Am Kreisverkehr nördlich von Mahlberg in Richtung Kippenheim schließt die Industriestraße an, die durch die geplante Umgehungsstraße mit dem Schmiedeweg verbunden werden soll. Foto: Decoux (Archivbild)

Umgehungsstraßen verlagern den Verkehr von dichtbesiedelten Innenstädten an die Peripherie. Nicht selten schaffen sie so aber neue Betroffenheiten. Das gilt auch für Mahlberg und die Ortsumfahrung West, über die der Gemeinderat diskutierte.

Mahlberg - Zusätzlich zur geplanten Kreisstraße zwischen Langenwinkel und Ringsheim soll die Ortsumfahrung West in Mahlberg Entlastung für die Anwohner in der Eisenbahnstraße oder der Kirchstraße bringen. Für die Anwohner im Kreuzweg und im Schmiedeweg aber bringt sie als Zufahrtswege mehr Verkehr. Ein Dilemma. In einer Bürgerinfoveranstaltung am 25. Oktober sollen Fakten über Be- und Entlastungen diskutiert werden.

Schon vor einem Jahr hat der Gemeinderat per Mehrheitsentscheid das Bebauungsplanverfahren in Gang gesetzt. Ein Impuls für Planung und Entscheidung liegt in der Erfahrungen mit der Sanierung des ersten Teilabschnitts der Ortsdurchfahrt über Eisenbahnstraße, Unterburgstraße und Kirchstraße, zugleich Kreisstraße K 5345, der in der Nordweststadt zu Staus und hoher Belastung der Anwohner führte. Noch drei weitere Bauabschnitte stehen an und lassen weitere Probleme für das Nord-Süd-Nadelöhr erwarten.

Drei Viertel des Verkehrs ist innerorts

Überdies kann über die Umfahrung West als Ortsstraße ein Gewerbegebiet rund um die Firma Rodermund erschlossen werden. Und nicht zuletzt bietet die Straße eine Anbindung für Mahlberg an die geplante B 3-Umgehungsstraße von Langenwinkel nach Ringsheim zwischen Bahnlinie und Autobahn. Eine weitere direkte Anbindung an die B 3-Umfahrung soll es auch für den Ortsteil Orschweier über die Feldstraße geben.

Dass eine örtliche Umfahrung eine Entlastung für die Anwohner in der Ortsdurchfahrt bringe, belegen die Ergebnisse einer Verkehrszählung und Hochrechnungen zur Verkehrsentwicklung durch das Schweizer Verkehrsplanungsbüro Rapp Trans. Für rund 40 000 Euro hat das Unternehmen im Auftrag der Stadt das Gutachten erstellt, das am Montag dem Gemeinderat vorgestellt wurde und auch in der Bürgerinfoveranstaltung am 25. Oktober Grundlage für den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern sein wird.

Die zentralen Aussagen des Gutachtens: Nur etwa 25 Prozent der Autos, die auf der Ortsdurchfahrt unterwegs sind – gezählt wurden am Stichtag 7. April knapp 7000 Fahrzeuge –, ist dem Durchgangsverkehr zuordnen. Drei von vier Fahrzeugen bewegen sich nur innerhalb des Stadtgebiets. Beim Schwerlastverkehr verschiebt sich der Anteil etwas. 43 Prozent der Lastwagen nutzen die Ortsdurchfahrt als Durchfahrtsstraße, 57 Prozent als Verbindung innerhalb der Stadt. Deshalb kommt Wolfgang Wahl von der Firma Rapp Trans auch zur Schlussfolgerung: "Das eigentliche Verkehrsproblem ist der Eigenverkehr."

Und noch eine klare Aussage könne aus dem Datenmaterial der Verkehrszählung gezogen werden: Die örtliche Umgehungsstraße entfaltet ihre größte Wirkung erst im Zusammenhang mit dem Bau der B 3-Umfahrung.

B 3-Umfahrung verändert Lage

Zum einen werde der Pendelverkehr von Autofahrern wie Lkw-Fahrern von Mahlberg in Richtung Lahr oder zum Autobahnanschluss Ettenheim auf die B 3-Umfahrung geleitet, also aus dem Innenbereich heraus. Und: Der gleiche Effekt zeige sich dann auch im Ortsteil Orschweier, wo die Anbindung der Feldstraße an die B 3-Umgehung eine attraktive Zu- und Anfahrt ins Gewerbegebiet biete, was beim Durchgangsverkehr von Norden her Entlastung für den Ortsteil bringe. Zusätzlicher Effekt sei dort, dass der Pendelverkehr von Grafenhausen über die Feldstraße in Richtung Lahr, über die B 3-Umfahrung nicht mehr in den Ort geleitet werde.

Wahl erklärte indes auch, dass es in Mahlberg durch die örtliche Umfahrung nicht nur Gewinner geben werde. Da die Verkehrsströme über die Industriestraße, Kreuzweg und eine neu zu bauende Stichstraße gen Süden zum Schmiedeweg fließen werden, werde die Belastung auf diesem Weg zunehmen. Auch der Anschluss Schmiedeweg/B 3-Umfahrung werde eine attraktive Verbindung von der Eisenbahnstraße aus schaffen und damit mehr Verkehr für den gesamten Schmiedeweg bringen.

Kritik an Planung und Gutachten

Für die von Verwaltung und Rat bevorzugte Streckenführung der Umgehungsstraße über Industriestraße und Kreuzweg gibt es Gegenwind der Anwohner im Kreuzweg wie auch von Gewerbetreibenden in der Industriestraße. Erstere befürchten eine deutliche Mehrbelastung, Letztere sehen durch verstärkten Lkw-Verkehr Probleme bei Zufahrten und Abfahrten ihrer Betriebsgelände sowie in zwei 90-Grad-Kurven, in denen zwei Sattelzüge kaum aneinander vorbeikommen könnten.

Tobias Beck, Anwohner im Kreuzweg und entschlossener Gegner der Planung  sprach als Zuhörer in der Sitzung nicht nur diese Themen an, er deckte auch eine Schwachstelle der Verkehrszählung auf. Denn als die Verkehserhebung gemacht wurde – 7. April – bestand wegen der Bauarbeiten am Kreisel im Gewerbegebiet Kippenheim eine halbseitige Sperrung. Diese Sperrung habe dazu geführt, dass der Schwerlastverkehr das Gebiet nebst der Kreisstraße in Richtung Mahlberg großräumig umfahren habe, so die Mutmaßung von Beck.

Die Verkehrszahlen, insbesondere die des Schwerlastverkehrs, seien also nur bedingt aussagekräftig. Beck: »Die Belastung für uns wird also höher sein als es das Gutachten aussagt.« Verkehrsexperte Wahl musste einräumen, dass er keine Information über Bauarbeiten und Verkehrsbehinderungen hatte.