Die Theater-AG des Max-Planck-Gymnasiums gestaltete die Gedenkfeier der Stadt Lahr zum Volkstrauertag mit einer szenischen Lesung, bei der sie unter anderem aus alten Feldpostbriefen und Texten von Ingeborg Bachmann, Karl Kraus und Walter Bauer vorlasen. Foto: Künstle

Stadt Lahr begeht Gedenkfeier / Schüler setzten sich mit Krieg und Frieden auseinander

Das Totengedenken am Volkstrauertag hat sich bei Feierstunde der Stadt Lahr in einer bewussten Würdigung der Opfer menschlichen Handels ausgedrückt. Die Toten beider Weltkriege rückten dann bei den Kranzniederlegungen in den Vordergrund.

Lahr. Das klassische Heldengedenken früherer Epochen wurde in Lahr schon vor Jahren von einer differenzierten Betrachtung abgelöst. In Erinnerung an die Opfer der beiden Weltkriege, an die toten Väter, Ehemänner und Söhne, werden nach wie vor auf dem Bergfriedhof und am Denkmal für die Opfer der Gewaltherrschaft Kränze niedergelegt.

In der vorgeschalteten Feierstunde im Lahrer Pflugsaal wurde das Thema Erinnerungskultur aber sehr viel weiter gefasst. Hier kommen immer wieder junge Menschen zu Wort, die sich in der Vorbereitung ihres Beitrags intensiv mit Krieg und Frieden, mit dem Wesen und der Tradition des Volkstrauertags auseinandergesetzt hatten. In diesem Jahr ist diese Rolle der von Andrea Welz geleiteten Theater-AG des Max-Planck-Gymnasiums zugefallen.

Theater-AG liest aus alten Feldpostbriefen aus dem Ersten Weltkrieg

Herausgekommen war eine szenische Lesung, die auf Feldpostbriefe aus dem ersten Weltkrieg zurückgriff und in der sich aber auch Textfragmente von Ingeborg Bachmann, Karl Kraus und Walter Bauer manifestierten, welche die Schüler vortrugen

Die am Anfang des vergangenen Jahrhunderts erlebte Ernüchterung an der Front und in der Heimat, die in den Kriegstagen greifbare Allgegenwart des gewaltsamen Todes, prallte bei der Lesung auf klare Worte gegen Heldenverehrung und Wiederbewaffnung, auf Fragmente der Tragödie "Die letzten Tage der Menschheit" und auf ein Schlaglicht aus der Gegenwart, das an einen erst wenige Wochen zurückliegenden Amoklauf in den USA erinnerte.

Differenziert waren auch die Worte von Bürgermeister Guido Schöneboom bei seiner Ansprache zu Beginn der von Streicherklängen umrahmten Feierstunde. Die Würdigung des Volkstrauertags sei mit der Abkehr vom Heldengedenken früherer Epochen nicht einfacher geworden, sagte er. Es sei einerseits möglich geworden, die zivilen Kriegsopfer in aller Welt einzubeziehen – die Opfer von Terrorismus und rassistischer Gewalt.

Es ist laut Schöneboom auch möglich, die Folgen einer Umweltzerstörung zu benennen, die ihrerseits kriegerische Handlungen auslöst. Die Erkenntnis, dass Opfer auch Täter sein können, das Befehlsempfänger zu Verbrechern und einfache Soldaten zu Mördern werden können, dürfe am Ende aber nicht die Option einer schlichten Trauer und des Gedenkens an die eigenen Angehörigen verbauen, so der Bürgermeister. Das hier zu Tage tretende Dilemma sei nicht aufzulösen.

Es sei aber möglich, den Volkstrauertag als "Friedenstag" zu verstehen, an ihm den Krieg als solchen zu verdammen und miteinander zu reden und zu diskutieren, regte Schöneboom letztlich an.

INFO

Der Gedenktag im Wandel

Eingeführt wurde der Volkstrauertag am 28. Februar 1926 als Gedenktag für die gefallenen Soldaten im Ersten Weltkrieg. Die Einführung des Volkstrauertags wurde vom Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge initiiert und auf den fünften Sonntag vor Ostern festgelegt. Die Nationalsozialisten änderten ab 1935 diese ursprüngliche Widmung, sodass während dieser Zeit nicht mehr das Gedenken der Toten im Zentrum des Feiertags stand, sondern die Heldenverehrung. Als "Heldengedenktag" deklariert, verlor der Volkstrauertag so seine ursprüngliche Bedeutung. Zwischen 1945 und 1947 wurde der Feiertag überhaupt nicht begangen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Gedenktag im Jahre 1948 wieder eingeführt und seit dem Jahr 1952 immer zwei Wochen vor dem ersten Adventssonntag gefeiert.