Ein 41-jähriger ehemaliger Mitarbeiter des Kehler Rathauses muss sich seit Mittwoch vor dem Landgericht verantworten. Ihm wird Korruption vorgeworfen, gegen Urlaubsaufenthalte und Geldzahlung soll er Casino-Betreiber begünstigt haben. Foto: Deck

Wegen mutmaßlicher Deals mit Casinobetreibern steht ein ehemaliger leitender Mitarbeiter der Stadt Kehl seit Mittwoch vor Gericht. Mit ihm sitzen eine Frau und drei Männer, denen Bestechung vorgeworfen wird, auf der Anklagebank.

Offenburg - Der Sachverhalt sei komplex, schickte der vorsitzende Richter Matthias Eckelt beim Verhandlungsauftakt voraus. Der sei trotz zahlreicher Zeugen nicht leicht zu durchdringen. Drum sind insgesamt fünf Verhandlungstage angesetzt – nicht zuletzt, weil in dieser Sache parallel die vier weiteren Angeklagten der Bestechung angeschuldigt sind. Drei Männer und eine Frau aus der Hotel- und Spielcasinobranche im Alter von 29 bis 74 Jahren sitzen mit dem ehemaligen Verwaltungsmitarbeiter auf der Anklagebank. Rund 40 Zuhörer samt Medienvertretern verfolgten den ersten Verhandlungstag.

Anklage sieht "korruptes Gesamtgeflecht"

Die Anklage wirft dem 41-Jährigen ehemaligen Verwaltungsmitarbeiter vor, dass er Gefälligkeiten – Reiseeinladungen und Geld im vierstelligen Bereich – angenommen habe. Auch ein "Darlehen" in Höhe von 50 000 Euro für einen Immobilienkauf steht im Raum. Der Angestellte, der unter anderem für das Erteilen von Automatenaufstell- und Spielhallenerlaubnissen zuständig war, soll Kontrollen vorab angekündigt haben. Das sei ein "korruptes Gesamtgeflecht" gewesen.

Vor der – erst für den zweiten Verhandlungstag am 24. Januar anberaumten – Beweisaufnahme befragte der Richter den schon zuvor geständigen ehemaligen Rathausmitarbeiter ausführlich. "Ich habe Tipps gegeben", räumte der 41-Jährige mit Blick auf damalige Kontakte zur Spielhallenszene in Kehl ein. Er habe zunehmend freundschaftliche Beziehungen zu den weiteren Angeklagten unterhalten, insbesondere zu einem Spielhallenbetreiber und dessen Partnerin.

Angeklagter vertraut sich in schwieriger Phase Spielhallenbetreiber an

"Man war befreundet und hat über alles gesprochen." Er sei öfter wegen Überlastung im Job nicht mehr zurande gekommen, schilderte der 41-jährige Angeklagte. Dazu sei eine persönliche Beziehungskrise gekommen. Bei den beiden habe er längere Zeit übernachtet. Diese Freundschaft habe er jedoch zeitweilig unterbrochen, weil ihm wegen "eventueller Interessenskonflikte" dabei doch nicht mehr ganz wohl gewesen sei.

Auch zu einem anderen Spielhallenbetreiber gab es demnach enge Verbindungen – ihn und seinen "Adlatus" habe er ebenfalls näher kennen gelernt. Er habe sie mit Ratschlägen und einem Tipp über ein Grundstück für ein neues Spielhallen-Projekt versorgt.

Geldübergabe soll nie wirklich stattgefunden haben

Diese sollen mit 50 000 Euro versucht haben, sich bisherige oder auch künftige Hilfe aus dem Rathaus zu erkaufen. Das Geld habe er bei der Übergabe jedoch nicht annehmen wollen, sei in Panik geflüchtet und dann in die Hände der Kripo, die längst per Telefonüberwachung über den Deal informiert war, geraten, erläuterte der 41-Jährige.

Richter Eckelt schilderte die komplizierte Rechtslage im Detail: Man habe zu befinden, ob es sich hier um einen möglicherweise schweren Fall der Bestechlichkeit und Bestechung handele oder um Vorteilsannahme, gar nur Freundschaft. Das sei aufgrund der Indizien schwierig zu unterscheiden. Drum schlug Eckelt Vermittlungsgespräche vor, um allen Beteiligten zu ermöglichen, eine strafmildernde Lösung zu finden. Denn: "Bestechung kann je nach Höhe eine harte Strafe nach sich ziehen." Doch das wird nicht einfach, denn einige der Beschuldigten könnten andere Verteidigungsinteressen haben.

Eine anschließende erste Befragung seitens der Anwälte der anderen Angeklagten am ersten Verhandlungstag deutet darauf hin, dass die kommende Beweisaufnahme einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Weiter geht’s am 24. Januar mit dem zweiten Verhandlungstag.

Schöffe bemerkt, dass er den Angeklagten kennt

Nach mehreren Stunden Verhandlung fiel einem beisitzendem Schöffen auf, dass er den ehemaligen Verwaltungsmitarbeiter vor Jahrzehnten kennengelernt und mit ihm mehrfach gesprochen hatte. Der Angeklagte selbst hatte den Schöffen aber nun auch nicht spontan wiedererkannt. "Das ist oberkritisch und muss überprüft werden", urteilte eine der Verteidigerinnen in einer ersten Reaktion auf die neue Situation. Die beteiligten Anwälte haben nun die Gelegenheit, beim nächsten Verhandlungstag einen anderen Schöffen zu verlangen. Für den Prozess sind bisher vier weitere Termine geplant.