In Erinnerung an die Verstorbenen stellte der Verein ein Kreuz beim Vereinsheim auf. Foto: Decoux-Kone

Sänger haben großes Repertoire in petto

Kippenheim - Statt mit einer Veranstaltungsreihe, konnten die Sänger des MGV Liederkranz ihr 125-Jähriges pandemiebedingt "nur" mit einem Festakt feiern. Aus diesem jedoch haben die Sänger einen Abend gemacht, den sie und die Gäste sichtlich genossen.

Trumpf beim Festakt war wieder einmal die Fähigkeit der Sänger, eine gesellige und lockere Atmosphäre zu schaffen. Auf dem Gelände in den Reben, wo die Haselstaude steht, war die Weinfestlaube aufgebaut, drunter und im freien Gelände standen Tische und Bänke für die Gäste. Die Glückwunschreden waren relativ kurz, das Programm lockerten die Sänger mit gelungenen Liedbeiträgen auf.

Zum Jubiläum gab’s eine neue Uniform

Vor dem Eingang zur Haselstaude präsentierten sich die 50 Sänger in schmucker neuer Kleidung, einem dunkelgrauen Anzug mit weißem Hemd, burgunderroter Weste und einer grau-burgunderroten Krawatte. "Da könne man schon neidisch werden", erklärten Peter Gabriel und Volker Schwende, erster und stellvertretender Vorsitzender des Kippenheimweiler MGV-Partnervereins. Dafür, dass ein Männergesangsverein 125 Jahre besteht, zollte der Bezirksvorsitzende Armin Kopf den Kippenheimern großen Respekt.

Dass der "Liederkranz" auch nach 125 Jahren keine Nachwuchssorgen hat, liegt auch darin begründet, dass sich die Sänger an modernes Liedgut in anderen Sprachen wagen. Stark zeigten sie sich am Freitagabend nicht nur beim klassischen Liedgut wie dem Lied von der Loreley oder das "Heilig Heimatland" und leichtgängigen Gesangsstücken zur Geselligkeit wie "Vive la Companie". Im Repertoire waren auch Schlager, Pop und englischsprachige Lieder. Öfters brandete Zwischenapplaus auf. Den gab’s auch für einen Sänger mit weißem Haar aus der Reihe der Solisten für seinen perfekten Beitrag beim "Wellerman Song" und für den Dirigenten Stephan Rauber, den Thomas Gehrleins Vorgänger Hansjörg Burg noch für den Verein gewonnen hatte. Er brachte die Gäste mit seinen Anmoderationen mehrere Male zum Schmunzeln.

Einen weiteren Grund für die "außergewöhnliche Erfolgsgeschichte" des MGVs erkannte Bürgermeister Gutbrod darin, dass der MGV für die Mitglieder und ihr gesamtes Umfeld (Ehefrauen, Helfer und so weiter) eine Art Familie sei. Die Kameradschaft als großes Plus, das den MGV auszeichne, würdigten alle Redner.

Verlässlichkeit des MGV besonders gewürdigt

Ein sichtbares Zeichen von ehrenamtlichem Einsatz ist das Vereinsheim Haselstaude selbst. Das haben die Sänger Anfang der 1970er-Jahre größtenteils in Eigenleistung gebaut, 1974 wurde es eingeweiht. Zudem kennzeichne den Verein Beständigkeit, partnerschaftliches Engagement und Verlässlichkeit, erklärte etwa der MGV-Vorsitzende Reinhard Haller aus Sulz. "Er steht parat wenn man ihn bracht", fasste es Gutbrod zusammen. Für die Gemeinde sei der MGV ein Aushängeschild und im Dorfleben ein wichtiger Verein.

"Sänger gehörten 1896 nicht unbedingt zu den Lieblingsuntertanen", erinnerte Präsident Johannes Hasenohr-Fey vom Ortenauer Blasmusikverband. Zur Gründungszeit des MGV hätten sich viele Sängervereine gründeten, um das staatliche Versammlungsverbot zu umgehen.

Wie es sich für einen Festakt gehört, übergaben die Gastredner Geschenke, unter anderem dürfen sich die Sänger auf eine Weinprobe mit Weinkönigin Laura Lang freuen, für den Bierdurst gab’s ein Fass. Ein Dankeschön gab’s auch für Geldgeschenke, wobei sich die Gemeinde am großzügigsten zeigte. Pro Vereinsjahr gab’s zehn Euro, insgesamt also 1250 Euro.

Allen Helfern im Hintergrund dankte MGV-Vorsitzender Gehrlein mit warmen Worten. Auch die Erinnerung an die Verstorbenen zählt, dafür haben die Sänger kürzlich ein großes Kreuz am Vereinsheim aufgestellt. "Es zeigt allen, wo wir zuhause sind", so Gehrlein. Das Kreuz, das in Abendstunden beleuchtet wird, wurde am Sonntag bei einem ökumenischen Gottesdienst feierlich geweiht.

Keine Sorge um Nachwuchs

Der MGV Liederkranz "boomt" – wie nicht nur Bürgermeister Matthias Gutbrod mit anerkennenden Worten feststellte – und das in einer Zeit, in der Vereine allgemein und MGVs im speziellen große Nachwuchssorgen haben. Mit 38 Sängern ist der MGV Liederkranz in die Pandemie gegangen, nun sind es 50 und unter den Neuzugängen befinden sich auch einige junge Sänger im Alter von 18 bis 35 Jahren. Vor Auflösung, Fusion oder der Erweiterung der Sänger um weibliche Stimmen müssen sich die Kippenheimer Sänger nicht fürchten. In den Reihen des MGV ist nur eine Frau zu finden: Bärbel Heups ist seit 42 Jahren Schriftführerin. Mehr dürfen es nicht sein.