungen Forderungen stellen, betonte er. Zuletzt war die Grundsteuer B 2011 erhöht worden. Die jetzige Anhebung um 7,7 Prozent nannte Müller "sehr, sehr mäßig".

"Die Anpassung ist gerechtfertigt, wir müssen die Einnahmesituation verbessern", pflichtete Hermann Kleinschmidt (SPD) dem OB bei und verwies darauf, dass der Grundsteuerhebesatz in Offenburg (420 Prozent) sich bereits in den gleichen Dimensionen wie künftig in Lahr bewegt.

"Offenburg ist eine größere Stadt", hielt Ilona Rompel dagegen. Mit dem aktuellen Hebesatz von 390 Prozent liege Lahr im Durchschnitt. "Die Menschen sind schon genug belastet. Ob man da nochmal was draufsetzen muss, ist die Frage", so die CDU-Stadrätin.

Eberhard Roth (Freie Wähler) verteidigte die geplante Steuererhöhung: "Lahr ist gewachsen, wir müssen dieser Entwicklung gerecht werden. Vor allem in der Kinderbetreuung haben wir erhebliche Ausgaben."

Auch Sven Täubert (Grüne) verwies auf "zusätzliche Ausgaben durch Kinderbetreuung" und brachte einen "sozialen Aspekt" in die Diskussion ein: "Der Villenbesitzer zahlt mehr als der Mieter einer kleinen Wohnung."

Jörg Uffelmann gehörte zu den Gegnern der Steuererhöhung: "Sie trifft jeden", so der FDP-Stadtrat, der dafür plädierte, die Relationen im Auge zu behalten: Der städtische Haushalt habe ein Volumen von rund 160 Millionen Euro – "und wir wollen den Bürgern erklären, dass 240 000 Euro Zusatzeinnahmen heilsbringend sind?" "Für uns ist das nicht tragbar", so Uffelmann.

Lukas Oßwald (Linke Liste) sprach sich ebenfalls gegen die Erhöhung aus. "Die Zahl der Leute, die die Miete nicht mehr zahlen können, wird ohnehin zunehmen", ist er überzeugt. "Für junge Familien, die gebaut haben, wird es dadurch noch schwerer", meinte auch Harald Günther (CDU). Und: "Lahr hat kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem."

Letztlich war die Ratsmehrheit für die höhere Grundsteuer, die zu einer Mehrbelastung der Bürgerschaft von insgesamt 510 000 Euro brutto führen soll. Davon kommen 240 000 Euro im Stadtsäckel an, der Rest fließt in den Länderfinanzausgleich.