Im Zweifel für den Angeklagten: Das Landgericht Offenburg hat am Montag einen wegen schwerem sexuellen Missbrauchs angeklagten 47-Jährigen freigesprochen. Foto: Goltz

Das Landgericht hat einen 47-jährigen Mann vom Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 24 Fällen freigesprochen. Ausschlaggebend war am Montag ein Glaubhaftigkeitsgutachten.

Für eine Verurteilung lagen laut Gericht „zu wenig Glaubhaftigkeitsmerkmale“ vor. „Hier gilt der Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten“, erläuterte eine Sprecherin des Landgerichts nach der Urteilsverkündung. Ausschlaggebend war gewesen, dass ein sogenanntes Glaubhaftigkeitsgutachten eine Falschaussage des mutmaßlichen Missbrauchsopfers nicht sicher ausschließen konnte.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem 47-jährigen Angeklagten vorgeworfen, mit der 2009 geborenen Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin zwischen 2013 und 2015 mehrfach Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Zum Zeitpunkt des ersten mutmaßlichen Missbrauchs wäre das Mädchen demnach noch keine vier Jahre alt gewesen. Der Missbrauch sollte sich in der Wohnung der Mutter des Mädchens in Lahr abgespielt haben. Der Angeklagte hatte die Vorwürfe beim Prozessauftakt Mitte Februar kategorisch von sich gewiesen.

Vor der Urteilsverkündung und den Plädoyers stand am dritten Verhandlungstag das Glaubhaftigkeitsgutachten zu den Aussagen des mutmaßlichen Opfers auf der Tagesordnung. Die Sachverständige kam zu keinem eindeutigen Schluss: Eine Falschaussage sei nicht sicher auszuschließen. Einiges spreche jedoch dafür, dass das Mädchen das Geschilderte auch erlebt habe.

Vorläufiges Gutachten war positiver ausgefallen

Basierend auf der Vernehmung durch die Polizei und einem persönlichen Gespräch – fachlich Exploration genannt – war ein vorläufiges Gutachten noch deutlich positiver ausgefallen. „Es ist schon eine schlechte Ausgangsposition für Sie, das müssen Sie einfach wissen“, hatte sich Richter Stephan Hofsäß mit Verweis auf das vorläufige Gutachten beim Prozessauftakt an den Angeklagten gewandt. Der war trotzdem bei seiner Aussage geblieben: „Die Vorwürfe stimmen nicht ansatzweise.“

Ausschlaggebend für die Zweifel an der Glaubhaftigkeit sei ein „Bruch im Aussageverhalten“ des mutmaßlichen Opfers in der Hauptverhandlung gewesen, erläuterte die Sachverständige. Die heute 13-Jährige hatte am Freitag unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgesagt (wir berichteten). Dabei habe sich ein deutlich anderes Bild gezeigt, als beim persönlichen Gespräch mit der Sachverständigen. „So ein Strukturbruch ist kein automatischer Hinweis auf eine Lüge“, betonte die Sachverständige jedoch. Eine Falschaussage lasse sich jedoch nicht mit der nötigen Sicherheit ausschließen.

Im Urteil war das Landgericht Offenburg dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt. Basierend auf dem am Montag vorgetragenen Gutachten hatte Staatsanwalt Bastian Kioschis auf Freispruch plädiert.